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Verrückte Lust.

Verrückte Lust.

Titel: Verrückte Lust. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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fiel, fing der Bart Feuer, und das Gesicht des Alten verbrannte bis auf die Knochen… Schließlich träumte er, daß er in Paris war. Die Straße, auf der er stand, war verlassen, bis auf zwei Prostituierte und einen Polizisten, der ihnen wie ein Zuhälter folgte. Am Ende der Straße war ein Flimmern von Lichtern; er konnte ein Karussell unter einer gestreiften Markise und eine kleine Grünfläche mit Marmorstatuen erkennen, die Faune darstellten. Die Löwen und Tiger unter der Markise standen steif da – ihre Rücken waren mit Gold und Elfenbein verziert. Reglos standen sie da, während die Musik ertönte und der Springbrunnen Regenbogenfarben verspritzte.

    Er stand auf und ging direkt zum »Caravan«. Hildred war noch nicht da – es war noch viel zu früh zum Frühstücken. Er kaufte sich eine Zeitung und machte sich auf den Weg zum Washington Square. Ein paar verspätete Arbeiter hasteten vorbei. Er setzte sich auf eine Bank. Idiotisch, um diese Tageszeit hier zu sitzen und die Füße auf dem leeren Platz von sich zu strecken. Er sah sich lustlos um. Alle, die arbeiteten, waren an ihrem Arbeitsplatz. Die Faulpelze lagen leise schnarchend in ihren Betten. Viel zu früh zum Frühstücken!
     Die Luft war kühl und erfrischend. Sie war umsonst… man brauchte keinen Penny dafür zu bezahlen… nichts. Und Vanya war also krank. Die Vorstellung, daß dieses Trampel krank war, erschien ihm lächerlich. Sicher, Frauen hatten ihre Probleme, besonders wenn der Mond und die Gezeiten eine mystische Verbindung eingingen. Aber dennoch… In der Encyclopaedia Britannica stand, es gebe keine menschlichen Hermaphroditen. Ein Hermaphrodit war ein Wesen, das sowohl Hoden als auch Eierstöcke besaß. So weit, so gut. Aber Hildred kannte eine Frau im »Caravan«, die einen kleinen Schwanz hatte. Das wußte sie, weil jemand die junge Dame ohne Slip gesehen hatte. Höchstwahrscheinlich eine andere junge Dame…
     Als er zum »Caravan« zurückkehrte, saßen an einem der Tische drei Leute: ein kleiner Junge, eine Frau von unbestimmtem Alter, die anscheinend die Mutter des Jungen war, und ein älterer Mann mit einem habgierigen Gesichtsausdruck, der damit beschäftigt war, in seinen Zähnen zu stochern. Er bemerkte, daß der Junge unglücklich war. Es erschien ihm absurd, daß Leid sich bereits in einem so jungen Alter bemerkbar machte. Es ging ihm einfach nicht in den Kopf.
     Die Kellnerin kam und nahm seine Bestellung auf. Ihr Gesicht sah frisch und ausgeruht aus. Rote Apfelbäckchen und breite, samtige Striche über den Augen. Wunderbar, einmal Augenbrauen zu sehen, die tatsächlich aus Haaren bestanden.
     Er fragte, ob Hildred schon dagewesen sei. Nein, bisher habe sich keine der Frauen sehen lassen. »Ich bin die einzige«, sagte sie lächelnd. »Morgenstund hat Gold im Mund.«
     Gold? Dieser Ausdruck erschien ihm bemerkenswert gedankenlos. Er wandte den Blick ab und sah die Mutter des Jungen, die den alten Mann anlächelte, als hätte sie in seinen Augen die Auferstehung gesehen. Hin und wieder ermahnte sie den Jungen, er möge bitte essen, aber der verdrehte bloß pathetisch die Augen und schüttelte seinen kleinen Pudelkopf.
     Tony Bring sah wieder die Mutter an. Seltsam, dachte er, daß Frauen sich so gern wie Huren benehmen. Letzten Endes waren sie alle Huren, jede einzelne, selbst die Engel.
     Nach und nach erschienen die Zehn-Uhr-Frühstücker: nervöse, verdrießliche kleine Männer, die geistesabwesend wirkten und ihre Teller mit Brotstückchen abwischten; grobe, dicke Frauen, die im Lauf der Jahre morsch geworden waren wie primitive Götzenbilder, die man ausgegraben hatte; blumengeschmückte Dandies mit abstoßenden Gesichtern, die ihn unangenehm an Illustrationen in medizinischen Merkblättern erinnerten. Er betrachtete alles mit scharfer Wachsamkeit, mit einem grausamen, unbarmherzigen Blick. Ein alter Lebemann hinter ihm beschwor die rotwangige Kellnerin, ihm zu sagen, was sie von Hühnerbrüstchen halte. Wenn Hildred hier wäre, dachte er, würde sie diesem geilen alten Kerl schon Bescheid geben. Hühnerbrüstchen!
     Langsam trudelten die anderen Kellnerinnen ein. Sie gähnten und niesten, bevor sie auch nur einen Teller anrührten. Eine von ihnen setzte sich ans Klavier und begann, auf den vergilbten Tasten zu klimpern. Die Töne tropften von ihren Fingern wie Kondenswasser von einer Wand. Mit sonderbarer, quäkender Stimme sang sie: »O there's Egypt in your dreamy eyes«. Der hingerissene Ausdruck, den

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