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Verbrechen und Strafe

Verbrechen und Strafe

Titel: Verbrechen und Strafe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
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überschritten, so kann man nicht mehr zurück.«
    »Ich sprach eigentlich nicht davon, Pjotr Petrowitsch«, unterbrach ihn Dunja mit einiger Ungeduld. »Begreifen Sie doch, daß unsere ganze Zukunft nur davon abhängt, ob dies alles sich möglichst schnell aufklärt und in Ordnung kommt oder nicht. Ich sage Ihnen gleich, daß ich die Sache anders nicht ansehen kann, und wenn Sie mich auch nur ein wenig schätzen, so muß diese ganze Geschichte, und wenn es Ihnen auch noch so schwer fällt, erledigt werden. Ich wiederhole: wenn mein Bruder die Schuld hat, so wird er Sie um Verzeihung bitten.«
    »Ich wundere mich, daß Sie die Frage so stellen, Awdotja Romanowna«, sagte Luschin, der immer gereizter wurde. »Wenn ich Sie schätze und sozusagen verehre, so kann ich doch zugleich auch jemand von Ihren Angehörigen gar nicht schätzen. Wenn ich mich um das Glück, Ihre Hand zu besitzen, bewerbe, brauche ich doch nicht Verpflichtungen auf mich zu nehmen, die unvereinbar sind mit – –«
    »Ach, lassen Sie diese Empfindlichkeit, Pjotr Petrowitsch,« unterbrach ihn Dunja mit Gefühl, »und seien Sie jener kluge und edle Mensch, für den ich Sie immer hielt und immer halten will. Ich gab Ihnen ein großes Versprechen, ich bin Ihre Braut; vertrauen Sie sich mir in dieser Sache an und glauben Sie mir, daß ich die Kraft haben werde, unparteiisch zu richten. Daß ich das Richteramt übernehme, ist für meinen Bruder ebenso überraschend wie für Sie. Als ich ihn heute, nach Ihrem Brief, aufforderte, unbedingt zu dieser Zusammenkunft zu kommen, teilte ich ihm nichts von meinen Absichten mit. Begreifen Sie doch, daß, wenn Sie sich nicht vertragen, ich gezwungen sein werde, zwischen Ihnen beiden zu wählen! Entweder Sie oder er! So lautet nun die Frage wie von Ihrer so auch von meiner Seite. Ich will und darf mich nicht in der Wahl irren. Ihretwegen muß ich mit meinem Bruder brechen; und meines Bruders wegen muß ich mit Ihnen brechen. Ich will und kann jetzt sicher feststellen: ob er mir ein Bruder ist. Und von Ihnen: ob ich Ihnen teuer bin, ob Sie mich schätzen, ob Sie der passende Gatte für mich sind.«
    »Awdotja Romanowna,« sagte Luschin peinlich berührt, »Ihre Worte sind für mich zu bedeutungsvoll, ich sage mehr: sie sind sogar kränkend in Anbetracht der Stellung, die ich Ihnen gegenüber einzunehmen die Ehre habe. Schon ganz abgesehen von der sonderbaren und für mich kränkenden Gegenüberstellung zwischen mir ... und einem anmaßenden Jüngling, lassen Sie in Ihren Worten auch die Möglichkeit zu, daß Sie das mir gegebene Versprechen brechen. Sie sagen: ›Entweder Sie oder er‹, – damit zeigen Sie mir, wie wenig ich für Sie bedeute ... Das kann ich nicht dulden bei den Beziehungen und ... Verpflichtungen, die zwischen uns bestehen.«
    »Wie!« fuhr Dunja auf. »Ich setze Ihre Interessen auf eine Stufe mit allem, was mir bisher im Leben teuer war, was bisher mein ganzes Leben ausmachte, und plötzlich sind Sie gekränkt, daß ich Sie zu wenig schätze?!«
    Raskolnikow lächelte schweigend und giftig, Rasumichin war ganz außer sich, aber Pjotr Petrowitsch nahm diese Entgegnung nicht an; im Gegenteil, er wurde mit jedem Worte zudringlicher und gereizter, als bekäme er allmählich Geschmack daran.
    »Die Liebe zum künftigen Lebensgefährten, zum Gatten muß die Liebe zum Bruder überwiegen,« sagte er sentenziös, »aber ich kann in keinem Falle auf der gleichen Stufe mit ihm stehen ... Obwohl ich vorhin darauf bestand, daß ich in Gegenwart Ihres Bruders das, weswegen ich gekommen bin, zu erklären weder wünsche noch kann, habe ich dennoch die Absicht, mich jetzt gleich an Ihre hochverehrte Frau Mutter zu wenden, um eine notwendige Aufklärung über einen sehr wichtigen und für mich verletzenden Punkt herbeizuführen. Ihr Sohn«, wandte er sich an Pulcheria Alexandrowna, »hat mich gestern in Gegenwart des Herrn Rassudkin« (oder ... ich glaube, Sie heißen so? Entschuldigen Sie, ich habe Ihren Namen vergessen, wandte er sich mit einer höflichen Verbeugung an Rasumichin), »hat mich gestern durch die Verdrehung eines Gedankens von mir verletzt, den ich Ihnen damals in einem Privatgespräch am Kaffeetisch mitgeteilt habe, nämlich, daß die Heirat mit einem armen jungen Mädchen, das das Ungemach des Lebens schon gekostet hat, in ehelicher Beziehung meiner Ansicht nach viel vorteilhafter sei als die Verbindung mit einem Mädchen, das im Wohlstand aufgewachsen ist, denn das erstere ist für die Moral

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