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Vor dem Urknall

Vor dem Urknall

Titel: Vor dem Urknall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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. Jahrhundert angewendet wurde, sehr genau auszudrücken schien, was bei einer Teilchenwechselwirkung beobachtet wurde. Von diesem spiegelverkehrten Ursprung aus wurde die Stringtheorie Schritt für Schritt ausgebaut, bis sie eine mathematische Abstraktion geworden war, die im Prinzip eine funktionierende Theorie für alles war.
    Vom technischen Standpunkt aus betrachtet, sind String- und M-Theorie äußerst attraktiv. Sie bieten offenbar nicht nur eine Lösung an, die alle Erfordernisse des Umgangs mit den Elementarteilchen und den Kräften im Universum umfasst, sondern sie überwinden eine der grundsätzlichen Schwierigkeiten, die der traditionelle Blick auf Teilchen mit sich bringt. So wird zum Beispiel ein Elektron normalerweise als unendlich kleines Punktteilchen betrachtet. Das heißt, dass im Prinzip die Kräfte, die es erzeugt, ins Unendliche gehen, sobald wir ihm näher kommen.
    Mathematiker sind unendlichen Werten in einer Gleichung nicht gewachsen, sodass sie sie sich zurechtbiegen müssen. Als diese Unendlichkeiten zuerst in der Theorie der Wechselwirkungen von Quantenteilchen auftauchten, reagierte man darauf mit Angst und Schrecken. Ein gutes Beispiel ist die Quantenelektrodynamik ( QED ), die Wissenschaft von der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie. Sie gilt als die beste Theorie in der gesamten Physik insofern, als sie sehr genau das beschreibt, was in Wirklichkeit passiert. Anfangs jedoch brachte sie ein paar unendliche Werte hervor, und die Entwickler der Theorie mussten einen Weg finden, um die Unendlichkeiten zu eliminieren und gleichzeitig die Theorie aufrechtzuerhalten. Es gelang ihnen tatsächlich, aber sie betrachteten die Reparatur stets mit einer gewissen Skepsis. Obwohl die Strings unglaublich klein sind, stellen sie keine Punkte dar, und deshalb leiden sie auch nicht an diesem Problem.

Wahrheit und Karrieren
    Aber eine Angelegenheit macht den Befürwortern der Stringtheorie und der neueren M-Theorie schon Sorgen. Enorme Anstrengungen wurden in sie investiert, seit 1968 die ersten Funken der Stringtheorie zu sehen waren. Manche Physiker haben ihr ihre ganze Karriere gewidmet, und deshalb, so behaupten manche Forscher, sei eine Theorie, die längst aufgegeben worden sein müsste, noch immer aktuell: Es ist bereits zu viel in sie investiert worden.
    Dies Haltung «Sie muss stimmen, ich habe ihr meine Karriere gewidmet!» kommt in einem Kommentar des Stringtheoretikers und Autors populärer Wissenschaftsbücher, Michio Kaku, zum Ausdruck: «Wenn die Stringtheorie selbst falsch ist, dann sind viele Millionen Stunden, Tausende von Veröffentlichungen, Hunderte von Konferenzen und unzählige Bücher (auch meine eigenen) umsonst gewesen.» Der Physiker Lee Smolin denkt an die akademische Welt im Allgemeinen, wenn er betont: «Die Stringtheorie nimmt inzwischen eine derart dominierende Stellung in der akademischen Welt ein, dass es für einen jungen theoretischen Physiker praktisch einem beruflichen Selbstmord gleichkommt, sich nicht auf dieses Feld zu begeben.»
    Das Problem mit der Stringtheorie und der M-Theorie liegt nach Ansicht mancher Wissenschaftler darin, dass sie überhaupt nicht als wahre wissenschaftliche Theorien bezeichnet werden können, sondern vielmehr eine mathematische Sackgasse sind. Sie weisen darauf hin, dass sie keine klar erkennbare Lösung bieten. Was in unserem Universum beobachtet werden kann, ist lediglich eine von unzähligen Lösungen, die die Theorien aufwerfen. Die Stringtheorie liefert keinen Grund dafür, diese spezielle Lösung vorzuziehen. Während die Quantenelektrodynamik erstaunlich genaue Vorhersagen trifft, aber Probleme mit unendlichen Werten hat, bleibt die Stringtheorie zwar von Unendlichkeiten verschont, dafür macht sie aber keine neuen Voraussagen. Deshalb ist sie als wissenschaftliche Theorie wohl unbrauchbar.
    Dies ist nicht allein die Meinung nichttechnischer Kommentatoren. Lee Smolin ist einer der angesehensten Physiker unserer Zeit. Er wurde 1955 in New York City geboren und ist heute Forscher am Perimeter Institute for Theoretical Physics, das er mitbegründete. Außerdem ist er Professor an der Universität Waterloo in der kanadischen Provinz Ontario. Er hat mehrere Jahre an der Stringtheorie gearbeitet und sagte: «In den letzten zwanzig Jahren ist viel Arbeit in die Stringtheorie gesteckt worden, aber wir wissen immer noch nicht, ob sie stimmt. Selbst nach diesen enormen Anstrengungen liefert die Theorie keine neuen Vorhersagen, die

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