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Vergessene Welt

Vergessene Welt

Titel: Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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kletterte
wieder zu Malcolm hinunter und stützte sich so ab, daß sie neben ihm stehen konnte.
»Ian«, sagte sie.
    »Ich weiß«,
erwiderte er und schüttelte den Kopf.
    »Ian, wir müssen
raus hier.« Sie faßte ihn unter den Achseln und zog ihn in die Höhe. »Und du
kommst mit mir.«
    Wieder
schüttelte er niedergeschlagen den Kopf. Sie hatte diese Geste schon früher in
ihrem Leben gesehen, dieses hoffnungslose Kopfschütteln, dieses Aufgeben. Und
sie haßte es. Sarah Harding gab nie auf. Niemals.
    Malcolm ächzte.
»Ich kann nicht …«
    »Du mußt«, sagte
sie.
    »Sarah …«
    »Ich will nichts
hören, Ian. Es gibt nichts zu besprechen. Und jetzt los.« Sie zog ihn, und er
stöhnte, richtete sich aber auf. Sie zog fester und bekam ihn vom Tisch. Als es
blitzte, schien Malcolm sogar neue Kraft zu schöpfen. Er schaffte es, sich mit
dem Gesicht zum Tisch auf eine Stuhlkante zu stellen. Er schwankte, aber er
stand. »Was tun wir jetzt?«
    »Ich weiß es
nicht, aber irgendwie müssen wir hier raus … Gibt es irgendwo ein Seil?«
    Er nickte
schwach.
    »Wo?«
    Er deutete
direkt nach unten, zu der jetzt in der Luft hängenden Schnauze des Caravans.
»Dort unten. Unter dem Armaturenbrett.«
    »Dann komm.«
    Sie beugte sich
vor und spreizte die Beine, bis sie sich am gegenüberliegenden Wagenboden abstützen
konnte. Sie stand da wie ein Kletterer in einem Felskamin. Sieben Meter unter
ihr lag das Armaturenbrett.
    »Okay, Ian. Los
geht’s.«
    »Ich kann das
nicht, Sarah«, sagte Malcolm. »Ernsthaft.«
    »Dann halt dich
an mir fest. Ich trage dich.«
    »Aber –«
    »Sofort,
verdammt noch mal.«
    Mit zitternden
Armen griff er nach allem, woran er sich festhalten konnte, und stemmte sich
hoch. Er zog das rechte Bein nach. Dann spürte sie sein Gewicht auf sich, so
unvermittelt und schwer, daß sie beinahe den Halt verloren hätte. Seine Arme
umklammerten ihren Hals und schnürten ihr die Kehle ab. Sie keuchte auf, griff
mit beiden Händen nach hinten, umfaßte seine Schenkel und hob ihn hoch, während
er den Griff um ihren Hals lockerte. Nun konnte sie wieder atmen.
    »Sorry«, sagte
er.
    »Schon gut. Los
geht’s.«
    Sarah fing an,
in die Tiefe zu klettern, wobei sie sich an allem festhielt, was ihre Hände erreichen
konnten. An einigen Stellen gab es Haltegriffe, und wenn es keine gab, klammerte
sie sich an Schubladenknäufe, Tischbeine, Fensterriegel, ja sogar an den
Teppichbelag des Bodens, den sie mit ihren Fingern aufriß. An einer Stelle
löste sich ein breiter Streifen aus dem Teppich, und sie rutschte ab, bis sie
mit weit gespreizten Beinen wieder Halt fand und so den Sturz bremsen konnte.
Malcolm auf ihrem Rücken keuchte, seine Arme um ihren Hals zitterten. »Du bist
sehr stark«, sagte er.
    »Aber immer noch
feminin«, erwiderte sie sarkastisch.
    Sie war nur noch
drei Meter vom Armaturenbrett entfernt. Dann eineinhalb. Sie fand einen
Wandgriff, hängte sich daran und ließ die Beine baumeln. Ihre Füße berührten
das Lenkrad. Dann ließ sie sich aufs Armaturenbrett sinken und legte Malcolm
behutsam ab. Schwer atmend lag er auf dem Rücken.
    Der Caravan
schwankte und ächzte. Sie tastete unter dem Armaturenbrett herum, fand eine
Werkzeugkiste und öffnete sie. Metallwerkzeuge fielen klappernd heraus. Und da,
endlich, war auch ein Seil. Ein Halbzoll-Nylonseil, mindestens 15 Meter lang.
    Sie stand auf
und starrte durch die Windschutzscheibe zu dem tief unter ihr liegenden
Talboden hinunter. Direkt neben sich sah sie die Fahrertür. Sie zog am Griff
und stieß sie auf. Die Tür schepperte gegen die Seitenwand des Caravans, und
Sarah spürte Regen auf ihrem Gesicht.
    Sie beugte sich
hinaus und sah die Flanke des Caravans hoch. Von ihrem Standpunkt aus konnte
sie nur glatte Blechverkleidung erkennen, nichts, woran man sich festhalten
konnte, aber an der Unterseite des Caravans mußte es Achsen, Kästen und
ähnliches geben, worauf man stehen konnte.
    Sie hielt sich
am feuchten Metall des Türrahmens fest, beugte sich noch weiter hinaus und
versuchte, sich die Unterseite des Caravans anzusehen. Im selben Moment hörte
sie ein metallisches Klappern, und dann hörte sie jemanden »Endlich!« sagen.
Eine stämmige Gestalt tauchte plötzlich vor ihr auf. Es war Thorne, der am
Fahrgestell des Wagens hing.
    »Um Himmels
willen«, rief er. »Worauf warten Sie denn, auf eine schriftliche Einladung? Los
geht’s!«
    »Es ist Ian«,
sagte sie. »Er ist verletzt.«
     
    Typisch, dachte Kelly und sah zu Arby hinüber.
Immer

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