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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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und im Dunkeln verstecken kann? Eben vor dem, was nun kommt, will sie sich verstecken.«
    Grauer Dunst umwogte die Grenzen von Flechtes Gesichtsfeld. Sie kämpfte und versuchte mit letzter Kraft, sich Vogelmanns Griff zu entwinden. Aber mit einem heftigen Ruck grub er seine Klauen noch tiefer in ihr Fleisch. Aus dem diffusen Grau tauchte sein riesiger Schnabel auf und begann in ihre Brust und in ihre Arme zu hacken. Sie fühlte, wie ihr Fleisch von den Knochen gerissen und von seinem Schlund verschlungen wurde.
    Ewige Nacht hüllte sie ein.
    Flechtes Seele löste sich von ihrem Körper und versank im Teich ihres eigenen Blutes.
    Aus der Dunkelheit ertönte die Trommel der alten Frau; ihre gackernde Stimme drang durch die Schwärze. »Das Eine Leben. Alles ist ein Tanz. Du mußt die Bewegungen fühlen, ehe du sie verstehen kannst.«
    Der Teich aus Blut begann sich zu bewegen und wiegte Flechte im Rhythmus der Trommel vor und zurück. Er spülte über sie hinweg und erfüllte sie mit Wärme. Die fließenden Bewegungen des Tanzes drangen langsam in ihre Seele ein; sie begann mit ihnen zu gleiten.
    »Befreie dich «, wies die alte Frau sie an. »Bewege dich mit den Klängen. Träume diese Welt hinweg.
    Sie existiert nicht. Nichts existiert, außer dem Tanz.«
    Flechte tanzte, gab sich hin und wiegte sich im Takt des monotonen Singsangs der alten Frau.
    Wie Nebel unter der heißen Sonne begann sich ihre Seele aufzulösen, wurde weniger und weniger, verschmolz mit dem Tanz, bis sie eins wurde mit der Schwärze …
    Und in dem Nichts erglomm ein Licht.
    Flechte streckte die Hände nach der wärmenden Helligkeit aus, aber ihre Finger waren … anders, waren wie Flügel. Sie kribbelten, als habe die Durchblutung eben erst wieder eingesetzt. Die zarten Flügel der Träumerin kräftigten sich und wuchsen.
    Flechte breitete die Flügel aus und schwang sich zu der gleißenden Helligkeit empor. Sie tauchte ein in das riesige Meer eines bernsteingelben Himmels. Wolken ballten sich zusammen und glitten mit den Höhenwinden dahin. Flechte probierte ihre Flügel aus, tauchte hinab und segelte auf den warmen Luftströmungen. Sie fühlte, wie jede Feder ihren Flug beeinflußte - je nachdem, wie sie die Schwingen oder den Schwanz bewegte. Freudentränen stiegen ihr in die Augen. Welch unermeßliche Freiheit!
    Ein Reiher, erschaffen aus den golden glühenden Himmelsfäden, trat geschmeidig auf den vor ihr liegenden Wolkenbausch, als schritte er über Steine in einem Fluß. »Du hast mich also gefunden!« rief die Stimme der alten Frau.
    »Bist du die Erste Frau?«
    »So nennt mich dein Volk. Ja, ich bin es. Ich war da zu Anbeginn der Spirale.«
    »Ich muß mit dir reden.«
    Der Reiher neigte den Kopf zur Seite; ein neugieriges Glitzern funkelte in seinen Augen. »Gut, Kind.
    Du hast dir das Recht zu reden verdient. Komm und setz dich zu mir, wir unterhalten uns. Aber glaube nicht, daß du mich überzeugen kannst. Seit Tausenden von Zyklen beobachte ich die Menschenwesen.
    Ein Teil meiner Seele starb mit dem letzten Mammutkalb. Ein weiterer Teil ging mit dem Riesenbiber.
    Als Faultier und Pferd bis zum letzten Tier gejagt und niedergemetzelt wurden, starb mit ihnen auch mein letzter Rest an Sympathie für die Menschenwesen. Ohne Menschen wird es Mutter Erde besser ergehen.«
    »Nein, Erste Frau, nein!« schrie Flechte. Sie flog näher zu ihr heran und dachte an Wanderer und ihre Mutter … und an Orenda, die so tapfer versucht hatte, sie zu retten. Sie alle würden sterben, wenn sie die Erste Frau nicht überzeugen konnte. Und Fliegenfänger war vielleicht sogar schon tot verhungert wegen der anhaltenden Dürre oder umgebracht, weil die Menschen einander wegen eines Korbes voller Mais töteten. Ihre Schluchzer dröhnten unheimlich wie gedämpfter Donner in ihren Ohren.
    Wider Willen verdunkelte Traurigkeit die Augen der Ersten Frau.
    Flechte landete weich auf der goldfarbenen Wolke der Ersten Frau und legte die Flügel an.
    »Runter, Wapitihorn!« schrie Dachsschwanz und warf sich bäuchlings auf die Schießplattform. Ein weiterer Pfeilhagel flog zischend vom anderen Ufer herüber. Im Schutz der Palisaden hörte er die Pfeile gegen das Holz prallen.
    Die entsetzten Schreie der sich auf dem großen Platz zusammendrängenden Menge übertönten den Gefechtslärm. Die Leute wagten nicht, in ihren Häusern zu bleiben.
    Sie wußten nicht, wann Petaga damit begann, die Strohdächer in Brand zu stecken; sie wußten nur, irgendwann würde er es

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