voll im Einsatz
Gestalt dran sind. Und bevor ich »NEIN« wispern oder sie packen kann, ist sie auch schon davongehuscht. Was soll ich tun? Mit einem grässlichen Gefühl tapse ich in der Dunkelheit hinterher.
Kendra ist ein altschottischer Name. Hat jedenfalls Mama gesagt. Und die muss das wissen, denn sie hat ihn mir zusammen mit Papa gegeben. Da war ich natürlich noch ganz klein. Deshalb hat es mich da nicht besonders interessiert, was er bedeutet. Aber heute tut es das. Alle Namen bedeuten nämlich irgendwas. Und Kendra heißt: königliche Anführerin. Königlich – haaa! Ist das toll oder ist das toll? Wer hat schon so einen Namen! Überhaupt kein Stückchen toll ist allerdings, dass das keiner in meiner Familie zu wissen scheint. Dass ich hier die Anführerin bin nämlich.
H alt die Klappe, Kennylein! Ich muss mich auf Maleas Haare konzentrieren«, sagt meine größte Schwester Tessa und klebt mit ihrem Blick stur auf Maleas langen dunklen Haaren.
Pah! Kon-sen-tieren! Blödes Wort! Was hat das Haareschneiden mit Tieren zu tun? Tessa kann jedenfalls ungefähr so gut Haare schneiden wie Henrys Hund Hase Ballett tanzen kann. Und selbst wenn sie es besser könnte, würde man das an Maleas Pferdemähne sowieso nicht sehen können.
»Ich heiße Kendra«, sage ich böse. »Kendra, die Anführerin!«
Malea und Tessa kichern.
Manchmal ist es richtig blöd, große Schwestern zu haben. Jetzt zum Beispiel.
Ich klettere von der großen Küchenanrichte mit unseren Tellern darin herunter, wo ich eben den Rest meines Frühstücksmüslis gefuttert habe, und zupfe Malea mal kräftig an einer ihrer langen Zotteln.
»Au!«, quiekt Malea und reckt sich blitzschnell zu mir rüber, um mich zu grabschen. Und wahrscheinlich, um mich zu kneifen. Aber – hihihi – nicht blitzschnell genug!
»Bäääääh!«, mache ich von der Tür zum Garten aus und wackele mit den Händen über meinen Ohren und strecke die Zunge raus, so weit wie ich kann. (SEHR weit!)
»Bleib sitzen!«, quietscht Tessa. »Oh – NEIN! Jetzt hab ich dir eine Ecke reingeschnitten.« Sie guckt meine kleinste große Schwester böse an. »Das ist NICHT meine Schuld!«
Dabei ist es natürlich doch Tessas Schuld! Hat sie die Schere in der Hand oder wer?
»Halt jetzt still, sonst hast du gleich noch ein Loch in deinen Haaren!« Tessa sieht Malea drohend an.
Doch das stört Malea wenig. Sie springt auf und stürmt auf mich zu. Ich kann ihr von draußen gerade noch die Tür gegen die Nase knallen. Peng – hihihi! Dann rase ich durch den Garten rüber Richtung Walter Walbohm. Der hat sein Haus immer offen und da kann man sich prima verstecken.
Ist Malea noch hinter mir? Als ich durch Walters Hecke durchgekrabbelt bin, bleibe ich stehen.
Nö. Die hat anscheinend aufgegeben. Langweilig!
Überhaupt ist alles ziemlich langweilig heute Morgen. Und ein bisschen blöde.
Malea und Livi haben Geheimnisse. Als wir noch am Frühstückstisch saßen, haben die sich dauernd mit den Augen angeklimpert. Klimper-dimper-wimper-klimper! Das macht sonst nur Tessa. (Wenn Jungs in der Nähe sind oder Tessa mehr Taschengeld von Papa haben will oder so.) Aber Malea und Livi haben sich auch dauernd angegrinst. Und all so was, was man eben macht, wenn man Geheimnisse hat. Das hab ich sofort gemerkt.
»Warum klimpert ihr so?«, hab ich gefragt.
»Wir klimpern? Womit sollten wir denn klimpern?«, hat Livi gefragt und mit dem Messer an ihren Becher geklackert und so getan, als ob sie gar nicht versteht, was ich meine.
Und Malea fand das total komisch. Die konnte sich gar nicht mehr einkriegen. Und hat dann noch mehr geklimpert. Mit den Wimpern. In Livis Richtung. Als ob das auch nur ein Pupsstückchen lustig wäre!
Das fand ich gar nicht gut! Das fand ich sogar richtig doof!
Sogar Tessa hat von ihrem Schminkspiegel hochgeguckt und gefragt: »Ist was?«
Da haben Livi und Malea ganz harmlos »Nööö« gesagt und noch mehr gekichert und einfach weitergegessen. Und Tessa hat nur »Pffff« gemacht und dann wieder in ihren Spiegel geglotzt und weiter an ihrem Gesicht rumgemalt. (Das macht sie jeden Morgen.)
Aber mich trickst keiner so schnell aus. Ich bin ja nicht blöd! Ich habe ganz genau gemerkt, dass Malea und Livi an irgendwas denken, was sie nur nicht laut sagen wollen.
Sogar Mama merkte was.
»Was ist denn los mit euch?«, fragte sie und guckte erst Malea und dann Livi an.
Livi ist ja gestern Abend noch in unser – äh, also natürlich in Maleas – Zimmer gekommen. Blöderweise bin ich
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