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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Hölle zurückzuschicken, fuhr ich ihm mit der Messerspitze nur über seine Wange.
    Wer auch immer mich nach hinten gezogen haben mochte, ließ mich nun los. Wahrscheinlich bereitete er sich auf den nächsten Angriff vor. Ich rollte mich blitzschnell zur Seite. In diesem Moment stürzte sich Ernesto Ruiz, der Hausmeister, auf mich. Ich konnte Cool hinter ihm sehen. Er vibrierte noch immer vor Zorn, und die lebendige Hölle schien durch ihn hindurchzuleuchten.
    Der Typ war wirklich verdammt sauer. Aber mir blieb keine Zeit, mir Gedanken über ihn zu machen. Ich war mit einem anderen Problem beschäftigt. Der Hausmeister war nämlich gerade dabei, sich auf meinen Hals zu stürzen, um mich zu würgen.
    Wir rollten im Gras hin und her und versuchten, den anderen abzuschütteln. Adrenalin pumpte durch meinen Körper. Ich spürte, wie meine Sinne auf Hochtouren arbeiteten. Jeden Moment erwartete ich, auch von Creasley erneut angegriffen zu werden. Doch nichts dergleichen geschah. Unterdessen gelang es mir, mich auf Ruiz zu hocken, obgleich seine Hände noch immer meinen Hals umschlossen.
    Er hielt die Arme ausgestreckt und presste seine Daumen gegen meinen Kehlkopf. Ich hustete und würgte. Entweder hatte ich mich geirrt, und die Dämonen hatten doch vor, mich umzubringen, oder Ruiz war so wütend, dass er nicht mehr klar dachte.
    So oder so steckte ich in Schwierigkeiten.
    Aber einen Trick hatte ich noch auf Lager. Während mein Gehirn nach Sauerstoff schrie, tastete ich mit der rechten Hand nach meinem Stilett. Meine Finger umschlossen den Griff. Sobald ich die Waffe aus meinem Ärmel gezogen hatte, ließ ich die Klinge herausschnellen.
    Ruiz’ Augen weiteten sich vor Überraschung – unter diesen Umständen eine recht hilfreiche Reaktion. Obwohl seine Hände noch immer um meinen Hals lagen, hatte er das Spiel verloren – und das wusste er. Ihm blieb nur der Bruchteil einer Sekunde, um sich dieser Tatsache bewusst zu werden. Dann rammte ich ihm bereits meine Klinge ins Auge. Als der Dämon in Hausmeistergestalt mit einem Zischen und einem Vibrieren im Äther verschwand, entspannte ich mich für einen Moment.
    Doch schon im nächsten sprang ich auf – mein Stilett gezückt.
    Zu meiner Verblüffung gab es jedoch niemanden mehr, mit dem ich kämpfen konnte. Die anderen waren verschwunden.
    Ich runzelte die Stirn. Irgendwie kam mir das seltsam vor. Vorsichtig drehte ich mich einmal im Kreis und sondierte den vom Mond erleuchteten Garten. Nichts.
    Niemand war mehr zu sehen.
    Cools Verschwinden überraschte mich eigentlich nicht. Wenn man einen Dämon tötet, der im Körper eines Menschen steckt, verlässt dieser nur sein vorübergehendes Zuhause und kehrt in den Äther zurück. Sobald er einen neuen Gastgeber gefunden hat, kann er zurückkehren.
    Wenn man aber einen Dämon in dem Zustand erledigt, in dem er direkt mit der Hölle in Kontakt steht, ist das etwas anderes. Dann ist dieser Dämon für immer Geschichte.
    Leider enthüllen Dämonen ihr eigentliches Wesen nur selten. Cool musste sehr zornig auf mich gewesen sein, da er ein solches Risiko einging. Und sein Plan musste verdammt wichtig sein – wie auch immer dieser aussehen mochte.
    Was mich jedoch überraschte, war Creasleys Verschwinden. Normalerweise sind Dämonen nicht feige. Er war nicht auf und davon, weil ich die erste Runde gewonnen hatte. Nein, hinter seiner Flucht steckte etwas anderes. Aber was?
    Mir fiel keine überzeugende Antwort ein. Für den Moment schob ich die Frage beiseite und stellte mir stattdessen eine weitere: Was zum Teufel sollte ich jetzt mit dieser Leiche anfangen?
    Ich entdeckte die Lösung etwa zwanzig Meter von mir entfernt. Natürlich – das Kliff. Ich rollte Ruiz in Richtung Meer und hielt am Rand des Kliffs inne, um hinunterzusehen. Dort unten gab es keinen Strand. Die Wellen schlugen direkt gegen die Felsen.
    Also holte ich tief Luft, drückte meinen Fuß gegen den Rücken des Toten und brachte ihn erneut ins Rollen.
    Er stürzte das Kliff hinab und landete mit einem dumpfen Schlag auf den Felsen. Es wäre mir lieber gewesen, den Leichnam in die Kathedrale zu bringen, aber das war diesmal nicht möglich. Zumindest würde ihn nicht so schnell jemand finden. Gerade im Dezember waren viel weniger Leute am Strand. Wenn man den Körper eines Tages entdeckte, hatten das Wasser, die Felsen und die Lebewesen des Meeres sicher bereits das Ihre getan, um jegliches Anzeichen eines gewaltsamen Todes zu verwischen.
    Brutal, dachte ich –

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