Vergessene Welt
zerbrochene Glas sah Malcolm
den Tyrannosauriern nach. Sarah neben ihm schwieg. Sie ließ die Tiere keinen
Augenblick aus den Augen.
Der Regen wurde
jetzt stärker; das Wasser tropfte von den Glasscherben. In der Entfernung
donnerte es, ein Blitz zuckte grell zur Erde und erhellte die davonziehenden
riesigen Tiere.
Am ersten der
großen Bäume blieben die Tyrannosaurier stehen und legten das Baby auf die
Erde.
»Warum tun sie
das?« fragte Sarah. »Sie sollten doch eigentlich zum Nest zurückkehren.«
»Ich weiß nicht,
vielleicht sind sie –«
»Vielleicht ist
das Baby tot«, sagte Sarah.
Aber nein, in
der Helligkeit des nächsten Blitzes konnten sie sehen, daß das Baby sich
bewegte. Es lebte noch. Sie konnten sein schrilles Quieken hören, als einer der
Erwachsenen es ins Maul nahm und behutsam in eine hohe Astgabel legte.
»O nein«, sagte
Sarah und schüttelte den Kopf. »Das ist falsch, Ian. Das ist ganz falsch.«
Das Weibchen
blieb noch einen Augenblick bei dem Baby, um es in die richtige Lage zu
bringen. Dann drehte es sich um, riß das Maul auf und brüllte.
Das Männchen
erwiderte das Brüllen.
Und dann griffen
beide Tiere den Caravan an, mit vollem Tempo kamen sie über die Lichtung auf
sie zugerannt.
»O mein Gott!«
sagte Sarah.
»Halt dich fest,
Sarah!« schrie Malcolm. »Das wird übel!«
Der Aufprall war so gewaltig, daß sie
beide durch die Luft flogen. Sarah schrie auf, als sie durch den Caravan purzelte.
Malcolm stieß sich den Kopf und sah Sterne, als er auf dem Boden auftraf. Der
Caravan schwankte mit metallischem Kreischen auf seiner Federung. Die
Tyrannosaurier brüllten und stießen noch einmal zu.
Er hörte Sarah
»Ian, Ian!« rufen, und dann kippte der Caravan um. Malcolm drehte das Gesicht
weg, Gläser und Laborgeräte prasselten auf ihn herab. Als er wieder hochsah,
war alles schief. Direkt über ihm das zerbrochene Fenster, das der Tyrannosaurier
eingedrückt hatte. Regen tropfte auf Malcolms Gesicht. Es blitzte, und er sah
einen großen Kopf, der knurrend auf ihn herunterstarrte. Er hörte das schrille
Kratzen der Tyrannosaurierklauen auf der Metallwand des Caravans, und dann
verschwand der Kopf. Einen Augenblick später hörte er die Tiere bellen, und er
spürte, wie sie das Gespann über das Gras schoben.
Er rief »Sarah!«
und entdeckte sie hinter sich, doch in diesem Augenblick drehte die Welt sich
wieder, und der Caravan wurde noch einmal umgekippt. Jetzt lag er auf dem Dach.
Malcolm kroch die Decke entlang, er versuchte, zu Sarah zu kommen. Er sah zu
den Laborgeräten hoch, die auf den Arbeitsflächen befestigt waren und jetzt
über seinem Kopf hingen. Diverse Flüssigkeiten tropften auf ihn herab. Etwas
brannte an seiner Schulter. Er hörte ein Zischen und merkte, daß es Säure sein
mußte.
Irgendwo vor ihm
in der Dunkelheit stöhnte Sarah. Wieder blitzte es, und Malcolm sah sie
zusammengekrümmt vor der Faltbalgverbindung liegen. Dieses Verbindungsstück war
so verdreht, daß der Durchgang beinahe verschlossen war, was bedeutete, daß der
zweite Caravan noch auf den Rädern stehen mußte. Es war verrückt. Alles war
verrückt.
Draußen brüllten
die Dinosaurier, und er hörte eine gedämpfte Explosion. Sie zerbissen die Reifen.
Schade, daß sie nicht ins Batteriekabel beißen, dachte er. Das wäre eine hübsche
Überraschung für sie.
Plötzlich
rammten die Tyrannosaurier den Caravan noch einmal, so daß er quer über die Lichtung
schlitterte. Kaum war er wieder zum Stehen gekommen, stießen sie wieder zu. Er
rutschte noch ein Stückchen.
Inzwischen hatte
er Sarah erreicht. Sie schlang ihre Arme um ihn. »Ian«, sagte sie. Ihre gesamte
linke Gesichtshälfte war dunkel. Im Schein des nächsten Blitzes sah er, daß sie
blutverschmiert war.
»Alles okay?«
»Ich bin in
Ordnung«, sagte sie. Mit dem Handrücken wischte sie sich Blut aus dem Auge.
»Kannst du sehen, was es ist?«
Wieder blitzte
es, und er sah, daß ihr eine große Glasscherbe knapp unter dem Haaransatz im
Fleisch steckte. Er zog sie heraus und drückte die Hand auf die plötzlich stark
blutende Wunde. Sie waren in der Küche, und er griff nach oben zum Herd und zog
ein Geschirrtuch herunter. Er preßte es ihr gegen den Kopf und sah, daß es sich
sofort dunkel verfärbte.
»Tut’s weh?«
»Geht schon.«
»Ich glaube,
schlimm ist es nicht«, sagte er. Draußen hallte das Brüllen der Tyrannosaurier
durch die Nacht.
»Was tun sie?«
fragte Sarah mit tonloser Stimme.
Wieder rammten
die
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