Urmels Lichterbaum im Eismeer
Schusch mehr. Die weißen Vögel zeichneten mit ihren ausgebreiteten
Flügeln viele einander überkreuzende Linien und Kreise in den Himmel.
Eines
Morgens kletterte Wutz aus ihrer Schlummertonne, die ja bisher vorne auf dem
Deck untergebracht gewesen war. Solange es warm genug dazu war, hatte sie in
der freien Luft geschlafen. Sie hatte ihre Nase — das Wort Rüssel hörte sie
nicht gern — vorne hinausgestreckt und in die Sterne hinaufgeblickt. Das fand
sie wunderbar. Sie schaute nach oben und dachte daran, dass sie selbst schon
einmal mit dem Professor und dem Urmel in einer Rakete zu einem anderen
Planeten gesaust war. Aber noch lieber vergaß sie alles, was sie vom Weltraum
wusste, und stellte sich die Sterne als Kerzen vor. Wie viel Millionen mochten
es wohl sein, die da im nachtschwarzen Himmel glitzerten?
Nun
wurden die Nächte aber immer kälter. Wutz spürte ihre Muskeln. Sie fröstelte.
Da half keine Speckschicht mehr. Sie bat Tim Tintenklecks, ihr die Matratze in
die Küche hinabzutragen. Für die Schlummertonne war dort nicht genug Platz,
aber die Matratze konnte unter dem Tisch in die Nähe des Kochherds geschoben
werden. Mit der Tischplatte über sich hatte sie da auch eine Art Höhle.
Sie
blies die Glut im Herd an, bis das Feuer prasselte.
Wawa
zieht um
Wutz sorgte
dafür, dass das Feuer im Herd nie ausging. Etwas Glut musste die Nächte
überdauern. Daher war es in der Küche immer behaglich.
»Wawa
muss nun auch unter Deck«, erklärte sie. Sie trabte die Schiffstreppe wieder
hinauf und suchte ihn in seiner Muschel am Mast.
Sie
stupste ihn — er war ganz steif und rührte sich nicht. Es war höchste Zeit.
»Oh
Himmel, öfföff. Tim, er ist doch nicht etwa tot?«
»Wohl
kaum!«, antwortete Tim. »Gestern war er noch ganz munter. Auf unserer ersten
Nordpolreise war er ja auch nicht tot, er ist in den Winterschlaf gefallen,
erinnerst du dich?«
»Natürlich,
öfföff!«
»So
wird es auch jetzt sein«, meinte er.
Das
Urmel gesellte sich zu ihnen. Es war nicht so kälteempfindlich wie Wawa.
Schließlich hatte die Urmel-Mutter sein Ei ja damals, also vor vielen Millionen
Jahren, als die Eiszeit begann, an das Ufer des großen Eismeeres gelegt.
Das
Urmel meinte besorgt: »Hoffentlich kriegen wir ihn wieder wach!«
»Er
schläft bestimmt noch nicht tief«, sagte Tim Tintenklecks. »Wenn er in die
Wärme kommt, wird er wieder aufwachen.«
Er
nahm Wawa auf den Arm. Das Urmel schleppte Wawas Muschel in die Küche hinab. Es
schleifte sie hinter sich her, weil sie doch recht schwer war. Bum! — Krach! —
Bum!, machte sie von Stufe zu Stufe. Ein toller Lärm!
Tim
Tintenklecks bettete den schlafenden Wawa zunächst auf die Matratze von Wutz.
Sie bekam große Augen, runzelte die Stirn, öffnete das Maul, um etwas Tadelndes
zu sagen, besann sich aber und ließ nur ein knurrendes »Öfföff!« hören. Sie
stellte den Spirituskocher auf das Wandbord unter dem Bullauge — wie die runden
kleinen Fenster in Schiffen genannt werden — und darauf eine mit Wasser
gefüllte Schüssel.
»Was
wird das, Wutz?«, fragte das Urmel.
»Ein
Wasserbad, öfföff. Es verteilt die Wärme gleichmäßig und speichert sie.«
»Ich
dachte schon, du willst Wawa kochen!«
»Unsinn,
öfföff. Wir müssen aber alle aufpassen, dass die Flamme nicht ausgeht.« Sie
setzte Wawas Muschel in die Schüssel, sodass sie halb darin eintauchte, und
zündete die Spiritusflamme darunter an. Sie stellte sie genau so groß — oder
klein — , dass das Wasser immer eine gleichmäßige, handwarme Temperatur hatte.
»So
ist es für Wawa am bekömmlichsten, öfföff!«
Danach
legte Tim Tintenklecks Wawa in seine Behausung. Allein die Wärme in der Küche
hatte ihm bereits gut getan. Er blinzelte schon, bewegte die Pfötchen und die
Schwanzspitze. Bald danach schaute er sich verwundert um. »Ach, guten Morgen,
Wutsch!«, zischelte er. »Wo bin ich denn jetscht? Ich habe mir den Nordpol aber
gantsch anders vorgestellt!«
»Das
ist die Küche, Wawa«, erklärte ihm das Urmel.
»Und
jetzt bleibst du hier, öfföff. Ich hoffe, du benimmst dich!«
»Mir
soll’s recht sein. Ich habe mich noch niemals schlecht benommen«, erklärte er.
»Außerdem bin ich tschiemlich müde!«
»Dann
schlaf, öfföff! Da bist du am besten aufgehoben!« Energisch schob sie ihn etwas
tiefer in die Muschel hinein, sodass auch seine Maulspitze nicht mehr über den
Rand ragte, und klappte den Deckel zu.
Er
machte ihn gleich wieder auf und schob den Kopf
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