Verirrte Herzen
damit verbundene Selbständigkeit hatte sie nicht so schnell wieder aufgeben wollen.
Mit ihrem Ex-Mann war sie damals ziemlich übereilt zusammengezogen, was, wie sich später herausstellte, keine gute Idee gewesen war. Viel zu schnell, Anne war gerade 23 Jahre alt, hatte sie sich vor dem Traualtar wiedergefunden. Ihre Ehe war eigentlich von Beginn an eine Katastrophe, das Gefühl zwischen ihr und Peter höchstens Freundschaft gewesen. Es gab keine Leidenschaft, keine Schmetterlinge im Bauch, keine große Liebe. Sie passten kein bisschen zusammen, doch das bemerkten sie erst, als es zu spät war.
Schon kurz nach der Hochzeit fühlte sich Anne unglücklich und ungeliebt. Als sie endlich den Entschluss gefasst hatte, sich von Peter zu trennen, wurde sie schwanger. Sie wollte ihr Kind nicht ohne Vater großziehen, und Peter hatte ihr versprochen, mehr auf sie einzugehen, sich gut um seine Familie zu kümmern. Es sollte alles anders und besser werden, sie wollten versuchen doch noch zueinander zu finden.
Nicht einmal ein paar Monate hielt Peter durch, und kaum war Lilly auf der Welt, war alles beim alten und noch schlimmer. Anne hatte nun endgültig genug von ihm, sie erkannte, dass ihre Liebe ein einziger Selbstbetrug gewesen war und reichte die Scheidung ein. Es gab keinen großen Streit zwischen ihnen. Auch Peter hatte eingesehen, dass sie keine gemeinsame Zukunft haben würden. Es fiel ihm jedoch schwer, Lilly ziehen zu lassen, denn er hing sehr an seiner kleinen Tochter.
Zunächst zog Anne mit Lilly zu ihren Eltern, bis sie eine gemütliche Wohnung fand, die sie sich von Peters großzügigem Unterhalt leisten konnte. Erst ein Jahr später war sie mit Lilly dann doch zu Caro gezogen.
Alles schien immer noch so unglaublich, so unglaublich schön und perfekt. Nur Caros Arbeitswut, die dazu führte, dass sie manchmal zu vergessen schien, dass Anne zu Hause auf sie wartete, trübte ihr Glück ein wenig.
Vom ersten Augenblick an hatte Anne gewusst, dass es mit Caro etwas ganz Besonderes war. Noch niemals vorher hatte sie sich in eine Frau verliebt, nie hatte sie sich darüber Gedanken gemacht. Und als es dann passierte, ließ sie es einfach mit sich geschehen. Zwar war sie etwas unsicher, ob sie wirklich mit einer Frau zusammensein konnte, und eigentlich hatte sie sich vorgenommen, zunächst ein erfülltes Single-Dasein zu führen, aber dann war sie von ihr bis dahin unbekannten Gefühlen so überwältigt worden, dass sie wusste, es gab keine andere Entscheidung, als sich auf eine Beziehung mit Caro einzulassen.
Schon als Kind hatte Anne gelernt, dass sie immer das tun sollte, was sie glücklich machte. Und lange genug hatte sie genau das Gegenteil davon getan. Erst jetzt wusste sie, was sie glücklich machte, und das war Caro.
Zunächst hatte sie Angst davor, wie ihre Eltern und ihre Freunde und Freundinnen reagieren würden, aber ihre Befürchtungen erwiesen sich als unnötig. Alle reagierten durchweg positiv auf Annes neue Partnerin. Sie waren zwar überrascht, aber sie freuten sich für Anne. Nur Peter war wenig angetan von ihrer Beziehung zu Caro, aber auch er respektierte sie zumindest und musste zähneknirschend zugeben, dass er Anne in ihrer gemeinsamen Zeit niemals so glücklich und zufrieden erlebt hatte.
Glücklicherweise war es auch für Lilly kein Problem, plötzlich von Caro mitversorgt zu werden. Im Gegenteil, sie freute sich, dass sich ein weiterer Mensch so intensiv und liebevoll um sie kümmerte und schloss Caro schnell in ihr Herz.
Zu ihrem Vater hatte Lilly ebenfalls einen guten Kontakt, gelegentlich unternahmen sie etwas gemeinsam, oder sie verbrachte das Wochenende bei Peter. Anne war davon überzeugt, dass die Zeit mit ihrem Vater sehr wichtig war für Lilly, und sie freute sich, dass Peter seine Tochter so abgöttisch liebte.
»Puzzelst du ein bisschen mit mir?« Lilly sah ihre Mutter bettelnd an, während sie mit einem buntbedruckten Karton vor ihr stand.
»Warte einen Moment, ich muss erst unseren Einkauf wegräumen. Du kannst ja schon alles auspacken und vorbereiten. Ich komme dann gleich zu dir, dann habe ich Zeit«, versprach Anne. Sie bemühte sich so oft es ging mit Lilly zu spielen und genoss ihre gemeinsamen Stunden sehr.
Lilly konnte sich kaum noch gedulden.
Dann machten sie sich gemeinsam an die Arbeit, einen Bauernhof Stück für Stück zusammenzusetzen. Fast zwei Stunden vergingen, bis sie ihr vollendetes Kunstwerk endlich bestaunen konnten.
»So, Lilly, jetzt muss ich
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