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Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Titel: Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
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Studenten«, mischte sich eilig der Sekretär hinein, seinen Blick von den Akten losreißend. »Hier!« Er warf Raskolnikow ein Heft zu und zeigte ihm die Stelle. »Lesen Sie es!«
    »Eine Geldforderung? Was für eine Geldforderung?« dachte sich Raskolnikow. »Es ist also sicher was anderes!« Er fuhr vor Freude zusammen. Er fühlte sich plötzlich unsagbar erleichtert. Die ganze Last war ihm vom Herzen gefallen.
    »Und welche Stunde ist in Ihrer Vorladung angegeben, verehrter Herr?« schrie der Leutnant, der sich, man wußte nicht warum, immer mehr verletzt fühlte. »Man bestellt Sie für neun, jetzt ist es aber beinahe zwölf!«
    »Man hat es mir erst vor einer Viertelstunde gebracht«, antwortete Raskolnikow laut und über die Schulter hinweg. Auch er war plötzlich und für sich selbst unerwartet böse geworden und fand darin sogar einen gewissen Genuß. »Es genügt wohl schon, daß ich krank, im Fieber hergekommen bin.«
    »Schreien Sie bitte nicht!«
    »Ich schreie nicht, ich spreche ruhig; Sie schreien mich aber an; doch ich bin Student und werde es nicht dulden, daß man mich anschreit.«
    Der Gehilfe geriet in solche Wut, daß er im ersten Augenblick kein Wort hervorbringen konnte und nur so um sich spritzte. Er sprang von seinem Platze auf.
    »Wollen Sie den Mu-und halten! Sie befinden sich in einem Amtsbureau. Sie dürfen sich keine Grrrobheiten erlauben, Herr!«
    »Auch Sie befinden sich in einem Amtsbureau,« schrie Raskolnikow auf. »Sie schreien nicht nur, Sie rauchen auch noch eine Zigarette und benehmen sich also respektlos gegen uns alle.«
    Als er es sagte, empfand er einen unbeschreiblichen Genuß.
    Der Sekretär sah die beiden lächelnd an. Der hitzige Leutnant war sichtlich bestürzt.
    »Das ist nicht Ihre Sache!« schrie er schließlich unnatürlich laut. »Geben Sie lieber die Erklärung ab, die man von Ihnen verlangt. Zeigen Sie es ihm, Alexander Grigorjewitsch. Es laufen Klagen gegen Sie ein! Sie zahlen Ihre Schulden nicht! Das ist mir mal ein netter Vogel!«
    Raskolnikow hörte aber nicht mehr zu und griff gierig nach dem Papier, um endlich die Lösung zu finden. Er las es einmal und ein zweites Mal und begriff nichts.
    »Was ist es denn?« fragte er den Sekretär.
    »Man verlangt von Ihnen die Bezahlung eines Schuldscheins, es ist eine Geldforderung. Sie müssen sie entweder mit allen Kosten, Strafgeldern usw. bezahlen oder eine schriftliche Erklärung abgeben, wann Sie es bezahlen können, und sich zugleich verpflichten, vor der Bezahlung die Hauptstadt nicht zu verlassen und Ihr Eigentum weder zu verkaufen noch auf die Seite zu tun. Der Gläubiger ist aber berechtigt, Ihr Eigentum zu veräußern und mit Ihnen nach den Gesetzen zu verfahren.«
    »Ja, aber ... ich schulde doch keinem Menschen etwas!«
    »Das ist nicht unsere Sache. Uns wurde ein verfallener und gesetzlich protestierter Schuldschein über hundertundfünfzehn Rubel, den Sie auf den Namen der Kollegienassessorswitwe Sarnizyna vor neun Monaten ausgestellt haben und der von der Witwe Sarnizyna an den Hofrat Tschebarow durch Kauf übergegangen ist, zwecks Eintreibung übergeben, und wir fordern Sie auf, die Erklärung abzugeben.«
    »Sie ist doch meine Wirtin!«
    »Was macht das, daß sie Ihre Wirtin ist?«
    Der Sekretär blickte ihn mit herablassendem, mitleidigem Lächeln an, zugleich auch mit dem Ausdruck einer gewissen Überlegenheit, wie einen Neuling, der zum erstenmal ins Feuer kommt, als wollte er ihm sagen: »Nun, wie fühlst du dich jetzt?« Doch was ging ihn jetzt der Schuldschein und die Eintreibung an? Verdiente denn diese Sache auch die geringste Unruhe, auch die geringste Beachtung? Er stand da, las, hörte zu, gab Antworten, stellte sogar selbst Fragen, machte aber alles mechanisch. Der Triumph des Selbsterhaltungstriebes, die Errettung vor der bedrückenden Gefahr – das erfüllte in diesem Augenblick sein ganzes Wesen, ohne daß er in die Zukunft blickte, analysierte, ohne daß er die Zukunft zu enträtseln versuchte, ohne Zweifel und ohne Fragen. Es war ein Augenblick einer vollständigen, unmittelbaren, rein animalischen Freude. Doch in diesem selben Augenblick ereignete sich im Bureau etwas wie die Entladung eines Gewitters. Der Leutnant, der durch die Unehrerbietigkeit Raskolnikows noch immer erschüttert war, vor Empörung glühte und offenbar sein gekränktes Ehrgefühl wiederherstellen wollte, stürzte sich mit einem richtigen Donnerwetter auf die unglückliche pompöse Dame, die ihn während der

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