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Urmels Lichterbaum im Eismeer

Urmels Lichterbaum im Eismeer

Titel: Urmels Lichterbaum im Eismeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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hinaus: »Was? Will mir denn
keiner ein Schlaflied singen?«
    »Du
kriegst gleich ein Schlaflied mit dem Scheuerlappen, öfföff!«
    Da
klappte Wawa das Oberteil selbst wieder zu. Schade, dass ihn niemand sehen
konnte. Er verzog nämlich sein Maul zu einem fröhlichen Grinsen.
    Im
Übrigen fand er es sehr gemütlich in seiner Muschel mit Fußbodenheizung.



Es
wird noch kälter
     
    Zwar sang
Wutz niemandem ein Schlaflied, auch Wawa nicht, dafür wurden sie jeden Morgen
alle von Seele-Fants röhrendem Gesang geweckt. Kaum begann es zu tagen, kaum
wurde der Horizont im Osten heller, hob er sein Haupt aus der See und öffnete
sein Maul. Dann drehte sich Wutz wohl noch einmal auf ihrer Matratze unter dem
Küchentisch auf die andere Seite, seufzte und streckte sich. Aber bald kroch
sie heraus, um das Kaffeewasser für den Professor und Tim Tintenklecks
aufzusetzen. Nun ja, für sich selbst auch! Sie liebte es nämlich, in der Frühe
mit den beiden Männern am Küchentisch zu sitzen und das heiße Getränk zu
schlürfen.
    Das
Urmel bekam angewärmte Milch mit zerdrückten, eingerührten Bananen. Wutz hatte
genügend Vorrat mitgenommen. Er hielt sich in der Kälte gut.
    Nicht
nur nach dem Frühstück, immer wieder am Tage studierte der Professor seine
Seekarten. Zwar waren die Eisregionen genau eingetragen, aber er musste immer
damit rechnen, dass sich alles verändert hatte. Die großen Eisfelder und
Gletscher waren recht beständig, aber sie bewegten sich doch im Lauf der Zeit
unter dem Einfluss der Witterung, der Sonne und des Klimas.
    Glücklicherweise
war der Fliegende
Habakuk ein Schiff aus festen Planken. Es hatte bereits bewiesen, dass es selbst dem
gewaltigen Druck des Eises gewachsen war. Doch dazu wollte es der Professor gar
nicht erst kommen lassen.
    Bald
wurden die Tage so lang wie die Nächte.
    Wenn
Wutz in der Küche arbeitete, wenn sie mit Besteck und Geschirr klapperte und
eine ihrer berühmten dicken Suppen vorbereitete, genügte ihre Kittelschürze als
Kleidung, wenn sie aber an Deck wollte, musste sie sich nun in ihren dicken
Thermoanzug zwängen.
    »Ach«,
seufzte sie dann, »schlanker macht er mich wirklich nicht, öfföff!«
    Im
Gegenteil, wenn sie die Treppe hinauf- oder hinabrollte, sah sie aus wie eine
gut ausgepolsterte Kugel. Allerdings schauten ja unten ihre flinken Beinchen
heraus und oben die Arme.
    »Ich
finde, der Antschug steht dir gut, Wutsch. Du siehst wunderbar aus!«,
behauptete Wawa. »Er bringt deine Figur erst so richtig tschur Geltung!«
    »Ach,
sei doch still, du in deiner gewärmten Muschel, öfföff. Du könntest es ja nicht
einmal eine Stunde draußen aushalten!«
    Einmal
hüpfte Ping Pinguin die Treppe herab. Er stieß die Tür zur Küchenkajüte auf und
watschelte zum Wandbord. Er sah aus wie immer, denn er brauchte keinerlei
Schutzkleidung. Er warf nur einen Blick auf Wutz und krähte Wawa zu: »Ha! Das
ist aber gut, dass Wutz jetzt unter dem Tipf pfläft und nicht mehr in der
Pflummertonne! Denn aus der Pflummertonne käme sie nie wieder raus. Dazu wäre
sie in ihrem Anzug viel zu dick!«
    »Klar«,
stimmte ihm Wawa zu. »Da wäre sie wie so ‘n festes Ding in der Flasche, für das
der Hals viel tschu eng ist!«
    »Ach«,
sagte Ping Pinguin. »Glücklicherweise brauchen wir uns keine Sorgen darum zu
machen. Sie wäre ja gar nicht erst reingekommen!«
    Wutz
grunzte empört und trollte sich an Deck.
    Alle
mussten jetzt ihre ausgepolsterten Polaranzüge tragen, genau wie Wutz, das
Urmel, Tim Tintenklecks und der Professor. Alle nahmen auch regelmäßig »Habakuk
Tibatongs Innere Heizung« ein, mehrmals täglich zehn Tropfen. Nur Wawa, Ping
Pinguin und Seele-Fant nicht. Wawa hätten sie nichts genützt, Ping Pinguin und
Seele-Fant hatten sie nicht nötig. Sie waren von der Natur für das Leben in
großer Kälte ausgestattet.



Der
Professor macht sich Sorgen
     
    Alle anderen
ähnelten in den Thermoanzügen den ersten Polarforschern, wie sie die alten
Fotos von den Expeditionen ins ewige Eis zeigen. Von ihren Köpfen war nur noch
sehr wenig zu sehen: Augenbrauen, Augen, Nase und Lippen — manchmal mit einer
weißen Reifschicht überzogen. Eingerahmt wurde ihr Gesicht von dem dichten Pelz, mit dem
die Kapuze gefüttert war.
    Die
Fahrrinne wurde von Tag zu Tag enger. Immer näher schob sich das Eis an den Fliegenden
Habakuk, immer
weißer wurde der grenzenlose Blick auf ebene Felder, Hügel, Berge und
Gletscher. Schließlich beschloss der Professor, nicht mehr weiterzufahren.

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