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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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krabbelte auf Händen und Füßen von der Felskante weg, aber Schleiereule packte ihn an den Riemen seines Lendenschurzes und zerrte ihn wieder nach vorn. Fliegenfänger jaulte auf und wand sich unter den kräftigen Händen des größeren Jungen. »Laß los, Schleiereule! Laß mich!«
    »Was fällt dir ein, auf ein Mädchen zu hören? Was weiß sie schon?«
    Flechte knirschte zornig mit den Zähnen, ihre Augen wurden schmal. »Eine Menge mehr als du, du garstiger Junge … zumindest über Rituale. Meine Mutter ist die Hüterin des Steinwolfs.«
    »Na und?« Schleiereule lachte höhnisch. »Sie besitzt überhaupt keine Macht. Mein Vater sagt, sie ist nur deshalb die Hüterin, weil irgendein alter Mann namens Linke Hand vor einer Million Zyklen den Wolf bekommen hat und bestimmte, allein seine Familie dürfe sich um ihn kümmern. Das ist einfach dumm. Ich wette, mein Vater könnte sehr viel besser auf den Wolf aufpassen als deine Mutter. Er ist der Ururur -«, er wedelte mit der Hand, eine ganze Menge weiterer »Urs« andeutend, »- Enkel der Ersten Frau.«
    »Das ist noch dümmer!« urteilte Flechte. »Niemand ist mit der Ersten Frau verwandt!« Sie zögerte, weil sie sich nicht sicher war, ob das stimmte, aber zumindest hörte es sich überzeugend an, deshalb fuhr sie selbstsicher fort: »Meine Mutter kennt sämtliche heiligen Legenden. Was weiß dein Vater schon vom Anbeginn der Zeit, vom Auftauchen aus der Unterwelt oder vom Kampf Wolfstöters mit seinem finsteren Bruder, dem Vogelmann? Gar nichts.«
    Schleiereule sprang auf die Füße, straffte seine breiten Schultern und stolzierte auf Flechte zu wie Großvater Braunbär, der sich auf die Hinterbeine gestellt hat.
    Kreischend rannte sie los.
    Doch die frischen Verletzungen behinderten sie. Ihr aufgeschürftes Knie schmerzte mit jedem Schritt stärker. Sie wurde zusehends langsamer, und Schleiereule holte rasch auf. Flechte versuchte, ihr Tempo zu steigern, aber als sie über einen niedrigen Strauch sprang, gab ihr Knie nach, und sie fiel hin. Ein wenig benommen sah sie ihren Verfolger nahen.
    Schleiereule brüllte triumphierend und stürzte sich auf sie, aber Flechte rollte sich flink zur Seite und entwischte ihm. Sie sprang auf die Füße, schob herausfordernd den Unterkiefer vor und hob drohend die Fäuste. »Hör auf, Schleiereule, oder ich breche dir deine Nase noch einmal!«
    Statt ihr zu antworten, trat Schleiereule Flechte brutal in das verletzte Knie. Als sie aufschreiend an die Wunde faßte, packte er ihre Hand.
    »Jetzt hab' ich dich! Du redest nie mehr schlecht über meinen Vater!«
    Er schwang die Faust und zielte auf ihre Wange. Flechte wich aus, rammte ihm den Kopf in den Magen und grub ihre Zähne in sein Fleisch. Vor Schreck lockerte er seinen Griff, und sie konnte sich losreißen.
    Fast hätte Schleiereule vor Schmerz geheult, aber er beherrschte sich und richtete sich kerzengerade auf. An seine beiden Freunde gewandt, die inzwischen herangekommen waren, sagte er: »Kommt schon! Jetzt kriegen wir sie dran!«
    Fliegenfänger stand stumm daneben und warf verstohlene Seitenblicke auf Flechte. Warze hüpfte von einem Bein aufs andere. Er schien darauf zu warten, daß ihm jemand sagte, was er tun solle. Man sah ihm an, daß er erst sieben war und noch nicht viel Verstand besaß. Mit seinem fliehenden Kinn, den Rehaugen und der auffallend hohen Stirn machte er nicht gerade einen sehr hellen Eindruck. Unruhig zupfte er an seinem langen schwarzen Zopf, der ihm struppig über die linke Schulter baumelte.
    Flechte wappnete sich für den bevorstehenden Kampf. »Fliegenfänger! Du bist mein bester Freund!«
    »Ich weiß!« entgegnete er, rührte sich aber nicht.
    »Dein bester Freund ist ein Mädchen!« spottete Schleiereule. »Du hast die Hoden eines Wurms! Los, Warze, hilf mir. Wir kriegen sie!«
    Warze mahlte unentschlossen mit den Zähnen. Er dachte so angestrengt nach, daß sein Kopf wackelte.
    Dann trat er einen Schritt nach vorn, stieß einen Schrei aus und stellte sich neben Schleiereule.
    Flechte, die vor Angst fast die Kontrolle über ihre Blase verlor, schielte zu Fliegenfänger hinüber. Sie versuchte, ein finsteres Gesicht zu machen, aber sie wußte genau, ihr Zorn würde rasch in Flehen übergehen. »Fliegenfänger! Deine Großmutter war die Schwester meiner Großtante!« Wenn sonst nichts half, dann vielleicht ein Appell an die Verwandtschaft.
    Abschätzend richtete Fliegenfänger den Blick hinauf zu den Wolken. Offensichtlich versuchte er

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