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Vaeter und Soehne

Vaeter und Soehne

Titel: Vaeter und Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivan Sergejevich Turgenev
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Als umgespannt war und der Kutscher wieder auf dem Bock saß, fragte er, ob er rechts oder links fahren solle.
    Arkad erbebte. Der Weg zur Rechten führte nach der Stadt und von da auf das Gut seines Vaters, der zur Linken führte zu Frau Odinzoff.
    Er sah Bazaroff an.
    »Links, Eugen?« sagte er.
    Bazaroff wandte sich ab.
    »Welche Dummheit!« murmelte er zwischen den Zähnen.
    »Ich weiß wohl, daß es eine Dummheit ist,« antwortete Arkad. »Aber was tuts, ’s ist nicht die erste, die wir begehen.«
    Bazaroff schlug den Schirm seiner Mütze herunter.
    »Tu wie du willst!« sagte er zuletzt.
    »Fahr links!« rief Arkad dem Kutscher zu.
    Der Tarantaß rollte in der Richtung von Nikolskoi dahin. Die beiden Freunde aber, nachdem sie jetzt entschlossen waren, eine Dummheit zu machen, beobachteten ein noch hartnäckigeres Schweigen als zuvor: sie schienen beinahe ergrimmt.
    Aus der Art, wie der Haushofmeister der Frau Odinzoff sie auf der Treppe des Hauses empfing, merkten unsere jungen Reisenden gleich, daß es unbesonnen gewesen war, ihrem Einfall Folge zu leisten. Es war leicht zu bemerken, daß man sie durchaus nicht erwartete. Eingeladen, in den Salon zu treten, mußten sie längere Zeit warten und spielten da eine traurige Figur. Frau Odinzoff erschien endlich; sie redete sie mit ihrer gewöhnlichen Liebenswürdigkeit an, schien aber über ihre schnelle Wiederkehr erstaunt; sie war nicht besonders entzückt, sie wiederzusehen, soviel sich nach ihren gemessenen Worten und Bewegungen urteilen ließ. Sie beeilten sich, ihr mitzuteilen, daß sie nur im Vorbeikommen angesprochen hätten, und daß sie in zwei oder drei Stunden nach der Stadt zurückzukehren gedächten. Ihre ganze Antwort war ein schwacher Ausruf der Überraschung; sie bat Arkad, seinen Vater von ihr zu grüßen, und schickte nach ihrer Tante; die Fürstin kam ganz verschlafen an, was den gewöhnlich bösen Ausdruck ihres gelben und welken Gesichts noch erhöhte. Katia war unwohl und verließ ihr Zimmer nicht. Arkad empfand in diesem Augenblick, daß er Katia ebensosehr wie die Herrin des Hauses zu sehen gewünscht hätte.
    So vergingen vier Stunden in gleichgültigem Gespräch; Frau Odinzoff sprach und hörte zu, ohne zu lächeln. Nur im Augenblick der Abreise schien ihre alte Freundlichkeit wieder aufzuleben.
    »Sie müssen mich recht mürrisch finden,« sagte sie, »aber bekümmern Sie sich nicht darum, und besuchen Sie mich beide bald wieder; hören Sie?«
    Bazaroff und Arkad antworteten nur mit einer Verbeugung, stiegen wieder in den Wagen und ließen sich direkt nach Marino zurückfahren, wo sie ohne Aufenthalt am Abend des anderen Tages ankamen. Während der Fahrt sprach weder der eine noch der andere den Namen der Frau Odinzoff aus; Bazaroff beobachtete sogar ein beständiges Schweigen und starrte hartnäckig ins Weite.
    In Marino wurden sie mit offenen Armen empfangen. Die lange Abwesenheit seines Sohnes fing an, Kirsanoff zu beunruhigen; er stieß einen Schrei aus, sprang auf das Sofa und stampfte mit den Füßen, als Fenitschka mit freudestrahlenden Augen ins Zimmer trat und ihm die »jungen Herren« meldete. Selbst Paul empfand eine angenehme Überraschung und lächelte mit Gönnermiene, als er den Neuangekommenen die Hand drückte. Man plauderte von der Reise; Arkad war der, welcher am meisten sprach, besonders beim Abendessen, und das Mahl zog sich weit über Mitternacht hinaus. Kirsanoff hatte mehrere Flaschen Porter auftragen lassen, der von Moskau kam, und er mundete ihm so vortrefflich, daß seine Wangen purpurrot wurden und er aus einem kindlichen und zugleich nervösen Lachen nicht herauskam. Diese allgemeine gute Laune ergriff sogar die Dienerschaft. Duniascha tat nichts, als wie närrisch hin und her laufen und die Türen hinter sich zuschlagen, und Peter versuchte es noch morgens zwei Uhr vergeblich, einen Kosakenwalzer auf der Gitarre zu spielen. Die Saiten des Instruments ließen in der ländlichen Stille wehmütigliebliche Töne durch die Nacht erklingen. Aber der gebildete Kammerdiener kam nie über die ersten Läufe hinaus. Die Natur hatte ihm das musikalische Talent versagt, wie überhaupt jedes Talent.
    Gleichwohl waren die Bewohner Marinos nicht frei von jeder Sorge, und der arme Kirsanoff hatte sein gut Teil davon. Die Farm verursachte ihm jeden Tag mehr Ärger, kleinen, erbärmlichen Ärger. Die gedungenen Arbeiter bereiteten ihm wahrhaft unerträgliche Verlegenheiten. Die einen forderten eine Lohnerhöhung und

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