Verfuehrung im Harem
andere Gefühle.
„Danke“, brachte sie schließlich leise heraus.
In seinen dunkelbraunen Augen leuchtete es bewundernd auf, während er Jessica betrachtete. „Ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber ich muss zugeben, ich habe nicht damit gerechnet, dass du so schön bist.“
Kein Zweifel, er war ein Charmeur. „Vielen Dank“, sagte sie noch einmal.
Wahrscheinlich war er nur gekommen, um sie zu ihren Verwandten zu bringen. Aber ihr Instinkt warnte sie, der Mann konnte ihr gefährlich werden. Sie musste auf der Hut sein. Misstrauisch zu sein war ihr zur zweiten Natur geworden, seit sie als Kind miterlebt hatte, wie ihre Mutter auf der Suche nach Liebe an zahlreichen Männerbekanntschaften zerbrochen war. In ihrer Verzweiflung hatte ihre Mutter immer wieder zum Alkohol gegriffen, der sie körperlich zerstörte. Schon als Zehnjährige hatte Jessica genau gewusst, wann sie einen Playboy vor sich hatte. Und dieser Fremde gehörte mit Sicherheit zu dieser Kategorie von Männern.
Doch das konnte ihr egal sein. Er war ein Mitarbeiter des Königs, und er tat nur seine Arbeit. Sobald er sie zu ihrer Familie gebracht hatte, war die Sache für ihn erledigt.
„Hattest du einen angenehmen Flug?“
Aus einem ihr unerklärlichen Grund ließ sie es zu, dass er ihre Hand immer noch hielt. Warum er sie duzte, war ihr rätselhaft. Sie beschloss jedoch, ihn auch zu duzen.
„Na ja“, begann sie und sah sich in der luxuriös ausgestatteten Kabine des Jets um, „es gab einige Turbulenzen, doch insgesamt war es ein angenehmer Flug, würde ich sagen. Da es mein erster war, habe ich leider keine Vergleichsmöglichkeiten.“
In seinen Augen blitzte es verstohlen auf. „Dann hast du jetzt die erste Erfahrung hinter dir“, stellte er zweideutig fest.
Ja, aber nur mit dem Fliegen, dachte sie. Mit Männern hatte sie noch keine Erfahrung. Mit keinem der Männer, die mit ihr geflirtet und ihr mehr oder weniger direkt zu verstehen gegeben hatten, dass sie gern mit ihr schlafen würden, hatte sie sich eingelassen. Ihrer Meinung nach konnte kein Mann treu sein, und außerdem hatte es bei ihr noch nie gefunkt. Als hoffnungslose Romantikerin befand sie sich in einem ständigen inneren Zwiespalt. Einerseits wünschte sie sich, ihrem Traummann zu begegnen, zu dem sie sich vom ersten Moment an hingezogen fühlte, dem sie bedenkenlos vertrauen und bei dem sie sich ge borgen fühlen konnte. Andererseits war sie immer auf der Hut und verließ sich lieber auf ihren Verstand als auf ihre Gefühle.
Es stimmte, sie hatte ein Kribbeln im Bauch verspürt, als der Fremde ihre Hand berührte, und sie malte sich aus, wie es wäre, von ihm auf die Lippen geküsst zu werden. Es war ein verlockender Gedanke, den sie jedoch rasch verdrängte.
Sie beschloss, seine zweideutige Bemerkung zu ignorieren und ein unverfängliches Thema anzuschneiden. „In dem luxuriös ausgestatteten Flieger bin ich mir vorgekommen wie in einem fliegenden Wohnzimmer.“
„Die Schlafkabine ist auch sehr komfortabel“, erklärte er in einem Ton, der zu dem Leuchten in seinen Augen passte.
Der Themenwechsel hatte also nichts gebracht. „Das habe ich gemerkt.“
„Hast du das Bett als bequem empfunden?“
Ja, aber darüber werde ich mit ihm nicht reden, dachte sie. Die Nähe dieses Mannes brachte sie irgendwie aus dem seelischen Gleichgewicht, und sie hatte das Gefühl, ihre Nerven würden bis in die Fingerspitzen vibrieren.
„Alles ist hier perfekt, finde ich“, antwortete sie ausweichend.
„Gut. Dann lass uns zum Palast fahren.“
„Zum Palast?“, wiederholte sie und sah ihn erstaunt an. Ihr Herz klopfte wie wild, und es gelang ihr einfach nicht, sich in den Griff zu bekommen.
„Möchtest du lieber zuerst woandershin?“
Ja und nein, hätte sie beinah erwidert. Nachdem sie den Brief gelesen hatte, den ihre Mutter beim Jugendamt hinterlegt hatte, verspürte sie keine Lust dazu, zum Palast zu fahren. Das, was ihre Mutter ihr vor vielen Jahren in der Jessica so vertrauten Handschrift geschrieben hatte, schmerzte immer noch. Ich weiß, ich habe alles falsch gemacht, aber ich habe Dich von ganzem Herzen geliebt , lautete der Schluss. Immer wieder hatte Jessica den Brief gelesen, ohne wirklich zu begreifen, wie sie mit der königlichen Familie verwandt sein sollte.
„Wahrscheinlich ist es okay, zum Palast zu fahren …“, begann sie zögernd, obwohl es ihr eigentlich gar nicht gefiel. In dem ihr fremden Umfeld würde sie sich gehemmt und unsicher
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