Vergessene Welt
Durchgang, so weit wie möglich von den Fenstern entfernt. Die
Tyrannosaurier kamen unerbittlich näher. Sarah und Malcolm spürten jeden
Schritt als deutliche Vibration – zwei Zehn-Tonnen-Tiere, die sich auf sie zubewegten.
»Die kommen
genau auf uns zu!«
»Das habe ich
bemerkt«, sagte er.
Das erste Tier
hatte den Caravan schon fast erreicht. Es war so nahe, daß sein Körper das Fenster
verdeckte. Alles, was Malcolm sehen konnte, waren die mächtigen, muskulösen
Beine und der Unterbauch. Der Kopf mußte weit über ihnen sein.
Der zweite
Tyrannosaurier näherte sich dem Caravan von der anderen Seite. Die beiden Tiere
begannen, knurrend und schnaubend das Gespann zu umkreisen. Der Boden schwankte
unter ihren schweren Schritten. Sarah und Ian rochen den stechenden
Fleischfressergestank. Einer der Tyrannosaurier streifte die Seitenwand, und
sie hörten ein Kratzgeräusch, Schuppenhaut an Metall.
Malcolm spürte
unvermittelt Panik in sich aufsteigen. Es war der Geruch, der in ihm plötzlich
Erinnerungen weckte. Er fing an zu schwitzen. Er warf einen Blick zu Sarah hinüber
und sah, daß sie konzentriert die Bewegungen der Tiere beobachtete. »Das ist
kein Jagdverhalten«, flüsterte sie.
»Ich weiß
nicht«, sagte Malcolm. »Vielleicht doch. Es sind ja keine Löwen.«
Einer der
Tyrannosaurier brüllte in die Nacht, ein furchterregendes, ohrenbetäubendes Geräusch.
»Sie jagen
nicht«, sagte sie. »Sie suchen , Ian.«
Einen Augenblick
später antwortete der zweite Tyrannosaurier ebenfalls mit einem Brüllen. Dann
senkte sich der große Kopf und spähte durch das Fenster direkt vor ihnen. Malcolm
legte sich flach auf den Fußboden, und Sarah warf sich über ihn. Ihr Schuh
drückte in sein Ohr.
»Es wird alles
gutgehen, Sarah.«
Draußen
schnaubten und knurrten die Tyrannosaurier.
»Könntest du ein
Stückchen rutschen?« flüsterte Malcolm.
Sie kroch von
ihm herunter, und er erhob sich langsam und spähte über die Polsterbank nach
draußen. Er sah, wie das große Auge des Rex ihn anstarrte. Der Augapfel bewegte
sich in der Höhle. Malcolm sah, wie das Maul auf- und zuging. Der heiße Atem
des Tiers beschlug das Glas.
Dann entfernte
sich der Kopf vom Fenster, und Malcolm atmete erleichtert auf. Doch plötzlich
schwang der Kopf zurück und stieß mit lautem Krachen gegen den Caravan, der
heftig zu schwanken begann.
»Keine Angst,
Sarah. Der Caravan ist sehr stabil.«
»Ich kann dir
gar nicht sagen, wie sehr mich das beruhigt.«
Der zweite Rex brüllte
auf und stieß von der anderen Seite gegen den Caravan. Die Federung ächzte
unter der Wucht des Stoßes.
Die beiden
Tyrannosaurier begannen nun, abwechselnd und rhythmisch von beiden Seiten gegen
das Gespann zu stoßen. Malcolm und Harding wurden hin und her geworfen. Sarah
versuchte sich festzuhalten, wurde aber vom nächsten Stoß wieder durch den Caravan
gewirbelt. Der Boden neigte sich bedenklich von einer Seite zur anderen. Laborgeräte
flogen von den Tischen. Glas splitterte.
Doch plötzlich
hörten die Stöße auf. Unvermittelt war alles still.
Malcolm stemmte
sich stöhnend hoch. Auf ein Knie gestützt, spähte er zum Fenster hinaus. Er sah
das Hinterteil eines Tyrannosauriers. Es kam näher.
»Was sollen wir
tun?« flüsterte er.
Das Funkgerät
knisterte. »Ian, melden Sie sich! Ian!« rief Thorne.
»Um Himmels
willen, schalt das aus«, flüsterte Sarah.
Malcolm griff
sich an den Gürtel, flüsterte: »Wir sind okay« und schaltete das Gerät aus.
Auf allen vieren
kroch Sarah durch das Gespann ins Biologielabor. Er folgte ihr und sah den großen
Tyrannosaurier durch das Fenster zu dem Tisch spähen, auf dem das Baby
festgezurrt lag. Der Tyrannosaurier gab ein leises Grunzen von sich.
Dann hielt er
inne und starrte stumm durchs Fenster.
Und grunzte noch
einmal.
»Sie will ihr
Baby, Ian«, flüsterte Sarah.
»Also von mir
aus«, flüsterte Malcolm, »kann sie es ruhig haben.« Sie duckten sich auf den
Boden und versuchten, außer Sicht zu bleiben.
»Wie bringen wir
es zu ihr?«
»Ich weiß nicht.
Vielleicht zur Tür hinausschieben?«
»Ich will nicht,
daß sie auf das Kleine treten.«
»Und wenn
schon«, sagte Malcolm.
Der
Tyrannosaurier am Fenster gab ein paar Grunzlaute von sich, gefolgt von einem
langen, drohenden Knurren. Es war das Weibchen.
»Sarah –«
Aber sie war
bereits aufgestanden und sah den Tyrannosaurier voll an. Und sie begann, mit
dem Muttertier zu reden. »Alles in Ordnung«, sagte sie mit sanfter,
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