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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Die Frau schloß das Kind in die Arme und brach in ersticktes Weinen aus.
    Wanderer eilte ihr nach. Er legte seine Finger an die Schläfen des Mädchens, öffnete sehr behutsam dessen Lider und blickte ihm in die Augen. »Sie lebt, Wühlmaus. Aber das Böse ist in ihren Körper eingedrungen. Schnell. Uns bleibt nicht viel Zeit. Ich werde -«
    »Was willst du tun?«
    Wanderers Augen wurden schmal. »Wir müssen dem Bösen in Flechtes Kopf einen Ausgang verschaffen. Ich brauche einen Hornsteinbohrer und etliche außerordentlich scharfe Obsidianklingen.
    Jemand muß eine Ahle und etwas Faden auftreiben. Wühlmaus, du -«
    »Wanderer!« Nachtschatten stand auf. Erinnerungen an ihre Reise in die Unterwelt blitzten in ihrer Seele auf. »Sei sehr vorsichtig. Inzwischen ist Flechte bereits durch das Land der Ahnen gereist und befindet sich auf dem Weg zur Höhle der Ersten Frau. Du willst doch sicher ihren Körper nicht so sehr in Angst und Schrecken versetzen, daß er sie zerstört. Wir wissen nicht, welchem Grauen sie ausgeliefert ist.«
    Wanderers Gesichtszüge erschlafften. »Woher weißt du, daß sie auf dem Weg zur Höhle ist?«
    »In der letzten Hand Zeit habe ich ihr durch den Quell geholfen. Allein konnte sie den Weg nicht finden - aber sie ist mit großem Geschick durch den Dunklen Fluß geschwommen.«
    »Ich bin froh, daß du ihr beigestanden hast, Nachtschatten«, sagte Wanderer und nahm Flechte vorsichtig aus Wühlmaus' Armen. ,Aber das Böse muß bald heraus. Die Geister, die nach einer solchen Verletzung im Gehirn eingesperrt bleiben, töten das Opfer, wenn man ihnen nicht rasch einen Weg nach draußen zeigt.«
    Wanderer stand auf. Flechte lag schlaff in seinen Armen. Durch die Bewegung fiel ein kleiner Anhänger, den Flechte an einem Riemen um den Hals trug, aus ihrem zerrissenen Kleid und baumelte frei in der Luft ein schwarzer Steinwolf.
    Ein Lichthof aus Gold begann um das Schildkrötenbündel zu pulsieren, wurde größer und größer, bis er Nachtschatten in ein loderndes Meer aus Licht tauchte. In diesem Augenblick schoß der Wolf einen goldenen Lichtstrahl quer durch das Zimmer und verband sich mit dem Bündel. Nachtschatten keuchte. In der Mitte des hauchzarten goldenen Fadens wuchs eine Kugel aus Licht, groß wie ein Ei, aus der sich ein Kopf herauskristallisierte. Seine glühenden Augen fanden Nachtschattens Augen und senkten sich in sie. Mit den langsamen, eleganten Bewegungen eines Nachtfalters, der aus einem feuchten Kokon schlüpft, entfalteten sich feurige Flügel. Nachtschatten wich voller Angst an die Wand zurück. Vor ihr erstand ein Geschöpf mit zarten, spinnengleichen Beinen, das sich mit seinen Krallen an den goldenen Faden klammerte.
    Mit einer Stimme, schön und harmonisch wie der Klang vollendet aufeinander abgestimmter Muschelglocken, sprach das Geisterwesen: »Der Samen deiner Seele ist auf die Erde gefallen und trägt Früchte, Nachtschatten. Nun geh nach Hause. Geh heim. Nimm die Monsterzwillinge und geh, wohin dich die Thlats'mas führen. Sie weisen dir den Weg.«
    Nachtschattens Augen weiteten sich. Das Geschöpf löste sich in funkelnden Schaum auf, der sich wie heiliges, von den Himmelsgöttern verstreutes Maismehl über den Boden ergoß.
    Und dann sah sie die Geschöpfe.
    Tanzend kamen sie aus jedem winzigen Schatten im Zimmer und vereinten sich zu zwanzig Hand großen armlosen und beinlosen Gestalten. Ihre riesigen Schnäbel klapperten im Rhythmus von Nachtschattens Herzschlag. Tränen zogen eisige Spuren über Nachtschattens Wangen, als sie in diese bemitleidenswert entstellten Gesichter blickte - die Gesichter von Wolf, Vogel, Dachs.
    Sie erhob sich wie im Traum und schritt mitten unter sie und tanzte mit ihnen an jenem lange zurückliegenden Tag, als ihre Welt entzweigerissen wurde.
    Dachsschwanz - den Blick wie gebannt auf Nachtschatten gerichtet - wich unsicher zur Seite. Er tastete sich an der Wand entlang, bis er neben Wanderer stand. Der Raum erzitterte unter Nachtschattens stampfenden Füßen. Sie warf den Kopf in den Nacken und erhob ihre tiefe Stimme zu einem fremdartigen Lied. »Was macht sie, Wanderer?«
    Der alte Mann drückte Flechte fest an seine Brust und sagte: »Ich weiß es nicht. Tanzen. Sie ist glücklich. Ich habe sie noch nie so glücklich gesehen.«
    »Wird sie bald wieder frei sein? Wie lange hat Schwester Datura Gewalt über ihre Seele?«
    »Fünf oder sechs Hand Zeit. Ich bezweifle, daß es länger dauert.« Wanderer hatte seine Stimme zu einem

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