Verrat der Welten - Niven, L: Verrat der Welten - Betrayer of Worlds
vermochte, blickte er in die Klarheit des Himmels, um dort Gelassenheit zu finden. Dort segelten Vögel und die einheimischen Äquivalente: Sie ließen sich von den Aufwinden über den Ebenen hoch hinauf ins Blau tragen. Auch dieser Anblick half Nathan nicht.
Im Lager der Widerständler hatte Nathan jede Menge verstohlener Blicke auf sich gezogen. Die Rebellen trauten ihm nicht so ganz – und trotzdem war er jetzt hier. Vielleicht hatten sie es vorgezogen, ihn lieber nicht unbewacht im Lager zurückzulassen. Vielleicht aber hatte sich ihr Misstrauen ihm gegenüber ja auch gelegt. Oder vielleicht wollten sie einfach ausprobieren, ob er in den Dschungel flüchten würde, hätte er die Gelegenheit dazu. (Ob sie ihn gehen lassen würden? Nathan war alles andere als überzeugt davon.)
Wie auch immer: Seine Anwesenheit hier war ein Test.
Da – aus der Ferne drang, noch nur eine Andeutung, das Dröhnen von Motoren und das Klirren von Metall an Nathans Ohr. Dann konnte er in der Tiefe eine schmutzig braune Staubwolke ausmachen, die über der Ebene vor der Schlucht hing, ganz weit weg noch, dort, wo der Dschungel die Straße verschluckte.
Das Ziel näherte sich.
Die Aristokraten, die führenden Familien auf Wunderland, hatten den Raum um den Planeten mit jedem Tag, der verging, mehr im Griff. Nathan – und vor allem die Besatzung seines ehemaligen Schiffes – hatten das auf die harte Tour lernen müssen. Spionage-Satelliten vermochten selbst das kürzeste Getuschel über Funk aufzufangen und nachzuverfolgen. Daher war jetzt links von Nathans Position, dort, wo Logan, der Anführer der Partisanen-Gruppe verborgen lag, eines der elementarsten Signale zu hören, das es seit Menschengedenken gab: das leise Pfeifen eines Vogels.
Macht euch bereit!
Nathan pfiff, so gut es ging, eine Bestätigung zurück. Er wusste ja nicht einmal, was er da gerade zu imitieren versuchte. Noch mehr so genanntes Vogelgezwitscher war rechts von ihm zu hören und von jenseits der Schlucht. Über ihren improvisierten Panzerungen trugen die Partisanen Tarnanzüge. Selbst mit Hilfe der Pfiffe war es Nathan nicht möglich, auch nur einen der Kämpfer auszumachen. Nathans Pfiff mitgerechnet hatte es sieben Bestätigungen gegeben.
In dieses Kreuzfeuer zu geraten wäre sicherlich tödlich.
Nathan ging noch einmal durch, was er während des Trainings gelernt hatte – kaum mehr als »Wenn was reflektiert, schieß ja nicht« und »Wenn du den Gegner sehen kannst, geh davon aus, dass er dich auch sehen kann«. Nathan hob das Lasergewehr an die Schulter. (Es hatte auch eine Trainingseinheit gegeben, wo man gezeigt bekam, wie man mit Improvisationstalent Bomben aus haushaltsüblichen Chemikalien herstellen konnte. Bomben herzustellen war für Nathan der blanke Horror gewesen. Er hatte alles darangesetzt, die Lektion dieser Trainingseinheit Theorie bleiben zu lassen. Seine Hände hatten so gezittert, dass andere die Bomben zusammengemischt hatten, die jetzt tief unten in der Schlucht verborgen lagen.) Durch das Zielfernrohr folgte Nathans Blick der Straße. »Straße« war eine Übertreibung. Eigentlich war da nämlich kaum mehr als ein Pfad, der sich durch das Felsgewirr am Grunde der Schlucht schlängelte. Wo die Straße im Dschungel verschwand, wiegten sich Beinahe-Bäume im Wind.
Die ersten Fahrzeuge tauchten auf: Zugmaschinen, Lastschweber, Pritschenwagen. Alles Zivilfahrzeuge. Menschen saßen dicht gedrängt auf den Ladeflächen oder hockten, eine bedenklich instabile Sitzposition, auf den Kanten der Pritschenseitenwände. Viele trotteten zu Fuß neben den Fahrzeugen her. Nur ein paar Minuten noch, und der Konvoi bewegte sich in den Canyon hinein. In die Falle.
Vögel folgten dem Konvoi hoch in der Luft, im gleißenden Sonnenlicht nur undeutlich zu erkennen. Ihre Anwesenheit hatte nichts zu bedeuten, zumindest vielleicht nicht.
In Nathans Augen waren es Geier.
Nathan maximierte den Vergrößerungsfaktor und sah mehr Frauen und Kinder als Männer im Konvoi. Ängstlich blickten alle immer wieder über die Schulter den Weg zurück, den sie gekommen waren. Nathan entdeckte ein paar Hunde und sogar ein Pferd mit einem Senkrücken. Hier und da sah Nathan jemanden ein Jagdgewehr umklammern. Aber das alles machte diese Menschen nicht zum Feind. Wer schon würde sich in diese Wildnis unbewaffnet hineinwagen?
Nathan zoomte noch näher heran und blickte in müde Gesichter. Die Hälfte der Erwachsenen wirkte alt . Boosterspice gab es im Überfluss,
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