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Vaethyr - Die andere Welt

Vaethyr - Die andere Welt

Titel: Vaethyr - Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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ergoss sich. Sämtliche Albinitsteine leuchteten blutrot auf. Lawrence schrie.
    Trotz des grellen Scheins konnte Rosie erkennen, wie die Felsschalen der inneren Tore sich eine in die andere schoben, bis alle Öffnungen gleich ausgerichtet waren. Nicht nur der schmale Spalt eines Lych-Tors diesmal, sondern ein triumphaler Bogengang. Armeenhätten hindurchmarschieren können. Die Nacht begann zu leuchten. Überall hörte man Schreie und Stöhnen.
    In ihrem Kopf hatte sie das Bild einer gewaltigen schwarzen Statue, die in die Wand des Abyssus geschnitten war. Auf Lawrence’ Aufschrei hin hob diese ihren riesigen Kopf und reagierte auf die Anziehungskraft der Tore. Ihre feste Gestalt verflüssigte sich und strömte vom Abyssus nach oben, ihre Silhouette ragte vor dem nächtlichen Hintergrund auf …
    Im breiten hellen Bogengang der Tore näherte sich etwas – eine erst spärliche Dunkelheit, die vor dem hellen Leuchten Gestalt annahm und sich beim Näherkommen flackernd veränderte: eine gewaltige Schwärze, die aus großer Distanz auf sie zugerauscht kam.
    Begleitet wurde sie von einem stetig anschwellenden Geräusch, wie das Brüllen von Maschinen und Tornados. Lawrence, der schluchzend auf seinen Knien lag, schrie dagegen an: »Es tut mir leid – meine Söhne, es tut mir leid.« Dann kamen Licht und Dunkelheit gemeinsam hervorgestürzt und ein Feuersturm riss die Welt mit sich fort.

~   24   ~
Des Reiches letzte Tage
    Ein heftiger Schmerz spaltete Rosies Kopf. Hellrote Dunkelheit tanzte vor ihren Augen. Sie konnte weder sehen noch denken. Die Welt brüllte.
    Dann merkte sie, dass das stählerne Band um ihren Unterarm Sams Hand war, der sie mit sich zog, als er zusammen mit einer Masse sich bewegender Schatten den Berg hinunter um sein Leben lief. Ein brutales Gewitter wütete am Himmel. Um sie herum nur Rufe und Schreie, die in einem Tornado untergingen. Heftige Sturmböen rissen Äste von den Bäumen und alle hatten Mühe, sich auf den Beinen zu halten.
    Rosie schrie auf, als umherfliegende Zweige sie trafen. Von hinten kam etwas auf sie zu. Das war alles, was sie wusste. Die Narbe auf ihrer Brust war ein Feuerkreis.
    Sie warf einen Blick über ihre Schulter. Durch blendenden Dunst nahm sie Höcker wahr, die Felsen oder gestürzte Elfenwesen hätten sein können. Es fiel kein Regen – die Atmosphäre war elektrisch aufgeladen. Blitze zuckten über Freias Krone und tauchten sie abwechselnd in grelles Licht und Dunkelheit. Der hoch aufragende brennende Schatten, der Brawth war, war nun deutlich zu erkennen – er war einfach überall, es gab kein Entrinnen.
    »… vom Berg wegkommen, bevor wir geröstet werden«, sagte Sam, kaum dass sie ihn verstand. Flüchtende Gestalten stoben wie Kakerlaken auseinander, die das Licht scheuen. Sie hörte die schwächer werdenden Angstschreie. Erkennen konnte sie niemanden.
    »Wo ist Luc?«, keuchte sie.
    »Weiß ich nicht«, antwortete Sam atemlos. »Das konnte ich auch nicht mehr sehen.«
    Tief gebeugt wie Schwimmer, die gegen eine Strömung ankämpfen, stolperten sie bergabwärts. Dachplatten flogen. Der Himmel war voller Gewitterwolken, die rot-schwarz glühten wie die Schwaden eines Vulkans. Rosie spürte die sich aus dem Boden entladende Energie als Hitzedunst oder unsichtbare Flammen. Der Wind heulte. Es war ein schreckliches Getöse wie von herandonnernden Zügen mit zischenden Oberleitungen, die zu reißen drohten.
    Bis sie die Baumgrenze unterschritten, hatten sie alle anderen verloren. Panisch kämpfte Rosie gegen abbrechende Zweige an. Den Ausdruck aufs Sams Gesicht kannte sie, so hatte er ausgesehen, kurz bevor sie den Damm betraten: blankes, unterdrücktes Entsetzen. Der Schmerz schnitt in ihren Schädel. Mit ihm kam die Angst, die seelische Gewissheit, dass der gewaltige unsichtbare Feind sie verfolgte. Sie bewegten sich im Zeitlupentempo, während er den Himmel überquerte, um seinen Anspruch auf sie geltend zu machen. Brawth, der große Eisschatten, durch dessen Zerstörung die Elfenrasse erschaffen wurde … und der jetzt erneut kam, um sie zu vernichten.In dem Moment, als Lucas spürte, wie die Tore sich öffneten – spürte, wie all dieser gewaltige Widerstand seinem Willen nachgab –, stürzte sich der Zorn des Universums auf ihn. Ein Blitzschlag warf seinen Geist nach Asru. Er sah eine riesenhafte Basaltstatue auf einem schwarzen Berg über dem Abyssus stehen; sah, wie Leben in sie kam und sie ihren Kopf hob, um Lawrence’ Rufe zu hören. Er sah, wie

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