Verführerischer Weihnachtstraum
eine der exklusivsten Entspannungsoase der Stadt bezeichnen.“
Georgie hatte höflich zugehört, obwohl sie kaum etwas langweiliger fand als verwöhnte Millionäre, die eine Auszeit brauchten. Als seien sie nur zur Entspannung fähig, wenn sie von ihresgleichen umgeben waren.
Pierre passte genau hierher. Im Laufe seines Lebens hatte er ein derart großes Vermögen angehäuft, dass er seinen Kokon niemals verlassen musste – es sei denn, er wollte es. Er brauchte nur mit den Fingern zu schnippen, und jeder spurte. Was nun Didi betraf … Georgie erinnerte sich daran, warum sie eigentlich hier war. Sie hob abwehrend die Hand, um den belanglosen Redefluss der Blondine zu unterbrechen.
„Das ist großartig, wirklich. Aber wie schon gesagt: Ich bin nicht hier, um Mitglied zu werden, sondern um mit Mr. Newman zu sprechen. Dringend! Wenn Sie mir sagen, wo er sich aufhält, finde ich den Weg allein.“
„Bei uns ist es nicht üblich, Nichtmitgliedern Zutritt zu gewähren.“
„Dann warte ich hier. Wenn Sie ihm bitte ausrichten würden, dass Georgie … Georgina ihn dringend sprechen muss.“
Die Blondine zog eine Augenbraue hoch. „Darf ich fragen, in welcher Angelegenheit?“
„Sicher, dürfen Sie. Aber ich fürchte, das kann ich Ihnen nicht sagen. Es ist persönlich.“ Nur mühsam verkniff Georgie sich das Grinsen. Die gute Frau platzte schier vor Neugier. Sicher spekulierte sie bereits, welche anrüchigen Geheimnisse Mr. Newman wohl zu verbergen hatte. Der arme Pierre würde nicht besonders glücklich darüber sein. Nun, er hatte noch nie Humor besessen; zumindest hatte Georgie nie auch nur einen Funken davon ausmachen können.
Pierre hatte schon als junger Mann extrem gut ausgesehen. Doch Georgie erinnerte sich vor allem an seinen Hang, alles zu kritisieren. Es gab kaum etwas, für das Pierre etwas anderes als Missbilligung übrig gehabt hätte. Und er gab sich auch nicht die geringste Mühe, das zu verheimlichen.
Seiner Meinung nach war das Leben in Greengage Cottage, einem klitzekleinen Nest in der Grafschaft Devonshire, so langsam, dass es an Stillstand grenzte. Den Lebensstil seiner Eltern hatte er immer kritisiert; er bezeichnete sie als Hippies. Und eigentlich auch jeden anderen, der nicht den gleichen brennenden Ehrgeiz in sich spürte, schnellstmöglich das verschlafene Nest zu verlassen und die Großstadt zu erobern. Seit er vor über zehn Jahren nach London gegangen war, waren seine Besuche zu Hause immer seltener geworden.
Vor drei Jahren war er zur Beerdigung seines Vaters zurückgekehrt. Zwei Wochen lang war er geblieben. Er kümmerte sich um den Verkauf der Farm und kaufte ein kleines Cottage für seine Mutter. Angesichts der Tatsache, dass er auf der Farm aufgewachsen war, hatte er bei deren Verkauf eine bemerkenswerte Gleichgültigkeit an den Tag gelegt.
Seither konnte man seine Besuche bei der Mutter an einer Hand abzählen. Und Georgie achtete immer peinlich genau darauf, ihm aus dem Weg zu gehen, wenn er in Greengage Cottage war.
Was sie ihren impulsiven Schritt jetzt erneut verfluchen ließ.
Die Blondine teilte ihr gerade mit, dass man Mr. Newman nun darüber informieren würde, dass Miss Georgina ihn zu sprechen wünsche. Sollte Mr. Newman sie aber nicht sehen wollen, werde man sie hinausbegleiten. Geschäftspolitik.
Georgie erinnerte sich bemüht daran, dass die Frau wahrscheinlich nur ihren Job erledigte, und nahm auf einem der niedrigen roten Sessel in der Sitzecke Platz. Verschiedene Hochglanzbroschüren auf dem chromblitzenden Glastisch priesen die wunderbaren Möglichkeiten und Errungenschaften des Fitnessclubs an. Aber Georgie studierte lieber ihre Umgebung genauer.
Hinter dem Empfang lag ein mit Marmor ausgelegtes Foyer. Von hier aus führte eine Treppe in die obere Etage zum Trainingsbereich, der hinter einer dunkel getönten Glasfront lag. Zu den Squashcourts und dem Pool ging es einen langen Korridor entlang. Wahrscheinlich lagen dort auch die exklusiven Ruhekabinen, wo der gestresste Geschäftsmann sich seine Verspannungsknoten von einem Klon der Blondine vom Empfang wegmassieren lassen konnte. So jedenfalls stellte Georgie sich das vor.
Als Georgie aus ihrer Grübelei auftauchte, stellte sie fest, dass Pierre direkt vor ihr stand und sie durchdringend ansah.
Ihr Blick wanderte an ihm nach oben bis sie zu seinen Augen. Sie waren blau, wie die seines Vaters. Von seiner algerischen Mutter hatte er das rabenschwarze Haar. Es war kurz geschnitten und im Moment nass.
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