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Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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konnten. Nur noch die wichtigen, und die musste man nicht sagen, die spürte man tief in sich drin. Er sah sie an. Sie hielt seinem Blick stand.
    »Ich bleibe bei ihm«, sagte er schließlich.
    Sie lächelte, denn sie wusste, dass er damit nicht nur diesen Nachmittag meinte.

45
    Wir erreichten Janekpolana, als, wie mir schien, zum ersten Mal in diesem verregneten Sommer der Himmel aufriss und sich in strahlendem Blau präsentierte. Sofort veränderte sich die Welt. Das satte Grün der Bäume leuchtete, die kleinen Dörfer verwandelten sich von gottverlassenen Flecken in blühende Ortschaften mit ländlichem Charme. Die Oder floss breit und träge dahin, silbrige Lichtreflexe tanzten auf dem Wasser mit den Sonnenstrahlen. Sogar Janekpolana hatte mit einem Mal etwas Anziehendes. Geranien blühten, Gardinen wehten aus offenen Fenstern, kleine Jungen spielten Fußball und machten sich einen Spaß daraus, uns so langsam wie möglich die Fahrbahn freizumachen. Aus dem Uferschilf stoben mehrere Stockenten auf und beschwerten sich lauthals über unser Kommen.
    Als wir die Biegung hinter uns hatten, stieß Marie-Luise einen Schrei aus.
    »Ich fass es nicht! Mein Auto!«
    Der Volvo stand rechts auf dem Gelände. Der linke Kotflügel war eingedrückt, die weiteren Blessuren konnte ich nicht mit Bestimmtheit dem jüngsten Unfall zuordnen, weil die Karre schon immer verkehrsuntüchtig ausgesehen hatte.
    Sie sprang aus dem Wagen, sobald ich angehalten hatte, und lief mit strahlenden Augen zu ihrem Liebsten. Ich hatte Jacek schließlich doch noch erreicht, und er hatte etwas von einer Überraschung erzählt. Die war ihm gelungen.
    Der Autoflüsterer musste Marie-Luises Jubel gehört haben. Er trat aus dem Haus und blieb mit einem abwartenden Grinsen stehen, bis die Besitzerin der Ladung Altmetall ihn bemerkte, auf ihn zurannte und sich ihm an den Hals warf.
    »Danke! Wie geht es ihm? Ist er in Ordnung? Er hat doch nichts Schlimmes abbekommen, oder? Kriegst du das mit dem Kotflügel wieder hin? Die Schramme rechts war ich aber nicht. Das muss jemand vom Abschleppdienst gewesen sein. Diese Trottel!«
    » Ich habe ihn abgeschleppt.«
    »Du?«
    »Kommt rein. Es gibt eine Menge zu erzählen.«
    Er hielt die Tür auf, und wir traten ein. Es roch nach Braten und frischem Brot. Als wir in die Küche kamen, erwarteten uns eine blitzblanke Spüle und ein gedeckter Tisch.
    »Zuzanna kommt gleich. Es ist Wochenende, deshalb will sie sich um ihre kleine Tochter kümmern. Ich hab ihr gesagt, sie soll die Kleine mitbringen. Für Kinder ist das hier doch ideal.«
    Er nahm eine rostige Säge, die an der Wand lehnte, und verstaute sie im Schrank.
    »Ja«, sagte ich und erinnerte mich an Drahtschlingen, abgebrochene Zaunspitzen, zersplitterte Türen, eine einstürzende Gruft und weitere spannende Dinge auf diesem Abenteuerspielplatz.
    Im Ofen schmurgelte ein Lammbraten, was mich daran erinnerte, dass es heute Abend im Haus Emeritia um ein Haar gegrilltes Telefon gegeben hätte.
    »Die Polizei wird im Fall von Helmfried Hagen und Krystyna Nowak Ermittlungen einleiten«, sagte ich.
    »Glaubst du?« Marie-Luise riss sich ein Stück von dem heißen Brot ab und verbrannte sich dabei die Finger. »Ich fand Vaasenburg ziemlich skeptisch. – Das ist ein Kommissar der Mordkommission«, erklärte sie Jacek.
    »Wenigstens etwas.« Er öffnete das Ofenrohr und stach mit einer Fahrradspeiche in den Braten. »Dafür haben wir herausgefunden, was damals mit Marek und dem ehemaligen Besitzer Walther Hagen passiert ist. Walther. Der Letzte im Grundbuch.«
    Während Jacek eine Flasche Wein öffnete, erzählte er uns, was sich im Krankenhaus von Zielona Góra ereignet hatte. Straf- oder zivilrechtliche Folgen musste Zygfryd Kosecki wegen seines Verrats nicht fürchten.
    »Trotzdem trägt er eine moralische Schuld«, sagte Marie-Luise, als Jacek zum Ende gekommen war.
    »Alle haben Schuld getragen.« Ich übernahm es, den Tisch zu decken. »Aber immer nur aus der Sicht des jeweiligen Betrachters. War Magdalena eine Heldin oder eine Verräterin? Hat Zygfryd richtig oder falsch gehandelt? Hätte Walther Hagen sich stellen und freiwillig in die Gefangenschaft gehen sollen? Der einzig Unschuldige in dieser ganzen Geschichte ist Marek. Dass ihm ausgerechnet Schwerdtfeger noch einmal über den Weg laufen musste, ist tragisch. – Was ist das?«
    Ich deutete auf ein Kistenbrett auf dem Regal. Jacek holte es herunter und reichte es mir. Es musste von Walther Hagens letztem

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