Vamperl soll nicht alleine bleiben
murmelte Hannes:
»Ich wüsste so gern, was Sie eigentlich suchen. Ich meine, wo ich doch Ihr Detektiv bin.«
Frau Lizzi nickte. »Ja – warum eigentlich nicht?«
Gerade in diesem Augenblick wurde oben ein Fenster geöffnet und Frau Müller rief ihren Sohn. Er ging sehr ungern. Frau Lizzi
drehte das Radio auf. Da redete einer von Fledermäusen! Er sprach davon, wie gefährdet sie sind. »In der Hermannshöhle, wo
viele Fledermäuse überwintern, hat man vor 45 Jahrennoch über 900 gezählt, im letzten Winter weniger als 300. Die meisten davon waren Kleine Hufeisennasen, insgesamt gab es 14Arten.«
Dort fahre ich hin, dachte Frau Lizzi. 14 Arten, darunter muss es doch Verwandte von Vamperl geben. Schließlich hab ich ihn hier gefunden, warum soll ich dann seine
Familie am anderen Ende der Welt suchen? Und den Hannes nehmen wir mit.
Frau Lizzi überlegte eine Weile, dann schlug sie sich an die Stirn. »Keine Angst, Vamperl, deine Verwandtschaft in der Hermannshöhle
ist nicht unter Glas und tot ist sie auch nicht.«
Vamperl hängte sich kopfunter an die Vorhangstange, dann flatterte er Frau Lizzi auf den Schoß. Er machte ein paar Purzelbäume,
er kitzelte sie unterm Kinn, er fiepte ihr ins Ohr.
»Aufhören!«, quietschte sie. »Sonst kommen noch die Frau Anna und die Maringer...«
Gleich am nächsten Morgen erkundigte sich Frau Lizzi nach den Bahn- und Busverbindungen. Dann ging sie einkaufen und fragte
Frau Müller, ob sie Hannes zu einem Ausflug einladen dürfe.
»Sind Sie sicher, dass er Ihnen nicht lästig sein wird?«, gab Frau Müller zu bedenken. »Er ist so ein Wildling.«
»Ich finde ihn immer sehr hilfsbereit«, sagte Frau Lizzi. »Sie können stolz auf ihn sein.«
Frau Müller lächelte geschmeichelt. Sie hätte gerne noch mehr gehört, aber vor ihrer Kasse im Supermarkt standen die Leute
bereits Schlange.
Frau Lizzi eilte nach Hause und klopfte mit dem Besenstiel an die Zimmerdecke. Wenige Minuten später kam Hannes angerannt.
»Sie wollten mir doch gestern etwas erzählen...«
»Stimmt«, sagte Frau Lizzi. Sie holte tief Atem. »Also – ich habe nämlich einen Vampir, oder eigentlich doch keinen Vampir,
sondern ein Vamperl, und...«
Hannes hörte aufmerksam zu. Als sie fertig erzählt hatte, runzelte er die Stirn. »Jeder müsste sein eigenes Vamperl haben,
in der Schule, zu Hause, eigentlich immer. In meiner Klasse bräuchten mindestens zehn Kinder eines. Unddie Lehrerin auch. Und meine Mama. Wenn die ein Vamperl hätte, würde ich vielleicht gar keines brauchen...« Er kratzte sich
an der Nase.
»Genau!«, rief Frau Lizzi. »Darum brauchen wir eine Frau für ihn.«
»Und dann züchten wir Vamperln!« Hannes war begeistert. »Hoffentlich geht es so schnell wie bei Hamstern. Wie lange ist die
Tragzeit?«
»So habe ich das eigentlich nicht gesehen«, sagte Frau Lizzi. »Ich hab mehr an Liebe gedacht.«
Hannes überlegte eine Weile, dann sagte er: »Sie haben Recht. Züchten kann man Vampire, aber keine Vamperln.«
Vamperl flog von der Vorhangstange herunter und zupfte Hannes an den Ohren und an den Haaren. Frau Lizzi erklärte ihm ihren
Plan für morgen.
»Extra-spitzenmäßig super«, sagte er. »Ich wollte immer schon Höhlenforscher werden. Aber jetzt will ich doch noch ein paar
Dachböden absuchen.«
Frau Lizzi schnitt ein Loch in die Außentasche ihres Rucksacks und nähte feinen Vorhangstoff dahinter. Dann polsterte sie
die Tasche aus und packte den Rucksack. Gegen halb sechs kam Hannes zurück. »Ich hab sowieso nicht geglaubt, dass ich heute
eine Frau für ihn finde«, erklärte er. »Ich wollte nur nichts auslassen.«
Vor lauter Aufregung konnte Frau Lizzi lange nicht einschlafen. Als plötzlich der Wecker neben ihr schepperte, wusste sie
erst gar nicht, wo sie war. Dann musste sie sich beeilen um Hannes abzuholen und rechtzeitig zum Bahnhof zu kommen.
Während der ganzen Fahrt döste sie vor sich hin. Hannes war auch noch nicht richtig wach. Sobald sie aber aus dem Autobus
stiegen, hüpfte Hannes von einem Fuß auf den anderen, rannte vor und zurück und bestand darauf, den Rucksack zu tragen.
Vamperl quiekte vergnügt bei jedem Sprung.
Sie erreichten den Höhleneingang und fröstelten in dem kalten Luftzug aus der Tiefe.
Der Höhlenführer war ein freundlicher junger Mann mit Bart. Er erklärte, wie die Tropfsteine wachsen, und wies auf besondere
Gebilde hin: den »Frosch«, das »Zelt«, den »Weißen
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