Verarschung
«Stell dir nur vor – wenn Twigs unveröffentlichtes Manuskript über UKEA erschienen wäre, überleg nur, wie viele Leute ihn dann loswerden wollten. Der Mord steht vermutlich in Verbindung mit Personen in den höchsten Kreisen.»
«Dafür hast du keinerlei handfeste Beweise.»
«Nur die Geschichte, die sein Vater mir erzählt hat. Und die ausradierte Aufschrift aus dem UKEA-Archiv.»
«Und was ist mit dem Manuskript?»
«Das scheint verschwunden zu sein.»
Da meldete sich Ralf, Erotikkas Ehemann, zu Wort. «Das solltet ihr euch mal ansehen.» Er hatte sich ohne Decke in einer Ecke des Bettes zusammengerollt und las auf seinem Windows-Mobile-HTC-P3300 - 2-GHz-Smartphone die Zeitung. Nun reichte er es Blomberg.
Die Schlagzeile stammte vom Aftonbladet :
POLIZEI IDENTIFIZIERT LIZZY SALAMANDER ALS HAUPTVERDÄCHTIGE FÜR DIE MORDE AN DEM STÖR-EXPERTEN UND DEM UNVERÖFFENTLICHTEN KRIMIAUTOR
Was zum Teufel? , dachte Blomberg. Oh Lizzy, nicht schon wieder.
Blomberg betrat Hauptkommissar Bubbles’ Büro, ohne anzuklopfen. Bubbles erhob sich mit ausgestreckter Hand.
«Was für eine Überraschung! Wir haben dich letzte Woche in der schul vermisst.»
«Ich musste meinen Blog fertig schreiben. Kam ein Minjan zusammen?»
«Zum Glück konnten wir ein paar holländische Touristen auftreiben.»
Bubbles und Blomberg gehörten beide zur Gemeinde von Adat Jisrael, einer kleinen Synagoge für alle acht Juden, die nördlich des 59. Breitengrads lebten. Sie waren außerdem gute Freunde, auch wenn das nicht immer der Fall gewesen war. Vor einigen Jahren, als Blomberg noch für Millennium geschrieben hatte, waren sie beinahe über eine Enthüllungsstory aneinandergeraten, die Blomberg über Korruption, Prostitution und Drogenhandel in der Sondereinheit für Korruption, Prostitution und Drogenhandel der Polizei veröffentlicht hatte.
«Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?», fragte Bubbles. «Lass mich raten: Es hat mit deiner Freundin, der Mörderin, zu tun.»
«Ich kann sie eigentlich nicht als meine Freundin bezeichnen. Ich habe Salamander seit zwei Jahren nicht gesehen. Aber ich frage mich schon, was ihr Jungs gegen sie habt.»
In den letzten fünf Jahren hatte die Polizei Salamander zweiunddreißig Mal verhaftet, war aber mit den Anklagepunkten – alles vom Diebstahl eines schwarzen Lippenstifts aus der Grufti-Boutique in Holdershalm bis hin zu Ausrottungsplänen für die gesamte männliche Bevölkerung Nordeuropas – niemals durchgekommen. Ohne Ausnahme stellte sich stets heraus, dass all ihre Gewalttaten als Vergeltungsmaßnahmen verübt worden waren, auch wenn sich einige Mitglieder der Polizeitruppe fragten, wie präventive Kastration als Selbstverteidigung angesehen werden konnte. Wachtmeister Snorkkle befand sich unter diesen Zweiflern. In diesem Augenblick linste Snorkkle in Hauptkommissar Bubbles’ Büro und schrie: «Dieses Mal nageln wir die Satansfotze an die Wand!»
«Wir sind recht zuversichtlich», sagte Bubbles zu Blomberg, «dass wir endlich handfeste Beweise gegen deine ein Meter fünfundzwanzig große Psychopathin haben. Unwiderlegbare Beweise. Beweise, die den fanatischsten Salamander-Verteidiger in einen Glaubensgenossen verwandeln würden.»
«Wirklich? Was für Beweise?»
Bubbles lachte. «Glaubst du, ich verrate dem bekanntesten Blogger Schwedens Dienstgeheimnisse?»
«Ich bin wohl kaum der bekannteste. Das ist Volvo_ Recall.Se. Aber ich bin unter den Top Hundert. Und du hast es auch in anderen Fällen schon getan.»
«Stimmt. Aber nur, wenn du mich wissen lässt, was du in der Hand hast. Angenommen, du hast überhaupt etwas.»
«Was glaubst du denn?»
«Okay, nimm dir einen Stuhl.»
Nachdem er das Video zum zweiten Mal gesehen hatte, saß Blomberg immer noch sprachlos da.
«Siehst du», sagte Bubbles. «Ziemlich starker Tobak. Ich gehe davon aus, dass du nicht weißt, wo wir Fröken Salamander finden könnten.»
«Wie gesagt, ich habe sie seit zwei Jahren nicht mehr gesehen.» Blomberg schüttelte den Kopf, als wolle er die verstörenden Bilder loswerden, die er soeben gesehen hatte. «Ich verstehe es nicht. Was könnte ihr Motiv sein?»
«Rache?», schlug Bubbles vor.
«Ich habe Lizzy Salamander nie als rachsüchtige Person erlebt.»
Einen Augenblick saßen Blomberg und der Kommissar still da. Dann brachen beide gleichzeitig wie auf ein Stichwort hin in brüllendes Gelächter aus. Als sie sich die Tränen aus den Augen gewischt hatten und wieder Luft
Weitere Kostenlose Bücher