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Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Lebensgefahr. Sie wollten das beenden. Sie wollten Hagen weghaben. Egal wie. Nicht wahr?«
    Zygfryd sagte nichts, rührte sich nicht, blickte weiterhin zu Boden.
    »Aber sie wollten nicht, dass Lenka erfährt, wer Hagen verraten würde. Sie hatten Angst, sie zu verlieren. Wenn sie herausfinden würde, dass Sie ihr Vertrauen missbraucht hätten, würde sie gehen, nicht wahr? Sie würde einfach auf einen Zug Richtung Westen aufspringen, und Sie würden sich nie mehr wiedersehen. War es so?«
    »Sag nichts«, antwortete Lenka an seiner statt. »Du musst dich vor niemandem verantworten.«
    »Doch.« Zuzanna wies auf Marek. »Vor ihm. Sie, Zygfryd Kosecki, haben ein Kind dazu gebracht, einen Menschen zu verraten und in den sicheren Tod zu schicken.«
    Lenka sah fassungslos von ihrem Großvater zu Zuzanna. »Was reden Sie da? Er hat den Orden bekommen, weil er bei der Repatriierung große Verdienste erlangt hat! Er hat Mord und Totschlag verhindert !«
    »Haben Sie das so Ihrer Frau erzählt?«
    Zygfryd nickte.
    »Wann sind die Zielińskis nach Janekpolana gekommen?«
    »Juni fünfundvierzig«, sagte Jacek. Er saß breitbeinig auf dem Stuhl und ließ sich nichts anmerken. Allein der Klang seiner Stimme verriet ihn. Sie war rau und heiser.
    Zuzanna öffnete die Mappe. Kopien des Briefes lagen bereits bei Krajewski und Sobczak. Zygfryd würde halbwegs heil aus der Sache herauskommen. Belangt werden könnte er höchstens, weil er die dreißigtausend Euro aufbewahrt hatte. Noch nicht einmal dessen war sie sich sicher. Wem gehörte das Geld? Den Nowaks? Vielleicht den Zielińskis? Sie las nur die Stellen vor, die von Belang waren. Sie tat es auf Deutsch, weil es alle in diesem Raum verstehen würden.
    »Johannishagen im Juni neunzehnhundertfünfundvierzig. Im Kutscherhaus sind Leute. Eine Familie, Vater, Mutter und Kind. Gestern stand ein Junge vor mir, ein mageres Kerlchen, fast so dünn wie ich. Wir erschraken sehr voreinander. Er hielt mich wohl für einen dieser Waldmenschen, wie es einige gibt, die ihre Habe und ihre Sprache verloren haben. Keiner weiß, wer ich bin. So kann ich noch eine Weile ausharren.«
    Sie schloss die Mappe.
    »Marek, damals haben Sie einen Waldmenschen im Weinberg gesehen, nicht wahr?«
    Marek nickte.
    »Hat er Ihnen etwas getan?«
    »Nein.«
    »Damals gab es viele Leute, die so gelebt haben wie er. Warum haben Sie ihn verraten?«
    Lenka zog scharf die Luft ein.
    Jacek beugte sich nah zu seinem Vater. »Warum bist du zur Miliz?«
    »Er war böse. Ihm hat das Haus gehört. Er wollte es uns wieder wegnehmen.«
    »Woher wusstest du das? Du konntest es nicht wissen, denn er hat nicht mit dir geredet. Jemand muss es dir gesagt haben.«
    Stille. Zuzanna wagte kaum zu atmen. Das war der dunkle Punkt in Mareks Leben. Das war es, was seine Jugend überschattet und ihn so traurig gemacht hatte. Wann war ihm aufgegangen, dass er einen Menschen ans Messer geliefert hatte? Als sie Walther Hagen abholten? Ihn an die Wand stellten? Der letzte Brief des Mannes in der Dunkelheit – hatte Krystyna ihn deshalb behalten, weil sie ihren Vater schützen wollte? Oder war es doch nur die Gier gewesen, mehr und mehr aus den Camerers herauszuholen, die aus irgendeinem Grund ganz versessen darauf waren, Hagens letzte Habe zu finden? Sie würden es nie erfahren, denn Krystyna war tot. Zygfryd dagegen lebte noch. Wir gehen uns aus dem Weg, hatte er gesagt. Man muss die alten Geschichten nicht immer wieder aufrühren. Doch es war Zygfryds Geschichte, die Marek, das neunjährige Kind, in einen Abgrund von Schuld und Verzweiflung gestürzt hatte. Walther Hagen, dieser verwirrte, halb verhungerte Flüchtling, hatte dem kleinen Marek nichts erzählt. Das war ein anderer gewesen.
    Mareks alte Hände, knotig und von einem Geäst blauer Adern überzogen, strichen unruhig über die Tischplatte.
    »Keiner weiß, wer ich bin« , wiederholte Zuzanna. »Wer hat Walther Hagen verraten?«
    Endlich flüsterte Zygfryd: »Ich.«
    »Nein«, sagte Lenka. »Nein, nein, nein. Und wenn schon. Er war ein Nazi. Interessiert das eigentlich überhaupt keinen mehr?«
    »Genau das habe ich ihm gesagt.« Zygfryds Augen standen voller Tränen. »Ich habe ihm gesagt, dass diesem Mann einmal die Siedlung gehört hat. Dass er ein Nazi war und sie im Schlaf umbringen wird. Ich habe ihm erzählt, dass man diese Leute vertreiben muss, so wie sie uns vertrieben haben. Ausmerzen, so wie sie uns ausmerzen wollten. Gleiches mit Gleichem vergelten. Ich habe ihm

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