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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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das Zelt des Hochverehrtesten Ältesten und verließ es erst wieder im Morgengrauen. Ihre Krieger, besonders Rabenjägers einstmals treueste Anhänger, schnaubten vor Wut. Sie stießen wilde Drohungen aus und sprachen von Verrat.
    Singender Wolf seufzte müde. Nachdenklich wischte er den Schnee von einem Stein und flüsterte:
    »Sie ist keine Verräterin.«
    Ihm waren schon bald die zärtlichen Blicke aufgefallen, die Tanzende Füchsin und Eisfeuer gewechselt hatten. Die beiden fühlten sich zueinander hingezogen, das war offensichtlich. Und er verstand, warum. Der Alte hatte große Ähnlichkeit mit Wolfsträumer. Tanzende Füchsin mußte sich zwangsläufig zu ihm hingezogen fühlen. Sie hatte den Träumer von ganzem Herzen geliebt.
    Vielleicht würde die Tatsache, daß Tanzende Füchsin und Eisfeuer die Decken teilten, für beide Völker von Vorteil sein. Vielleicht. Er formte einen Schneeball und warf ihn in die blauviolette Morgendämmerung.
    »Das ist einfach verrückt!« hörte er Schreiender Adler flüstern, der gerade Wache hatte.
    Singender Wolf sah den jungen Mann mit der geballten Faust zum Lagerplatz der Anderen drohen.
    Schwacher Feuerschein fiel auf sein wutverzerrtes Gesicht.
    »Morgen bringen wir diese Anderen durch das Loch im Eis. Ich fasse es einfach nicht!«
    »Ich kann es auch kaum glauben«, bemerkte Krähenfuß, der mit Schreiender Adler zur Wache eingeteilt war. Sein rundes Gesicht glühte im Licht des Feuers rosig wie das eines kleinen Jungen.
    »Wir führen Männer, die unsere Frauen vergewaltigt und unsere Brüder getötet haben durch das Große Eis. Das ist Wahnsinn.«
    Singender Wolf massierte sich die Stirn und trottete müde zum Feuer hinüber. Die beiden erschraken, als er so unvermutet aus dem Dunkel auftauchte. »Vergeßt nicht, ihr habt geschworen, euch friedlich zu verhalten.«
    Gewandt wie eine Katze drehte sich Krähenfuß um. »Du hattest schon immer ein zu weiches Herz, Singender Wolf. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als du mit Rabenjäger und uns auf dem Kriegspfad warst. Damals zählten Schwüre nicht allzuviel, eh?«
    Singender Wolf atmete schneller. Die Atemwolken hüllten seinen Kopf fast ein. »Rabenjägers Taten dienten unserem Volk nicht zum Vorteil. Wolfsträumer dagegen handelt zum Wohle unseres Volkes.«
    »Zum Wohle unseres Volkes!« höhnte Krähenfuß. »Ist es vielleicht zum Wohle unseres Volkes, daß ich die Bestie, die meine Schwester ermordet hat, nun an meine Brust drücken soll?«
    Singender Wolf senkte die Augen. »Ich weiß, es fällt keinem leicht, aber wir alle müssen …«
    »Du warst in Eisfeuers Zelt!« schrie Krähenfuß. Das Echo seiner Stimme hallte durch das Lager und das ganze Tal.
    »Was ist wichtiger? Deine tote Schwester? Oder das Überleben unseres Volkes?«
    Krähenfuß trat einen Schritt vor. Seine Nase berührte fast die von Singender Wolf. »Glaubst du, wenn wir diese Tiere zu unseren Frauen und Kindern führen, überleben wir?«
    »Ich glaube dem Träumer.«
    »Du glaubst.« Krähenfuß grinste spöttisch und spuckte in hohem Bogen aus.
    Singender Wolf mußte all seine Willenskraft aufbieten, um nicht rasend vor Wut aus der Haut zu fahren. »Ich warte ab«, stieß er bitter hervor. Er erstickte fast an jedem Wort. »Ich glaube, Junge, daß hier und jetzt mehr auf dem Spiel steht, als du oder ich überhaupt ahnen. Ich glaube, diese Angelegenheit müssen der Ältestenrat und die Träumer lösen.«
    Krähenfuß zuckte zurück, als hätte man ihn gebissen. »Und ich glaube, wir sollten sie alle umbringen.« Flink wie eine Maus verschwand er pfeilschnell in der Dunkelheit.
    Singender Wolf sah ihm nach. Der Schatten des jungen Mannes fiel auf das schimmernde Eis.
    »Rabenjäger wüßte genau, was zu tun ist«, behauptete Schreiender Adler. »Er hätte niemals einen Waffenstillstand mit diesen Schlächtern geschlossen.«
    Ich habe mich sehr verändert, dachte Singender Wolf. Früher hätte ich lautstark nach dem Blut der Anderen verlangt. Jetzt muß ich mein Temperament zügeln. Ein kindischer Wutausbruch könnte alle Hoffnungen meines Volkes zerstören. Bedeutet Führerschaft eine ständige Auseinandersetzung mit unabänderlichen Zwängen? Prüfend betrachtete Singender Wolf den neben ihm stehenden jungen Krieger. Der der schreit ist viel klüger als ich. Er hält sich aus dieser gefährlichen Verantwortung heraus.
    Mit gleichgültiger Stimme murmelte er: »Ihr habt bei den Geistern der Langen Finsternis geschworen, abzuwarten. Wir

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