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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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geschätzt zu werden, dass er sich dafür in Gefahr, sogar in Todesgefahr, begab? Wie wäre es, sich von diesen seinen Armen umfangen zu fühlen, eng umfangen …
    Wie närrisch! Wie anstößig! Was würde Wallace sagen, wenn er ihre unziemlichen Gedanken lesen könnte? Hastig riss sie ihre Hand fort und sprang auf. Alberne Mädchenträume! Wenn es nach ihrem Bruder ginge, würde sie als Gattin eines seiner trinkfreudigen, öden, abstoßenden Kumpane enden. Schluss mit dem Geseufze und den Wunschvorstellungen eines Schulmädchens angesichts eines schönen Mannes. Und wo sollte sie wohl einen Mann wie diesen kennenlernen? Nie im Leben würde sie Wallace überreden können, ihr eine Saison in London zu spendieren. Oder wenigstens in Brighton.
    „Wo ist sie? … Sie haben versprochen … kann sie nicht im Stich lassen.“
    Angesichts seiner offensichtlichen Pein konnte Harriette nicht anders, sie strich ihm das wirre Haar aus der Stirn. „Nur ruhig … Sie sind versorgt.“ Wie aufgewühlt er war!
    „Helfen Sie mir …“, stöhnte er, dann senkten sich die Lider mit den langen, dunklen Wimpern erneut.
    „Aber ja. Und nun schlafen Sie.“ Sie drückte sanft seine Hand und spürte, wenn auch schwach, dass er den Druck erwiderte, spürte, wie sich seine Finger wie besitzergreifend um die ihren schlangen, als ob ein unlösbares Band zwischen ihnen bestünde.
    Ihr Herz pochte schneller in ihrer Brust, sie sog einen zitternden Atemzug ein; in diesem einen Augenblick wollte sie nur eines, hier an seiner Seite bleiben, ihn trösten, seine Schmerzen lindern.
    Du bist verliebt! , flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf. Du hast dich in ihn verliebt.
    „Nein, habe ich nicht! Natürlich nicht!“, sagte sie laut, während sie ihre Hände hastig hinter dem Rücken versteckte wie ein kleines Mädchen, das bei einer Missetat erwischt worden war – und damit sie ihn nicht abermals berührte, wonach es sie sehnlich verlangte. „Wie kann ich bloß so albern sein!“ Doch ihr Atem ging keuchend, ihr Gesicht brannte, und das Blut rann ihr stürmisch durch die Adern und erhitzte jeden Teil ihres Körpers.
    „Na, Miss Harriette? Bedauern Sie schon, ihn hergebracht zu haben?“ George Gadie kam und schaute auf das Bett nieder. „Aber er wird’s überleben, glaub ich.“
    „Mehr können wir jetzt auch nicht tun.“ Harriette fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, mimte jedoch Gleichgültigkeit. Sie ärgerte sich über sich selbst und betete stumm um eine Portion Vernunft. „Lassen wir ihn in Ruhe. Wir werden sehen, ob er sich erholt. Eins der Mädchen – Jenny – kann sich hersetzen und auf ihn aufpassen.“
    „Wenn Sie mich dann nicht mehr brauchen, komm ich morgen wieder, Captain.“
    „Du hast heute schon genug für mich getan, George.“ Dankbar legte sie ihm ihre Hand auf den Arm. „Geh nur, deine Frau soll wissen, dass alles gut gegangen ist. Es war ein feiner Törn.“
    „Ja, das war’s. Ich hoffe nur, dass der hier Ihnen nicht mehr Ärger macht, als er wert ist. Vielleicht hätten wir ihn doch ins Gasthaus schaffen sollen, wie Mr. Alexander vorschlug.“
    „Hättest du Gabriel in einem solchen Fall in Mr. Babbacombes Hände gegeben?“
    Zwar bestand Georges Antwort nur aus einem Grunzlaut, der aber alles sagte. Harriette wandte sich an Jenny, die eben hereinkam. „Wenn er aufwacht oder sein Zustand sich verschlimmert, schick nach mir“, erklärte sie ihr. „Vermutlich wird er aber die Nacht durchschlafen und vielleicht noch länger.“
    Nachdem das Mädchen sich, mit einem Korb Nähzeug bewaffnet, auf dem Stuhl neben dem Bett niedergelassen hatte, ging sie hinaus und langsam die Stufen hinab, in Gedanken immer noch bei dem Mann, der die erstaunliche Macht besaß, ihr Blut in Wallung zu bringen. Auf halber Treppe kam ihr Meggie schwerfällig entgegen, unter jedem Arm einen Weidenkorb.
    „Na, Miss Harriette, um was geht’s denn?“, keuchte sie.
    Harriette winkte ihr. „Komm mit, du wirst schon hören.“ Der älteren Frau voran stieg sie zurück in den ersten Stock zu dem Schlafzimmer, das sie benutzte, wenn sie ihrem Bruder und seiner herrischen Frau für eine Weile entkommen wollte. Was Sauberkeit und Möblierung anging, war es kaum besser als das, in dem sie den Fremden untergebracht hatte, doch an den mangelnden Komfort gewöhnt, beachtete sie das gar nicht, sondern schritt unverzüglich zum Fenster, das einen weiten Ausblick über die Bucht und die atemberaubende Küstenlandschaft bot.
    Meggie,

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