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Valhalla: Thriller (German Edition)

Valhalla: Thriller (German Edition)

Titel: Valhalla: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Flächen. Die Anlage hatte mehr Ähnlichkeit mit einer Kinderzeichnung als mit dem Grundriss einer Siedlung. Und doch wohnte der Sache eine tief verborgene Logik inne. Die Menschen, die das erbaut hatten, waren vielleicht keine Architekten gewesen, aber sie waren Künstler. Gesegnet mit der Gabe der Harmonie und Vollkommenheit. Nicht Präzision oder Effizienz waren ihre Kriterien gewesen, sondern Schönheit und Einklang von Mensch und Natur. Ein Ideal, das den heimatlichen Architekten, allen voran Albert Speer mit seinen aberwitzigen Mammutprojekten, ein Dorn im Auge sein musste. Den Bauprojekten von Hitlers Generalbauinspektor und jetzigem Rüstungsminister hatte schon immer eine gewisse Hybris angehaftet, doch mittlerweile schienen die Herren in Berlin nur noch von Größenwahn getrieben zu sein. Alles musste immer gerader, weiter, höher und größer sein. Das Kleine wurde vom Großen erdrückt, das Starke fraß das Schwache – wie in der Architektur, so auch in der Gesellschaft. Waren Bauwerke nicht seit jeher ein Spiegel der Zivilisation? Doch solche Gedanken behielt man besser für sich, wenn einem die eigene Karriere lieb war. Außerdem: Kaltensporn hätte sich nicht zu dieser Mission gemeldet, wenn er nicht wenigstens zum Teil an die Versprechen des Führers geglaubt hätte. Den wortreichen Bekundungen vom schnellen Sieg, vom allumfassenden Triumph. Doch hier oben, im arktischen Norden, weit weg von daheim, fiel es ihm zunehmend schwer, den Traum vom tausendjährigen Reich zu träumen. Nicht, weil die Freunde von der Propaganda sich nicht redlich bemühten, diese Vision aufrechtzuerhalten, sondern weil die Meldungen, die man hier auf Spitzbergen über Funk aus anderen Teilen der Welt empfing, so ganz anders lauteten.
    Kaltensporn konzentrierte sich wieder auf den Plan. Die Forschungseinrichtung des Kaiser-Wilhelm-Instituts, kurz KWI , befand sich am Rand dessen, was früher einmal eine Stadt gewesen sein musste. Eine Metropole, die mittlerweile vollständig von Eis überzogen war und damit einen gewissen Rückschluss auf ihr Alter zuließ. Dabei machte der Abschnitt, den man für die Labors in Beschlag genommen hatte, nur einen Bruchteil des ungeheuren Wegenetzes aus, das sich unterhalb des Gletschers in alle Richtungen ausdehnte. Niemand konnte ahnen, wie weit es sich noch ausdehnte. Es war im wahrsten Sinne des Wortes die Spitze des Eisbergs, und noch immer hatte niemand eine Ahnung, was genau sie da eigentlich gefunden hatten. Wer immer die Erbauer waren, sie hatten ihr Wissen bereits vor Hunderten, wenn nicht gar Tausenden von Jahren mit ins Grab genommen. Generation um Generation hatte das Geheimnis unter dem Eis geschlummert, nur um von deutschen Archäologen nach jahrelangem Suchen endlich entdeckt zu werden. Es war, als hätte der liebe Gott Himmlers Gebete erhört und ihm seinen langgehegten Traum erfüllt, den Traum von der Unsterblichkeit und der Nähe zu den Göttern. Aber mal davon abgesehen, hatte die Anlage auch einen praktischen Nutzen. Anstatt den Forschungsbetrieb in eigens konstruierten Baracken unterbringen zu müssen, konnte man nun das vorhandene Stadtgebiet nutzen und es zu höheren Zwecken umfunktionieren. Das bedeutete natürlich, dass die prähistorische Fundstätte und die Berichte darüber ebenfalls der obersten Geheimhaltungsstufe unterlagen. So kam es, dass kaum ein Mensch von diesem Fund wusste.
    Die Lage war ideal. Abseits der gängigen Schifffahrtsrouten, geschützt und getarnt von einem mächtigen Gletscher, bot sie alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit. Als weiterer Vorteil kamen Ruhe, Abgeschiedenheit und vor allem die Entfernung zur nächstgelegenen menschlichen Niederlassung hinzu. Dieser Aspekt war besonders wichtig in Hinblick auf das, was hier erforscht wurde.
    Kaltensporn wollte gerade ein paar Notizen machen, als von nebenan plötzlich ein heftiges Rumpeln zu hören war. Zeitgleich ertönte das Kläffen der Hunde.
    Die Stimmen der Männer erstarben. Einen Moment lang herrschte Stille, dann entstand plötzlich ein mörderischer Lärm. Rufe ertönten, Stühle fielen um, und Stiefel polterten über den Holzboden. Kaltensporn sprang auf und griff nach seinem Karabiner. Er glaubte das Wort »Eisbär« gehört zu haben. Mit entschlossenem Blick stürmte er aus dem Funkraum hinüber zum Gemeinschaftsraum, wo bereits helle Aufregung herrschte. Bis auf den Funk-Obergefreiten Junghans, der mit blassem Gesicht über seinen Spielkarten hockte, waren alle

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