Vom Daemon verweht
bemerkte, wie groß meine Angst war. »Hier – auf der Stelle. Ruf deine Lakaien zurück, und wir erledigen die Angelegenheit unter uns.«
Seine Augen wurden schmal, und er lachte. Dann trat er einen Schritt zurück und klatschte, immer noch höhnisch lachend, in die Hände.
»Ich freue mich, dass ich dein langweiliges Leben ein wenig aufheitern konnte.«
»Darauf kannst du auch stolz sein«, erwiderte er. »Aber dein Stolz wird nicht von Dauer sein. Ich werde dich töten, Jägerin. Aber nicht hier.«
»Du hast wohl nicht vor, mir zu verraten, wo das geschehen soll.«
»Und du hast wohl nicht vor, mir zu verraten, wo du das Buch versteckt hast – oder?«
»Da hast du verdammt recht«, entgegnete ich, ohne den Mut zu empfinden, den ich an den Tag legte. Er sah mich kalt an. »Erfrischend«, sagte er.
»Was ist erfrischend?«
»Erfrischend, dass du nicht ›Nur über meine Leiche‹ gesagt hast. Dieser Ausdruck ist so was von abgedroschen.«
Ich konnte mein Blut in den Ohren rauschen hören und widerstand dem dringenden Bedürfnis, den Blick abzuwenden und nach einer Fluchtmöglichkeit zu suchen. Die Klinge befand sich noch immer an meinem Hals, und eine einzige falsche Bewegung hätte gereicht, um diesen zu durchtrennen.
»In diesem Fall hätte der Ausdruck allerdings zur Abwechslung einmal gepasst«, fuhr er fort und kam noch näher. »Also – wo ist das Buch?«
Ich ballte die Hände zu Fäusten und zwang mich dazu, ruhig zu atmen. Ich musste nachdenken. Einen Plan aushecken. »Hier ist es nicht«, erwiderte ich langsam.
Cool antwortete nicht, sondern nickte nur meinem Wächter zu, der daraufhin das Messer stärker gegen meinen Hals presste. Diesmal spürte ich, wie das Blut langsam zu tropfen begann.
»Wenn du mich tötest, wirst du es nie herausfinden«, meinte ich.
»Sag es mir.«
Ich presste die Lippen zusammen und überlegte, wie wagemutig ich sein sollte. Einerseits glaubte ich nicht, dass sie vorhatten, mich wirklich zu töten. Zumindest nicht, bis sie sich sicher waren, dass ich ihnen nichts verraten würde. Andererseits konnte ich mir gut vorstellen, dass auch auf Cools Liste gängiger Methoden, wie man jemanden von etwas überzeugte, Folter ganz oben stand.
Ich wusste außerdem noch immer nicht, wer das Messer in der Hand hielt. Also hatte ich auch keine Ahnung, mit wem – oder was – ich es genau zu tun hatte.
»Sag es mir!« Er knurrte mir seine Worte entgegen. Der Zorn in ihm wuchs, je länger ich mich weigerte, ihm das Geheimnis zu verraten. Das bewies mir allerdings auch, dass ich mit meiner Vermutung recht hatte: Er hatte nicht vor, mich einfach zu töten.
Ein unerträglicher Gestank von Schwefel und Fäulnis umgab uns, und ich hatte auf einmal den Eindruck, Cool würde sichtbar pulsieren. Jeder Schlag seines toten Herzens zerstörte alles Menschliche, was noch von ihm übrig geblieben war und brachte das Monster, das er nun war, immer stärker zum Vorschein. Seine Augen glühten wie rote Kohlen, und als er mich anstarrte, glaubte ich, direkt in die ewige Verdammnis blicken zu können.
Mir war auf einmal eiskalt. Mein Herz pochte wie wahnsinnig, und ich hatte das Bedürfnis, laut zu schreien. Zwar hatte ich schon oft Ähnliches erlebt – so oft, dass ich mich kaum mehr daran erinnern konnte –, aber an den Anblick der Hölle kann man sich nicht gewöhnen.
Sogar meinen Angreifer – der wohl auch ein Dämon sein musste, wenn ich nach dem Geruch seines Atems ging – erschütterte dieses Schauspiel. Der Druck auf dem Messer an meinem Hals ließ ein wenig nach.
Da ich nicht wusste, ob sich mir noch einmal eine bessere Gelegenheit bieten würde, entschloss ich mich, die Chance zu nutzen. Ich schlug mit der Faust gegen sein Handgelenk und tat das mit einer solchen Schnelligkeit, dass ich ihn überraschte. Das Messer rückte etwas von meinem Hals ab, und ich konnte herumwirbeln, ohne seinen Arm loszulassen. Als sein Armknochen knackend brach, klang das wie das süßeste Lied in meinen Ohren.
Ich versetzte meinem Gegner einen Fußtritt und schaffte es, ihn zu Boden zu werfen. Als er auf den Rücken fiel, entriss ich ihm seine Waffe und stürzte mich auf ihn. In dem Moment, da ich mein Ziel anvisierte, erkannte ich meinen Angreifer als den Mann, der meine Tochter noch vor kurzem in Englisch unterrichtet hatte.
Ich stach zu, doch als ich nur wenige Millimeter von seinem Auge entfernt war, wurde ich an den Beinen gepackt und nach hinten gezogen. Anstatt den Dämon also in die
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