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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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in die Stirn gezogene Wollmütze, schwere Stiefel, weite Hosen, ein grobes, kittelartiges Hemd, alles ausgebleicht und salzverkrustet – und nahm den Stuhl am Bett ein.
    Lucius fand sich von einem Paar kühl blickender Augen gemustert, so hellgrau, dass sie fast silbern wirkten.
    „Sie sind wach.“
    „Ja. Wo bin ich?“, fragte er erneut.
    „In Old Wincomlee. Ein Fischerdorf in Sussex, einige Meilen von Brighton entfernt. Sie werden es kaum kennen. Dies hier ist mein Besitz. Lydyard’s Pride.“
    Der junge Mann, vielleicht eher noch ein Jüngling, sprach ernst, doch mit erstaunlich gebildetem Tonfall und Ausdruck.
    Im Zweifel, was seine momentanen geistigen Fähigkeiten anging, runzelte Lucius die Stirn. „Wer sind Sie?“, fragte er.
    „Mein Name ist Harry Lydyard.“
    „Sie haben mich von Frankreich hierher gebracht?“
    „Ja. Sie waren verletzt.“
    „Dann verdanke ich Ihnen mein Leben.“
    „Möglich. Sie haben mein Deck ziemlich vollgeblutet.“ Kurz verzog er den Mund zu einem Lächeln, ehe er wieder ernst wurde und mit scharfer Stimme fragte: „Was hatten Sie in Port St Martin zu tun? Warum hat man Sie überfallen?“
    „Ich …“ Lucius suchte nach Worten. Schuldete er seinem Retter nicht eine Erklärung? Doch er merkte, dass ihm die passenden Worte fehlten. Was ihm auf der Zunge lag, durfte er nicht aussprechen! Wem konnte er denn noch trauen? Er ahnte, dass er sich verdächtig gemacht hatte.
    „Auf dem ganzen Weg hierher waren Sie bewusstlos, aber Sie haben etwas gesagt. Es klang, als suchten Sie jemanden. Eine Frau, glaube ich …“
    Er schüttelte den Kopf, zuckte zusammen und ächzte laut.
    „Ich sehe, Sie zögern mit der Antwort, also muss ich meine eigenen Schlüsse ziehen.“ Die grauen Augen schauten noch strenger, durchbohrend, verächtlich, und der Tonfall verurteilte.
    „Sagen wir, eine geschäftliche Angelegenheit.“ Mehr fiel ihm nicht ein.
    „Ein Geschäft, aus dem Sie halb tot hervorgingen, mit einer Kugel im Arm, einem Loch im Kopf und leeren Taschen?“
    Das jugendliche Gesicht, das vor seinen Augen zu verschwimmen begann, zeigte eine sarkastische Miene.
    „Sieht so aus.“ Jäh erinnerte er sich an die Ballen, Fässer und Kisten in dem kleinen Boot. „Sie waren im Freihandel unterwegs? Schmuggel?“
    Die Antwort kam beißend. „Ja.“
    „Für einen Schmuggler sind Sie recht jung“, meinte Lucius, obwohl er nicht wusste, wieso das für ihn wichtig sein sollte.
    „Nicht zu jung, um es nicht hinzukriegen. Ich bin ein hervorragender Schmuggler.“
    Der junge Mann stand auf, neigte sich über ihn und untersuchte die Verletzungen. Mit festen, aber sanften Fingern tastete er behutsam die Wunden ab, trotzdem blieb der Eindruck, dass er nicht sonderlich viel Mitleid empfand. „Sie werden es überleben. Die Kugel im Arm schlug glatt durch das Fleisch. Und Ihr Kopfweh kommt von dem Schlag auf den Kopf – eine Platzwunde. Sie haben einiges Blut verloren, aber Sie sind kräftig. Morgen werden Sie wieder auf den Beinen sein.“
    Im Augenblick jedoch fühlte Lucius sich elendig schlapp, und ihm fielen schon wieder die Augen zu, sosehr er auch dagegen ankämpfte. Nicht dass er sich um den abfälligen Blick des Schmugglers scherte, aber er hasste seine ungewohnte Schwäche. Mühsam stammelte er: „Tut mir leid, mein Kopf weigert sich, ordentlich zu denken …“ Da war etwas, etwas Wichtiges, Dringendes. Unruhig knetete er mit den Fingern das Laken. „Ich muss aufstehen. Man wird mich suchen, wenn …“
    „Unmöglich, Sie sind zu schwach …“
    „Ich muss fort.“
    „Ein Weilchen müssen Sie schon bleiben. Schlafen Sie; beim nächsten Aufwachen wird es Ihnen besser gehen.“
    Und da ihm sowieso nichts anderes übrig blieb, gehorchte Lucius Hallaston dem Schmuggler.
    Harriette blieb an seinem Bett sitzen. Ihre Reaktion auf den Mann verwirrte sie. Sie bezweifelte, dass er sich an gar nichts erinnern konnte und deshalb ihre Fragen nicht beantwortete. Offensichtlich wollte er nicht antworten. Irgendein Geheimnis umgab ihn. Bestimmt war er doch ein Spion, und sie sollte ihn dafür verdammen, aber in seinem Gesicht hatte Furcht geschrieben gestanden – vielleicht aber auch nur, wie ein Mann sich eben fürchtete, der überfallen und angeschossen worden war. Und natürlich hatte man seine Besorgnis gespürt – um eine Frau –, das hatte er nicht geleugnet, nicht wahr? Die Arme verschränkt, lehnte sie sich zurück und sah skeptisch auf den Schlafenden nieder, unfähig, ihre

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