Verfuehrerisch doch unerreichbar
neigte den Kopf gerade so weit, um ihm zu signalisieren, dass sie den Hinweis verstanden hatte und ihn ignorierte. Ihr stufig geschnittenes, schulterlanges blondes Haar war von der Sonne gebleicht. Und die Bräune ihrer Haut war echt, das sah er. Ihre grauen Augen hatten den spöttischen Ausdruck, der ihm nach all den Jahren, die er Ellie kannte, so vertraut war.
Mikhail liebte Ordnung, beruflich wie privat, und Ellie wusste genau, wie sie diese Ordnung zerstören konnte. Er hingegen weigerte sich, sich von ihr provozieren zu lassen - so war es seit seiner ersten Begegnung mit der Tochter des Chefs immer gewesen.
„Ich habe meinen Besuch schon vor langer Zeit angekündigt”, sagte Ellie. „Du hattest Monate Zeit, dich vorzubereiten. Ich habe dir mitgeteilt, dass ich eine Suite mit einem Kinderzimmer brauche. Ich habe Kartons mit Spielzeug geschickt. Wo sind sie?”
Wenn er Ellie hätte rausschmeißen können, hätte er es getan, denn aus Erfahrung wusste er, dass sie nur Ärger brachte.
Diesmal hatte sie seinen Eltern Ärger eingebrockt — in Gestalt eines vierjährigen Mädchens. Seine Eltern hatten am Telefon begeistert geklungen. Sie freuten sich, den Babysitter spielen zu können, während Ellie bei ihm war. Nachdem sein Vater der Kleinen eine Gutenachtgeschichte erzählt hatte, schlief sie tief und fest.
Mikhail wollte lieber nicht daran denken, wessen Kind das war. Bei der Eröffnung des
„Amoteh” vor vier Jahren war Ellie jedenfalls nicht schwanger gewesen, und doch hatte sie jetzt ein vierjähriges Kind bei sich. „Die Spielsachen befinden sich im Lagerraum. Du kannst sie mitnehmen, denn du wirst nicht im Hotel wohnen.”
„Ach nein?”
„Meine Eltern riefen mich an und warnten mich vor, dass du bei mir auftauchen würdest.
Sie sagten, das kleine Mädchen schliefe im Gästezimmer. Das ist ein Hinweis darauf, dass du dir nicht sicher warst, ob du im ,Amoteh’ willkommen sein würdest. Du bist zu meinen Eltern gefahren, weil du ihre Schwäche für Kinder kennst. Zwei Dinge möchte ich gleich klarstellen: Du wirst meine Familie nicht für deine Zwecke benutzen, und du bist hier nicht willkommen.”
„Deine Mutter und dein Vater waren begeistert, den Babysitter spielen zu können. Ich werde bei ihnen wohnen, denn ihnen bin ich willkommen. Ich werde ein Teil deiner Familie sein. Wäre das picht nett?” fragte sie in süßlichem Ton.
Natürlich waren seine Eltern entzückt gewesen. Ihr erstes Enkelkind, das sein Bruder Jarek und dessen Frau Leigh ihnen bescheren würden, sollte in drei Wochen zur Welt kommen. Sie hatten Kinder immer geliebt, daher war es nur logisch, dass Ellie sich an sie gewandt hatte, um an Mikhail heranzukommen.
Aus unerfindlichen Gründen waren seine Eltern auch entzückt von seinen Streitereien mit Ellie. Ihr Interesse daran wurde nur übertroffen von den Neckereien seines jüngeren Bruders.
Jarek mochte Ellie, und bevor er Leigh heiratete, hatten die beiden miteinander geflirtet, allerdings mit der stillen Übereinkunft, nicht weiter zu gehen. Mikhail hatte den Verdacht, dass Ellie es nur getan hatten um ihn zu ärgern. Die Spielchen seiner Exfrau hatten ihn jedoch immun gemacht gegen selbstsüchtige Frauen, die es darauf anlegten, die Männer zum Narren zu halten.
Draußen toste die Brandung. Nebel zog über die Anleger und hüllte das „Amoteh Resort”
in dichte Schwaden.
Eine Boje vor der Küste gab einen warnenden Signalton ab, als Mikhail das Fenster öffnete, um die salzhaltige frische Luft einzuatmen, die er sein Leben lang geliebt hatte. Im Haus seiner Eltern brannte Licht. Es war in den Felsvorsprung gebaut, mit breiten Baikonen, die eine schöne Aussicht auf den Pazifik boten. Etwas weiter weg sah er die Lichter des neuen Hauses seines Bruders.
Weiter nördlich lag Strawberry Island. Vor langer Zeit war ein hawaiischer Häuptling, der von Walfängern gefangen und versklavt worden war und schließlich Schiffbruch erlitten hatte, auf der Insel gestorben. Einsam, verbittert und krank vor Heimweh, hatte Kamakani Strawberry Island verflucht. Aufgehoben werden konnte der Fluch nur dadurch, dass eine Frau auf seinem Grab tanzte, die mit sich im Reinen war.
Mikhail fand, dass Ellie sein persönlicher Fluch war. Das wusste er, seit er sie vor elf Jahren in Paul Lathrops Büro in Seattle zum ersten Mal getroffen hatte. Damals war sie für ein Tennismatch gekleidet gewesen und hatte ihre Tage hauptsächlich in Saunen, Schönheitssalons und auf Partys verbracht
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