Vorsicht - Mensch!
zum Festland«, sagte er. »Wir können zusammen zu Mittag essen, und dabei erzähle ich Ihnen alles.«
»Ja. Mir ist es recht.« Sie blickte endlich von den Delphinen weg und zu ihm, und er war erstaunt, daß sie die Stirn runzelte. »Es gibt vieles, was ich nicht verstehe«, murmelte sie. »Ich dachte, es sei Brayt, über den ich lernen müßte. Aber nun sind Sie es – und die Delphine.«
»Vielleicht können wir das auch beim Mittagessen klären«, sagte Mal, dem nicht ganz klar war, was sie meinte. Aber es kümmerte ihn nicht sonderlich. »Kommen Sie mit zum Steg.«
Sie fuhren mit einem der beiden schnellen Motorboote hinüber nach Carúpano und setzten sich auf die Terrasse eines kleinen Hafenrestaurants, während das höfliche Spanisch weicher venezolanischer Stimmen von den anderen Tischen herüberklang.
»Warum sollte ich über Ihre Theorie lachen?« fragte sie, als der Kellner das Essen gebracht hatte.
»Die meisten Leute halten es für eine absurde Entschuldigung unseres Versagens.«
Ihre geschwungenen Brauen hoben sich. »Versagen?« fragte sie. »Ich dachte, Sie machten stetige Fortschritte.«
»Ja. Und nein. Noch zu Doktor Knights Lebzeiten stießen wir auf ein Problem, das er die Umweltbarriere nannte.«
»Umweltbarriere?«
»Ja.« Mal stocherte mit der Gabel zwischen den Krabben seines Meeresgerichts. »Unsere Arbeit baut auf den Forschungen auf, die Doktor John Lilly durchführte. Haben Sie sein Buch ›Mensch und Delphin‹ gelesen?«
»Nein«, sagte sie. Er sah sie erstaunt an.
»Lilly war der Pionier auf diesem Gebiet. Ihm verdanken wir einen guten Teil dessen, was wir über die Delphine wissen«, sagte Mal. »Ich dachte, die Lektüre dieses Buches sei Ihre wichtigste Vorbereitung für diesen Besuch gewesen.«
»Ich muß gestehen, daß es nicht so war«, sagte sie. »Hauptsächlich versuchte ich etwas über Corwin Brayt in Erfahrung zu bringen. Und ich war wenig erfolgreich damit. Deshalb landete ich hier mit der Vorstellung, daß er derjenige sei, der mit den Delphinen arbeitet. Aber erzählen Sie mir von dieser Umweltbarriere.«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen«, sagte er. »Wie die meisten großen Probleme ist es einfach zu beschreiben. Den ersten Forschern, die mit Delphinen arbeiteten, kam es so vor, als ob die Kommunikation mit unseren Brüdern im Meer in greifbarer Nähe wäre – eine bloße Frage der Umsetzung ihrer Lautsprache in den menschlichen Hörbereich. Dann, so meinte man damals, könnte es nicht schwierig sein, ihre Sprache zu lernen und die Delphine die menschliche Sprache zu lehren.«
»Und es stellte sich heraus, daß das nicht zu machen war?«
»Es war zu machen. Es wurde gemacht; oder jedenfalls so ähnlich. Aber dann wurden wir mit der Tatsache konfrontiert, daß Kommunikation nicht dasselbe ist wie Verstehen. Sie und ich sprechen die gleiche Sprache, aber verstehen wir wirklich genau, was die andere Person meint, wenn sie zu uns spricht?«
Sie sah ihn eine Weile nachdenklich an, und dann schüttelte sie langsam ihren Kopf.
»Nun«, sagte Mal, »das ist unser Problem mit den Delphinen, nur in einem viel größeren Maßstab. Delphine wie Kastor und Pollux können mit mir sprechen, und ich mit ihnen, aber wir können einander kaum verstehen.«
»Sie meinen, intellektuell verstehen, nicht wahr?« fragte Jane Wilson. »Nicht bloß mechanisch?«
»Richtig«, antwortete Mal. »Wir können in der Bezeichnung von Dingen übereinstimmen, aber nicht in der Bedeutung. Ich kann zu Kastor sagen: ›Der Golfstrom ist eine mächtige Meeresströmung‹, und er wird mir wahrscheinlich zustimmen. Aber keiner von uns hat in Wirklichkeit die leiseste Ahnung, was der andere tatsächlich meint. Mein Vorstellungsbild vom Golfstrom ist nicht Kastors Vorstellungsbild. Meine Idee von ›mächtig‹ ist abhängig von der Tatsache, daß ich einen Meter achtzig groß bin, hundertfünfzig Pfund wiege und mein Eigengewicht gegen den Zug der Schwerkraft heben kann. Kastors ist abhängig von der Tatsache, daß er zweieinhalb Meter lang ist, mit sechzig Stundenkilometern durch das Wasser sausen kann und seines Wissens nichts wiegt, weil seine vierhundert Pfund Körpergewicht vom gleichen Gewicht seiner Wasserverdrängung aufgehoben werden. Und die Vorstellung, etwas zu heben, ist ihm unbekannt. Meine Vorstellung vom Ozean ist nicht die seine, und unsere Vorstellung von einer Strömung könnte auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen sein, könnte aber auch durch Welten getrennt
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