Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
Vom Netzwerk:
großen Risiko verbunden. Doch du bist diese Träumerin.«
    »Aber ich habe Angst, Geist. Was ist, wenn ich es nicht kann? Wenn ich niemals gut genug bin, um in die Höhle der Ersten Frau zu gelangen?«
    Wühlmaus war mit zittrigen Beinen auf den Boden gesunken. Aus glasigen Augen und mit leicht geöffnetem Mund beobachtete sie ihre Tochter. Flechtes Blick hatte jeden Fixpunkt verloren: Sie war hellwach und träumte. Das Mondlicht fiel durch das Fenster, liebkoste ihr herzförmiges Gesicht und floß in die grünen Falten ihres Kleides.
    Zögernd begann Flechte erneut zu sprechen; ihre Stimme klang jämmerlich: »Und was ist mit meiner Mutter? Mit Wanderer? Ich kann sie nicht verlassen! Ich will nicht allein sein, Geist! Ich habe Angst.«
    Flechte stieß einen Schrei aus und fiel vornüber. Sie vergrub ihr Gesicht im abgeschabten Fell ihrer Büffeldecke. Wanderer und Wühlmaus stürzten gleichzeitig vor, beide streckten die Hände nach dem Mädchen aus.
    »Was ist los, Flechte?« fragte Wühlmaus und küßte die Stirn ihrer Tochter. »Mit wem hast du gesprochen?«
    »Mutter, o Mutter!«
    Auf den Knien rutschte Wanderer näher heran und berührte Flechte sanft an der Schulter. Seine Seele schmerzte vor Kummer um sie. »Hat dir der Steinwolf gesagt, du müßtest uns verlassen? Deine Mutter und mich?«
    Flechte schluchzte: »Ja!«
    »Aber warum? Was …« Jäh wurde Wanderers Frage unterbrochen.
    Wie aus heiterem Himmel erklangen schrille Kriegsrufe. Die in einer hohen Tonlage beginnenden Schreie bewegten sich immer schneller von oben nach unten und hörten sich an, als würde jemand mit einem Stecken aus Wildkirschenholz auf einem Knochenkamm spielen. Durch das Fenster sah Wanderer einen Hagel brennender Pfeile durch die Dunkelheit schwirren. Sie segelten in glühenden Bogen nach Redweed Village. Rund um den großen Platz ertönten Schreie des Entsetzens. Wanderer stockte der Atem.
    Er wirbelte herum und stürmte zur Tür. Mit einem Ruck riß er die Vorhänge auf und spähte hinaus.
    Das Mondlicht warf die langen Schatten vorbeihastender Krieger an die Häuser, einer von ihnen schoß gerade kreischend einen brennenden Pfeil auf den Tempel. Das Schilfdach erwachte prasselnd zum Leben, loderte auf zu einer gleißenden Lichtwand und beleuchtete grell die Felsklippen im Hintergrund. Überall gingen Häuser in Flammen auf; die Leute taumelten schlaftrunken aus den Türen und rannten in panischer Angst davon.
    Die kreischenden Krieger stürzten sich wahllos auf alte Männer, Frauen und Kinder, schlugen mit ihren Keulen zu und schössen Pfeile in schmächtige, magere Brustkörbe. Durchbohrte Körper sanken auf das Gras und tränkten die Erde mit ihrem Blut. Ein alter Mann mit zerschmettertem Schädel krabbelte spinnengleich über den Boden und versuchte zu entkommen. Angstverzerrte Gesichter flackerten im lodernden Schein orangefarben auf.
    Ein brennender Pfeil senkte sich in glühendem Bogen auf das Dach von Wühlmaus' Haus. Girlanden aus roten Funken schössen auf und zogen prasselnd zum schwarzen Bauch des Himmels.
    Wanderer schlüpfte eiligst zurück ins Haus. Schon wirbelte Rauch in grauen Schwaden ins Zimmer.
    »Wühlmaus, greif Flechte! Wir versuchen, durch das Fenster rauszukommen.«
    »Darauf warten sie doch nur!« schrie Wühlmaus in Todesangst. »Das weißt du. Bestimmt warten sie nur -«
    »Raus! Das ist unsere einzige Chance!«
    Flechte schrie gellend: »Da!« und zeigte zur Decke.
    Wanderer warf sich auf seine Tochter und stieß sie zurück an die Wand. Im selben Augenblick stürzte ein Teil des brennenden Daches in das Zimmer. Flammen verschlangen Wühlmaus' Bett und züngelten an der Wand hoch, sprengten den Lehm ab und fraßen sich zu den Pfosten aus Hartholz durch.
    Schwarzer Rauch wogte in erstickenden, alles einhüllenden Schwaden. Hustend drehte sich Wanderer um und sah den sonderbar verrenkten Arm von Wühlmaus inmitten der Flammen. Die herabstürzenden brennenden Trümmer des Daches hatten Wühlmaus unter sich begraben.
    »Wühlmaus!« rief Wanderer.
    »Mutter!« schrie Flechte. »Wo ist meine Mutter? Wanderer, hilf meiner Mutter!«
    Die Hitze des lodernden Feuers versengte Wanderers Gesicht; er mußte die Augen schließen. Grob packte er die Hand seiner Tochter und zerrte sie zum Fenster. Er hob sie hoch und schob sie nach draußen. Rasch wandte er sich wieder um.
    »Wühlmaus! Wühlmaus!«
    Nach Atem ringend legte sich Wanderer auf den Bauch und robbte am Boden entlang zu der Stelle, an der er

Weitere Kostenlose Bücher