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Vaethyr - Die andere Welt

Vaethyr - Die andere Welt

Titel: Vaethyr - Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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verwandelte sich die Welt in einen Albtraum, und er sah nur noch Jon, das gefallene Opfer, tot in einer Blutlache.
    »Du hast meinen eigenen Sohn rekrutiert, um das in Szene zu setzen?«, flüsterte Lawrence. »Jonathan?«
    Rau brannte die Luft in Lucas’ Kehle. Dann hob Jon seinen Kopf. Er war voller Blut, doch dieses trat nicht aus seinem Körper aus. Kunstblut. Er hatte einen Beutel mit Schweineblut umgeschnallt. Sein Gesicht unter dem Hirschkopf war kaum zu erkennen. Er keuchte und seine Augen irrten umher. Er stand unter Drogen, wie hätte er das auch sonst durchgehalten?
    »Ich bin nicht dein Sohn«, krächzte er. »Du bist nicht mein Vater.«
    Endlich erreichten Sam und Rosie die Spitze der Prozession, dort, wo die Einfahrt vor dem Haus endete. Eine chaotische Masse sorgte für Aufruhr. Es war unmöglich, einen Sinn dahinter zu erkennen. Einige Menschenwesen verfolgten verwirrt das Geschehen und fragteneinander, was dort eigentlich gespielt wurde. Andere, die betrunken waren, feuerten das Ganze mit ihren Schreien an. Der harte Kern der verkleideten Jäger scharte sich um die Eingangstüren.
    »Was bilden die sich eigentlich ein?«, zischte Sam wütend.
    »Die Tür ist offen«, sagte Rosie. Sie drängelten sich am Rand vorbei nach vorne. Der Pulk vor der Tür trug waldgrüne Gewänder und Hundemasken. Rosie glaubte den Boden unter den Füßen zu verlieren. Wie kam es, dass so viele Elfenwesen hiervon gewusst hatten – nur sie nicht und auch nicht Sam oder ihre Familie?
    Plötzlich entdeckte sie ihre Eltern – aber sie hielten sich am Rand und waren nicht verkleidet. Jessica trug einen gebatikten Rock und einen Kaftan in Gelbtönen, Auberon graue Flanellhosen und ein Jackett, und sie sahen beide genauso entsetzt aus wie Rosie.
    Nachdem sie eine Lücke zum Durchschauen gefunden hatten, verfolgten Rosie und Sam die Szene auf der Türschwelle. Der Hirsch lag blutbesudelt auf Händen und Knien. Lawrence stand mit bleicher, grauenhafter Miene auf der Schwelle, Lucas an seiner Seite. Sie erkannte Comyns Stimme.
    »Das Opfern des Hirschs auf deiner Türschwelle zeichnet dich als Paria, Lawrence. Es steht für eine Missfallensbekundung der Gemeinschaft. Der Hirsch ist dein Verbrechen. Der Hirsch bist du . Wir opfern den alten König und heißen den neuen willkommen.«
    Lawrence blieb starr wie eine Säule stehen. Sam wollte auf ihn zugehen, aber Rosie hielt ihn am Arm zurück. Ratlos ließ er es zu. Endlich erhob Lawrence seine Stimme. »Ich kenne die Bedeutung dieses absurden Rituals. Doch ich hätte nie gedacht, dass ich den Tag erlebe, an dem es gegen euren Torhüter angewandt wird.«
    »Dann weißt du auch, dass das zugelassene Verfahren vorsieht, dass du herunterkommst und gehst«, sagte Comyn.
    Lawrence lachte. »Du kannst nicht verlangen, dass ich mein eigenes Haus verlasse.«
    »Nein, wir können dich nicht aus diesem alten Gemäuer herauszerren, da hast du recht. Doch die Verdammung durch die Elfengemeinschaft ist etwas anderes. Es ist ein Misstrauensantrag. Damit wird dir jegliche Position und jeder Respekt aberkannt, der dir noch geblieben ist.«
    Lawrence wurde aschfahl. Er begann zu zittern. Rosie hatte Angst um ihn.
    »Das ist Frevel!«, sagte er. »Lasst mich die Gesichter derjenigen sehen, die mich vertreiben wollen. Dich kenne ich, Comyn – von dir überrascht mich das nicht –, aber die anderen? Habt wenigstens den Mut, mir eure Gesichter zu zeigen!«
    Es folgte ein Augenblick betretener Stille, dann wurden die Masken abgenommen. Auch Sapphire und Phyllida waren darunter. Alle Elfenwesen starrten Lawrence ausdruckslos an. Er richtete seine Aufmerksamkeit über ihre Köpfe hinweg direkt auf Auberon. »Auch du?«, sagte er und ließ darauf ein grässliches Lachen hören. »Natürlich! Du hast nur auf den richtigen Zeitpunkt gewartet! Was vermag ich gegen diese massive Verdammung auszurichten?«
    »Das hast du dir selbst zuzuschreiben«, sagte Comyn.
    »Ihr Verräter«, flüsterte Lawrence. »Ihr verdammten, hinterhältigen Verräter, alle, wie ihr da seid – Schwachköpfe!«
    »Du kannst an unseren Kleidern sehen, dass wir hieran nicht teilgenommen haben und nichts davon wussten, bis es begann«, rief Auberon. »Außerdem findet es nicht meine Zustimmung. Aber du weißt, dass es so nicht weitergehen kann. Bitte, Lawrence. Um des Friedens willen, komm herunter!«
    »Seid ihr gekommen, um mich zu töten?«
    »Natürlich nicht«, sagte Comyn.
    »Was wollt ihr dann von mir?«
    »Lass Lucas gehen«,

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