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Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Titel: Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
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zu, bemühte sich übrigens, daß er es nicht merke, und wartete ungeduldig, daß der zerlumpte Kerl weggehe, damit er an die Reihe komme. Der Sachverhalt war klar. Der Herr war etwa dreißig Jahre alt, feist, wohlbeleibt, frisch wie Milch und Blut, mit rosigen Lippen und kleinem Schnurrbart und sehr elegant gekleidet. Raskolnikow ärgerte sich furchtbar; er spürte plötzlich Lust, diesen dicken Gecken irgendwie zu beleidigen. Er verließ für eine Weile das Mädchen und ging auf den Herrn zu.
    »He, Sie, Swidrigailow! Was wollen Sie hier?« schrie er, die Fäuste ballend, während ein Lächeln seine Lippen verzerrte, auf die vor Wut Schaum getreten war.
    »Was soll das heißen?« fragte der Herr streng, mit hochmütigem Erstaunen, die Stirne runzelnd.
    »Packen Sie sich, heißt das!«
    »Wie unterstehst du dich, Kanaille! ...«
    Und er holte mit seiner Gerte aus. Raskolnikow stürzte sich mit den Fäusten auf ihn hin, ohne zu bedenken, daß der kräftige Herr auch mit zwei solchen, wie er, fertig werden könnte. Doch in diesem Augenblick packte ihn jemand fest von hinten, und zwischen ihnen erschien ein Schutzmann.
    »Lassen Sie es, meine Herren, Sie dürfen sich an einem öffentlichen Platze nicht herumschlagen. Was wollen Sie? Wer bist du?« wandte er sich streng an Raskolnikow, als er seine zerlumpte Kleidung bemerkte.
    Raskolnikow betrachtete ihn aufmerksam. Es war ein braves Soldatengesicht mit grauem Schnurrbart und Backenbart und einem klugen Blick.
    »Sie brauche ich eben«, rief er, ihn bei der Hand packend. »Ich bin ehemaliger Student, Raskolnikow ... Das dürfen Sie auch erfahren«, wandte er sich an den Herrn. »Kommen Sie mal mit, ich will Ihnen etwas zeigen ...«
    Er packte den Schutzmann bei der Hand und schleppte ihn zur Bank ...
    »Hier, schauen Sie, ganz betrunken ist sie, soeben ging sie durch den Boulevard; wer weiß, was sie ist, sie sieht aber nicht so aus, als ob es ihr Gewerbe wäre. Wahrscheinlich hat man sie irgendwo betrunken gemacht und verführt ... zum erstenmal ... verstehen Sie? ... und hat sie dann laufen lassen. Schauen Sie nur, wie ihr Kleid zerrissen ist und wie es sitzt; man hat es ihr angezogen, nicht sie selbst, ungeschickte Männerhände haben es ihr angezogen. Das sieht man. Jetzt aber schauen Sie bitte her: dieser Geck, den ich eben schlagen wollte, – ich kenne ihn nicht und sehe ihn zum erstenmal; er hat sie auch soeben bemerkt, wie sie betrunken und bewußtlos ging, und hat furchtbar große Lust, sich an sie heranzumachen, sie abzufangen und, da sie in diesem Zustande ist, – irgendwohin zu verschleppen ... Es ist sicher so; verlassen Sie sich darauf, daß ich mich nicht täusche. Ich habe selbst gesehen, wie er sie beobachtete und verfolgte, ich kam ihm aber zuvor, und er wartete immer, daß ich weggehe. Da ist er eben ein wenig zurückgegangen, steht da und tut, als wolle er sich eine Zigarette drehen ... Wie machen wir es bloß, daß er sie nicht kriegt? Wie bringen wir sie nur nach Hause, – denken Sie mal nach!«
    Der Schutzmann hatte sofort alles begriffen. Was der dicke Herr wollte, war ihm klar; nun blieb noch das Mädchen. Der alte Soldat beugte sich über sie, um sie genauer zu betrachten, und seine Züge nahmen den Ausdruck aufrichtigen Mitleides an.
    »Ach, wie die einem leid tut!« sagte er kopfschüttelnd. »Sie ist ja noch ein Kind. Man hat sie verführt, das ist mal sicher. Hören Sie, Fräulein,« begann er sie zu rufen, »wo wohnen Sie denn?«
    Das Mädchen öffnete die müden, verschlafenen Augen, blickte die Fragenden stumpf an und machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Hören Sie mal,« sagte Raskolnikow, »hier, nehmen Sie dies ... (er suchte in der Tasche und holte zwanzig Kopeken hervor; soviel hatte er noch), nehmen Sie eine Droschke und sagen Sie dem Kutscher, daß er sie nach Hause bringt. Wenn wir nur ihre Adresse erfahren könnten!«
    »Fräulein, Sie, Fräulein!« begann der Schutzmann von neuem, nachdem er das Geld eingesteckt hatte. »Ich will gleich eine Droschke nehmen und Sie selbst nach Hause bringen. Wohin befehlen Sie? Wie? Wo geruhen Sie zu wohnen?«
    »Fort! ... Die lassen einen nicht in Ruhe!« murmelte das Mädchen und winkte wieder mit der Hand ab.
    »Ach, ach, wie häßlich! Sie sollten sich doch schämen, Fräulein! Diese Schande!« Er schüttelte wieder mißbilligend, mitleidig und entrüstet den Kopf. »Eine schwierige Sache!« wandte er sich an Raskolnikow und musterte ihn wieder vom Kopf bis zu den Füßen. Er kam ihm

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