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Urmels großer Flug

Urmels großer Flug

Titel: Urmels großer Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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die
Spitzen der Behörden und der Verwaltung versammelt.
    Wie
es hieß, war der Präsident der Vereinigten Staaten im Sonderflugzeug unterwegs.
    Strahlende
Scheinwerfer tauchten den kleinen grünen Herrn vom anderen Stern in gleißendes
Licht. Er nickte freundlich nach allen Seiten, und seine vorwitzige Zunge hing
auf der rechten Seite ein wenig aus dem Mund.
    Er
räusperte sich und trat von einem Fuß auf den anderen. Ob er wohl eine Rede halten
wollte? Hoffentlich fühlte er sich noch wohl, er sah fast ein wenig bedrückt
aus.
    Der
Herr Oberbürgermeister im frischgebügelten Frack stand neben ihm. Und sein
Sekretär überreichte ihm einen goldenen Füllfederhalter, den er bedeutungsvoll
aufschraubte. Dann gab er dieses Schreibinstrument an den kleinen grünen Herrn
weiter und führte ihn zu einem Tisch, der in der Mitte des Raumes stand.
Ringsum war viel freier Platz.
    Und
auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenes Buch: das Goldene Buch der Stadt.
    »Bitte
tragen Sie sich hier ein. Es ist uns eine Ehre!« sagte der Herr
Oberbürgermeister.
    »Ich
glaube, mir ist es auch eine Ehre«, sagte der kleine grüne Herr. Seine Stimme
klang belegt. Er dachte mit Schrecken daran, wie wenig Mühe er sich daheim auf
Titiwu gegeben hatte, das Schreiben zu lernen. О Himmel, wie schrieb man nun
eigentlich Neschnem-Kopf Otto?
    Aber
es wäre doch eigentlich viel feiner, wenn in diesem Goldenen Buch, für alle
Zeiten festgehalten, »Urmel« stünde. Aber dann war es aus mit seinem Weltraum-Ruhm!
Das Urmel ließ seine kleinen Äuglein in die Runde wandern. Ob es jetzt wohl
gleich Haue kriegen würde?
    Es
beugte seine Schnauze über das Papier und setzte den Füllfederhalter an.
Gleichzeitig ging ein Gewitter von Blitzlichtern los.
    Mit
ungelenker Kritzelschrift schrieb der kleine grüne Herr vom anderen Stern
     

     
    in
das Goldene Buch.
    »U-r-m-e-l...«,
buchstabierte der Herr Oberbürgermeister. Seine lange Nase schien sich in ein
Fragezeichen zu verwandeln. Da schrie in das gespannte Schweigen hinein ein
Polizeibeamter ganz hinten an der Eingangstür: »Urmel — das ist doch das
vorsintflutliche Eiszeittier, das seit einiger Zeit gesucht wird!«
    Da
wurde das Gesicht des Herrn Oberbürgermeisters tomatenrot. Und der Rundfunkreporter
wurde käsebleich. »Wer sind Sie nun«, verlangten sie nachdrücklich vom Urmel zu
wissen.
    Jetzt
faßte sich das Urmel ein Herz. Es legte seine rechte Vorderpfote auf das
Goldene Buch, um sich abzustützen. Es reckte die Schnauze sehr stolz in die Höhe.
»Ich bin das Urmel, das einzige und allerletzte noch lebende Urmel. Ein
Bindeglied zwischen den Dinosauriern und den Menschen. Jawohl. Ich war in einem
Ei eingeeist und kam in einem Eisberg zur Insel Titiwu angeschwommen. Wutz hat
mich gepflegt und der berühmte Professor Habakuk Tibatong hat mich aufgezogen
und mir das Sprechen beigebracht. Ja, und Wawa und Ping Pinguin hat er es auch
beigebracht. Und sie haben mich ausgebrütet. Und jetzt bin ich hier, damit es
niemanden mehr gibt, der sagen kann, daß ich nur eine Ausgeburt der Phantasie
bin, wie es Direktor Doktor Zwengelmann behauptet hat, der olle Zwengel. Und
niemand soll meinen lieben Professor mehr einen Narren nennen dürfen, weil es
überhaupt keinen klügeren Menschen auf der Welt gibt.«
    Diese
lange und wohlformulierte Rede wurde von unzähligen Radio- und Fernsehstationen
übertragen.
    Seit
einer geraumen Zeit schon saßen auf Titiwu der Professor, Tim Tintenklecks,
Wawa, Ping Pinguin und Babu vor dem Bildschirm.
    Jetzt
wischte sich der Professor heimlich eine Träne aus dem Augenwinkel. Und Ping
Pinguin blähte die Brust auf, so daß er aussah wie ein kollernder Truthahn. Er
zwinkerte Wawa zu, und Wawa zwinkerte zu ihm zurück.
    Sie
waren im Blockhaus alle sehr stolz auf das Urmel.
    Nur
Seele-Fant auf seinem Felsenriff wußte nichts von alldem. Daher sang er
gemeinsam mit dem kleinen weißen Seehund Albi zum hundertsten Male das Lied:
     
    » Hönschön
kleun,
    göng
alleun,
    ön
dö weutö Wölt höneun ...«
     
    Der
Professor aber sagte nach einer Pause der Ergriffenheit: »Das Urmel hat es
sicher sehr gut gemeint. Aber auf Titiwu wird es nun nie mehr so sein, wie es
bisher gewesen ist.«
    Da
sahen sich alle an, mit etwas verlegenen Gesichtern. Denn niemand konnte sich
so recht denken, wie es denn nun werden würde.
    Doch
zurück über den großen Ozean in die Weltstadt, zurück in den Rathaussaal. Hier
kämpfte der Oberbürgermeister mit sich einen schweren Kampf. Sein Kopf

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