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Verschwörung auf Burg Schreckenstein

Verschwörung auf Burg Schreckenstein

Titel: Verschwörung auf Burg Schreckenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Beatrix nach.
    In Mauersäges Westflügelhälfte tauchten Köpfe an den Fenstern auf, unfrisierte Ritterköpfe. Wohlwollend betrachteten sie die Mädchenschar.
    Da erschien an einem Fenster im darüberliegenden Geschoß ein weiterer Kopf, mit schmaler Nase, glattem, in der Mitte gescheiteltem Haar und einem Knoten im Nacken: Fräulein Doktor Horn. Auch ihr Blick ruhte wohlwollend auf der bewegten Schar zwischen den Hecken und Beeten. Doch plötzlich schien sie zu erstarren. Einem ausgestopften Vogel nicht unähnlich, stand sie am Fenster und verschwand dann schlagartig, wie der Kasperl im Puppentheater.
    Zuerst glaubte Fräulein Doktor Horn, nicht recht gesehen zu haben. Aber ihre Augen trogen nicht. Als sie auf den Flur trat, kamen gerade der kleine Egon und der kleine Kuno in Schlafanzügen vorbei.
    „Guten Morgen“, sagten sie höflich.
    Fräulein Doktor Horn klapperte mit der Kinnlade: „Was... was tut ihr denn hier?“
    „Wir gehen uns waschen“, antwortete der kleine Kuno.
    Jetzt sah sie wieder aus wie ein ausgestopfter Vogel.
    „Die Zähne putzen wir uns selbstverständlich auch“, ergänzte der kleine Egon und zeigte ihr die Zahnbürste, die er in der Hand hielt.
    „Wo sind die Mädchen?“ Fräulein Doktor Horns Stimme drohte überzukippen. „Wo sind meine Mädchen?“
    „Die Mädchen?“ fragte der kleine Kuno zurück. „Vermutlich drüben. Es ist ja immer alles abgesperrt.“
    Schon bekam er Angst vor der eigenen Frechheit, aber Fräulein Doktor Horn rügte ihn nicht. Sie war davongestürmt, die Treppe hinunter, in Mauersäges Nordflügel. Dort kamen ihr die Ritter rudelweise entgegen und alle wünschten ihr einen guten Morgen.
    Mit zitternden Nasenflügeln riß sie die Tür von Esthers Zimmer auf: das Hinterteil des kleinen Herbert glänzte ihr entgegen; sie lief in Sabines Zimmer und wäre fast gefressen worden: Erich stand da und gähnte wie ein Flußpferd.
    „Wo sind meine Mädchen?“ kreischte Fräulein Doktor Horn und stob wie eine Irre weiter, bis sie gegen eine weiche Masse prallte.

    „Wo sind denn die Mädchen?“ fragte die Masse. Es war Fräulein Böcklmeier.
    „Das frage ich Sie!“ herrschte Fräulein Doktor Horn die dicke Lehrerin an und raste, ohne eine Antwort abzuwarten, die nächste Treppe hinunter zum Duschraum. Wieder riß sie die Tür auf und bekam zum drittenmal ihre Vogelstarre.
    Im Wasserdampf nur schemenhaft zu erkennen, drängten sich Ritter über Ritter unter den Duschen und sangen im Walzerrhythmus:
    Horn, Horn, nur du allein,
    du sollst die Frau meiner Träume sein!
    „Pfui, pfui!“ rief die Frau der angeblichen Ritterträume, rannte die Treppe wieder hinauf, wobei ihr von überall höfliche Guten-Morgen-Wünsche entgegenschallten. Auch im Rittersaal, in den sie stürzte, empfing sie ein mehrstimmiges Guten Morgen!
    Anschließend fuhr eine Stimme mit Gymnastikanweisungen fort: „...und beugt und streckt und drei und vier und rechts und links und heiß und kalt...“
    Vor der Treppe zur Verbindungstür mit dem Sicherheitsschloß standen breit gefächert Stephan, Werner, Strehlau, Walter, Wolf, Rolf, Dolf und Olf, Pummel und Eugen. Ihnen gegenüber, mit dem Rücken zu Fräulein Doktor Horn, der Leiter der Frühgymnastik: Mücke.
    „Wo sind meine Mädchen?“ rief die Vogelköpfige schrill und ruderte zwischen kreisenden Armen hindurch zur Treppe.
    „Da ist zu!“ meldete Mücke aufmerksam. „Erst um fünf nach halb acht wird aufgemacht. Laut Hausordnung!“
    Fräulein Doktor Horn drehte sich um, eine zitternde Hand noch nach der Türklinke ausgestreckt und starrte Mücke an. Jetzt sah sie aus wie eine Hexe.
    „Was habt ihr mit meinen Mädchen gemacht?“ kreischte sie. Stephan, der ihr am nächsten stand, hob beide Hände zu fragender Geste und sagte: „Seit dem Feueralarm haben wir sie nicht mehr gesehen.“
    „Feuer?“ Fräulein Doktor Horns Kinnlade schlackerte.
    „So gegen ein Uhr früh“, erklärte Pummel ruhig. „Bei uns hat alles gebrannt. Lochterlih... Ich meine natürlich lichterloh.“
    Fräulein Doktor Horn konnte nicht mehr sprechen.
    Und da es ja offiziell kein Streich war — bei dem niemand erschreckt werden darf — heizte Stephan ihr weiter ein. „Jaja“, sagte er. „Wir mußten uns in Sicherheit bringen.“
    „Und meine Mädchen?“ hauchte sie nur noch.
    „Die mußten sich logischerweise auch in Sicherheit bringen“, erklärte Mücke todernst und deutete zur Tür.
    Jetzt war sie vollends durcheinander: „Ich denke, bei euch

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