Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
kehrtzumachen. Damals mag ich ja, wie er behauptet hat, noch nicht bereit dafür gewesen sein, doch offenbar bin ich es jetzt.
Wir laufen zu dem kleinen Häuschen, wo Paloma im Sterben liegt. Der Anblick, wie wir dort hineinstürmen, mit Wolf im Schlepptau, lässt Chepi nach Luft schnappen und sich eine Hand aufs Herz pressen, während Chay erleichtert zusammensackt und Leftfoot und sein Lehrling uns in das Zimmer führen, wo Paloma auf dem Bett liegt.
Leftfoot nimmt Dace Wolf ab und legt das Tier neben Paloma, wo es sogleich beginnt, ihr in einer so zärtlichen und liebevollen Geste die Wange zu lecken, dass Paloma langsam aus ihrer tiefen Bewusstlosigkeit aufwacht. Ihre Finger suchen seine Schnauze und streicheln sie sanft. Sie nutzt das
kleine bisschen Kraft, das ihr geblieben ist, dafür, einen langen Strom von Worten zu murmeln, die ich nicht verstehe, während Wolf den Kopf in den Nacken wirft und ein entsetzliches Heulen ausstößt, das meine Haut kribbeln lässt.
Und da sehe ich es.
Da sehe ich, wie die Seele Wolfs Körper verlässt und einen Moment lang – hell leuchtend – in der Luft schwebt, bevor sie den Weg zurück zu Paloma findet, wo sie hingehört.
Auf der Stelle bekommen ihre Wangen Farbe, ihre Lider heben sich, und ihr Blick sucht meinen. »Nieta . Nieta , du hast es geschafft!« Unsere Freude hält jedoch nur eine Sekunde lang an, dann begreife ich, dass es überhaupt nicht so ist, wie sie glaubt.
»Nein, abuela «, flüstere ich, die Lippen dicht an ihrem Ohr, da ich nicht will, dass Dace oder Chepi mich hören können. »Habe ich nicht. Ich habe es nur geschafft, dich und ein paar andere Seelen zu retten – eigentlich sogar eine ganze Menge Seelen –, und stell dir nur vor, es war die Knochenhüterin, die mir geholfen hat. Aber trotz all meiner Anstrengungen sind viele verloren gegangen. Es tut mir so leid – ich hab’s einfach nicht geschafft. Ich konnte es nicht ertragen, dich zu verlieren. Konnte nicht das tun, was du verlangt hast. Und obwohl ich versucht habe, sie aufzuhalten, habe ich versagt.«
Paloma sieht mir in die Augen, und ihr Blick ist von Mitgefühl geprägt, doch ihre Lippen erzählen eine andere Geschichte, denn sie sind vor Sorge ganz blass geworden. »Und wie hast du sie gefunden, nieta – die Knochenhüterin?«
»Rabe hat mich geführt.« Ich lächele. »Mit ein bisschen Unterstützung von Pferd und Dace.«
Bei der Erwähnung seines Namens wandert ihr Blick zu der Wand gegenüber, wo Dace mit Chepi steht. Sie studiert ihn so lange, dass ich schon fast etwas sagen will, als sie sich
wieder mir zuwendet. »Jetzt, wo ihr einander gefunden habt, ist es an der Zeit, dass ihr eure Bestimmungen verwirklicht. Es ist alles im Fluss, es gibt kein Zurück. Der Rabe ist ein Vorbote der Prophezeiung, und die Prophezeiung erfüllt sich jetzt. Ihr beiden seid vom Schicksal ausersehen, nieta .«
»Das … das verstehe ich nicht«, stoße ich hervor und frage mich, warum sie mich so mitfühlend ansieht, obwohl doch ihre Neuigkeit so gut ist.
»Das Leben einer Suchenden erfordert große Opfer«, erklärt Paloma. »Und das tut mir leid. Aber du musst El Coyote aufhalten, koste es, was es wolle. Du ahnst nicht, wie viel Schaden schon ein paar von ihnen anrichten können.«
»Mach ich«, bekräftige ich nickend, da ich unbedingt will, dass sie mir glaubt. »Ich tue, was nötig ist, zeig mir einfach nur die Richtung.«
»Ich habe meine Zauberkraft zum größten Teil verloren.« Ihre Lider sinken, und ihre Stimme verklingt fast vor Erschöpfung. »Ich habe sie an dich weitergereicht. Und so kann ich dich zwar anleiten, süße nieta , aber letztlich fällt die Aufgabe an euch beide. Ihr müsst zusammenarbeiten – ihr müsst tun, was ihr könnt …«
Ihre Stimme versagt, während sie stockend und stoßweise um Atem ringt, doch ich habe noch eine Frage, und sie ist die Einzige, die vielleicht die Antwort weiß.
Ich lehne mich näher zu ihr hin und flüstere mit den Lippen an ihrem Ohr: »Paloma, was ist das Echo? Was bedeutet das?« Ich halte ihre Hand fest in meiner und hoffe auf eine Antwort, welche die tief sitzenden Ängste lindert, die an mir nagen.
Doch meine Worte treffen auf Schweigen – sie liegt bereits im tiefen Schlaf.
Dreiundfünfzig
L eftfoot scheucht uns aus dem Zimmer und besteht darauf, dass Paloma ihre Ruhe braucht. Und obwohl ich da durchaus seiner Meinung bin, bin ich noch nicht bereit zu gehen. Nicht, ehe sie aufwacht und ich sicher bin, dass
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