Vollidiot
kannste doch heute noch mal weg. 16 Uhr ist doch cool. Also ... was meinste, um zehn im Pub?«
Auf der anderen Seite: Besser als die viertausendste Wiederholung von Beverly Hills Cop II.
»Sagen wir Viertel vor zehn?«
Ich kann es ums Verrecken nicht haben, wenn ich die Zeit nicht bestimmen darf.
»Von mir aus! Super. Bis dann!« Ich lege auf, ziehe die Beine auf Jenny Schlund und springe in meinem Sorgenbuch auf das wichtige Kapitel: Akzeptieren Sie das Unvermeidliche.
Der Kölner Ring ist schon wieder bevölkert mit Kaugummi kauenden Prolls, die irgendeine Scheiße in ihre geklauten Fotohandys labern. Es ist eine unbeschreibliche Mischung aus grenzdebilen Oliver-Geissen-Gästen und verfehlter Asylpolitik. Als ich ins Taxi springe, bin ich kurz verführt, auf der anderen Seite wieder auszusteigen und blöd grinsend ein Mentos in die Kamera zu halten. Mach ich natürlich nicht, weil es den beknackten Spot ja schon gibt.
»In die Harp, Venloer Straße, bitte!«
Direkt neben der Grundgebühr sehe ich zwei ratlose, persische Augen im Rückspiegel.
»Die Hard?«
»Nicht Die Hard, THE HARP, Venloer, Ecke Bismarck!«
»Kenn isch nisch!«
Bitte nicht! Schon wieder so ein orientierungsloser Falkplan-Analphabet, der seinen eigenen Arsch nicht mal dann findet, wenn ein Pumpnebelhorn dranhängt. Vielleicht kommt er ja von selbst auf die verrückte Idee, im Stadtplan nachzuschauen.
»Schau isch im Stadtplan nach!«
Bingo. Das nenn ich Menschenkenntnis.
Als ich im Pub ankomme, ist Phil natürlich noch nicht da. Auch sonst tote Hose. Lediglich die üblichen Verdächtigen pumpen sich schon rechtzeitig mit so viel Guinness zu, dass sie spätestens in einer Stunde vergessen haben, dass die Welt ihnen genau das Gleiche zu bieten hat wie sie der Welt: einen Scheiß nämlich. Ich setze mich neben Brian, einen rotköpfigen Schotten, und bestelle mir ein Pint Heineken. Irgendjemand hat sein Stadtmagazin auf dem Nachbarhocker vergessen. Ich bin ganz froh drum und blättere es lustlos durch. In der Südstadt macht ein neuer Spanier auf. Sehr schön. Hätten wir dann insgesamt 26. Die Fantastischen Vier spielen am Tanzbrunnen. Auch schön. Den Tag am Meer fand ich mal gut, danach hab ich eigentlich nichts mehr von denen gehört. Is ja auch egal. Mann, das ist ja in-teressant: Die Innere Kanalstraße wird für zwei Wochen einspurig. Wenn das mal keine wichtigen Informationen sind!
Phil kommt im Cord-Anzug und grünem Haribo-T-Shirt in den Pub. Und natürlich kommt er nicht irgendwie so durch die Tür, nein, er zelebriert sein Erscheinen, als hätte er einen Auftritt in Ankes Late Night Show. Meine Fresse, wie beknackt sieht das denn aus! Ohne zu fragen, schnappt sich Phil einen Hocker von einem benachbarten Stehtisch und stellt ihn neben mich an die Bar.
»Sensationeller Anzug!«, strahle ich nicht ohne Ironie.
»Super, oder? Hab ich mir eben noch gekauft. War runtergesetzt auf 549 Euro. Schon geil, oder? Was trinkste denn?«
»Heineken, wie seit zehn Jahren!«
»Nehm ich auch. Sag mal, haste Geld? Ich war noch nicht am Automaten!«
Klar. Leute, deren EC-Karte schon vor zwei Jahren am Bankschalter zerschreddert wurde, gehen auch nicht zum Automaten. Ich stecke Haribo-Phil einen Fünfzig-Euro-Schein zu.
»Danke. Und, schon gepackt?«
»Nö. Mach ich morgen!«
»Wirst sehen, der Ferienclub ist der Hammer. Am besten, du nimmst dir gleich 'ne Großpackung Gummis mit!«
»Ich lass mich überraschen!«
Dann prosten wir uns zu, stürzen unser Bier runter und erzählen uns, wen wir die letzten Wochen nicht alles flachgelegt haben. Bei Phil waren es angeblich zwei. Bei mir exakt keine. Phil schüttelt den Kopf.
»Was is mit der Starbucksmaus, von der du mal erzählt hast?«, will er wissen.
»Was soll mit der sein?«
»Na ja ... läuft was? Planste was? Findste die noch gut?«
»Ich weiß nich, im Augenblick brauch ich mal 'ne Pause, glaube ich!«
»Im Augenblick? Du hast seit Monaten Pause!«
Das sind genau die Themen, mit denen man den Samstagabend eines Singles einläutet. Vielen Dank. Mit der Starbucksmaus hat er natürlich schon Recht. Die find ich gut! Keiner schäumt die Milch lasziver auf als sie. Bisher hab ich sie allerdings nur durch die Scheibe gesehen, was in erster Linie daran liegt, dass ich mich weigere, den Laden zu betreten. Bevor nämlich die US-Röst-Truppen das Gebäude besetzten und gewaltsam verstarbuckten, befand sich unter dieser Adresse mein Lieblings-Schnellrestaurant, die Mexican Food Station.
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