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Vaethyr - Die andere Welt

Vaethyr - Die andere Welt

Titel: Vaethyr - Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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sagte Comyn. »Händige ihn uns aus. Lass uns wieder einen Torhüter haben. Was du danach tust – das interessiert keinen.«
    Rosie verfolgte, wie sich auf Lucs Gesicht Entsetzen ausbreitete. Er sah Lawrence an und sagte: »Vater?«
    »Ihn aushändigen?«, sagte Lawrence voller Verachtung. Seine Hand packte Lucas an der Schulter und zog ihn nach vorne. »Er ist keine Geisel. Er ist nicht euer Sklave. Was veranlasst euch zu glauben, er könne die Großen Tore ohne meine Hilfe oder auch nur ohne meine Erlaubnis öffnen?«
    Ein vielstimmiger Chor von Elfenwesen erhob sich. Lucas, Lucas, Lucas! Lawrence wartete verbittert, dass er verstummte. Nun ruhtenseine beiden Hände auf Lucas’ Schultern und er trommelte rhythmisch mit den Fingern. Seine Augen glitzerten frostig. »Ja, es ist vorbei«, sagte er. »Du hast deinen Willen durchgesetzt, Comyn. Was soll er für dich tun?«
    »Die Tore öffnen, das liegt doch auf der Hand.«
    »Und du bist dir sicher, dass du das willst?«
    »Ja«, antwortete Comyn. »Freien Zugang. Das ist unser Recht.«
    »Und das, nachdem du meine Warnungen wohlbedacht hast?«
    »Wir erkennen deine Warnungen nicht an«, sagte er voller Ungeduld. »Was auch immer das für eine Gefahr sein mag, wir werden uns ihr stellen, sie bekämpfen und besiegen!« Es folgten Jubelschreie. »Die Großen Tore müssen geöffnet werden!«
    Lawrence wartete ein paar Herzschläge lang und sah die Meute dabei düster an. »Wenn es das ist, was ihr wollt – so sei es.« Lawrence packte Lucas am Arm und zog ihn vom Haus weg, vorbei an dem gestürzten Hirsch und hinein in die vordersten Reihen des Mobs. Diese waren völlig überrumpelt. Lucas protestierte, aber ließ sich dann doch Richtung Freias Krone mitschleppen.
    »Dann folgt uns«, rief Lawrence über seine Schulter und hatte plötzlich ungeachtet aller Ereignisse wieder das Kommando übernommen. »Dann werden wir ja sehen, ob es das ist, was ihr wolltet. Kommt nur. Oder habt ihr Angst?«
    Sam und Rosie folgten am Rande der Meute. Der Sog war so heftig, dass sie nicht hätten eingreifen können, wobei sie sich aber auch nicht sicher waren, ob dies sinnvoll gewesen wäre. Rosie sah, dass ihre Eltern versuchten, sich Lawrence in den Weg zu stellen, doch nur, um beiseitegedrängt und von Comyns Mob überrannt zu werden. Rosie schaffte es nicht, in ihre Nähe zu kommen.
    Als sie Freias Krone erreichten, packte Lawrence Lucas an den Schultern und drehte ihn zu den Felsen herum. Rosie fing Lucs Gesichtsausdruck auf: bleich, erschrocken und völlig überfordert. Ihr Instinkt sagte ihr, dass dies nicht geschehen durfte, aber was sollte sie tun? Ein Bann lag auf ihnen, eine Kraft, geboren aus dem geballten Willen der Meute. Es gab keine Individuen, nur noch eine einzige wogende Einheit. Rosie konnte nicht diejenige sein, die heraustrat, um dem Einhalt zu gebieten. Nicht einmal Sam konnte das.
    Die Schattenreiche schimmerten weich und der Torhügel fand seine wahre Form: hoch aufragend und glänzend. Die Menge fand sich in der Mulde zusammen. Albinit leuchtete lavendelblau auf. Lawrence sprach mit Lucas, dessen Stimme schwach antwortete: »Ich kann das nicht.«
    »Doch, du kannst es.«
    »Aber du sagtest doch …«
    »Was ich sagte, zählt nicht. Wir müssen dem Willen des Mobs nachkommen. Comyn hat recht: Ich kann es nicht länger hinauszögern. Sollen sie ihren Willen bekommen. Lass es uns zu Ende bringen.«
    Sam trat vor und schrie: »Dad, nein«, doch Comyns Arm, der wie eine stählerne Schranke hervorgeschossen kam, traf ihn an der Brust, um ihn aufzuhalten. Der Schlag streckte Sam zu Boden, Rosie trat zu ihm, um ihm aufzuhelfen, aber zu spät, keiner vermochte nunmehr das Ritual zu stoppen.
    »Ich weiß nicht wie«, protestierte Luc.
    »Doch, das weißt du. Wie ich es dir gesagt habe. Geh in aller Ruhe alle Stadien durch, dann wird dein Instinkt dich leiten.«
    »Der Apfelzweig –«
    »Hat nur symbolischen Charakter. Dein Schuhabsatz wird es auch tun. Nun fange an.«
    Sichtlich am ganzen Leib zitternd ging Lucas hoch zu den Toren. Seine Hand huschte über die Oberfläche, drückte hier und dort, zeichnete Runen nach. Aus dem Inneren des Felsens drang ein tiefes Knirschen und Rumoren. Lichter erglühten und der Luftdruck machte Rosie ganz schwindelig.
    Plötzlich schrie Lawrence: »Nun komm schon und tu es endlich!«
    Im selben Moment schrie Lucas ein unverständliches Wort und trat mit seinem Stiefel gegen den Felsen. Der Schlag war fast triumphierend. Blendendes Licht

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