Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
Vom Netzwerk:
sich zu erinnern, ob das der Wahrheit entsprach; schließlich nickte er widerwillig und stellte sich neben sie.
    Er warf sich in die Brust und erklärte: »Schubst meine Cousine nicht herum!«
    Flechte grinste Schleiereule an, aber der schien von ihrem Erfolg nicht sonderlich beeindruckt. Er ging in die Hocke, breitete die Arme aus wie ein Falke die Flügel, wenn er sich anschickt, in den Himmel hinaufzufliegen, und krähte: »Gut. Wir kommen!«
    Warze lief hinter Schleiereule her, der sich auf Fliegenfänger stürzte. Fliegenfänger hob das gestreckte Bein und traf Schleiereule an der Schulter. Der einzige Erfolg seiner heldenhaften Tat bestand darin, daß er das Gleichgewicht verlor und Schleiereule ihn flach zu Boden schlagen konnte. Fliegenfänger lag ausgestreckt auf dem grauen Stein und brüllte.
    Flechte hüpfte ängstlich umher und überlegte verzweifelt, wie sie sich vor Warzes Angriff schützen könnte. Als er sich mit weit aufgerissenem Mund kreischend auf sie warf, hob sie die Faust und schmetterte sie in die dunkle Höhle. Seine Zähne knirschten; im selben Moment verspürte sie heftige Schmerzen in ihrer Hand.
    Gleichzeitig stießen beide gellende Schmerzensschreie aus.
    Flechte starrte auf ihre blutigen Knöchel und schüttelte die Hand, als könne sie den Schmerz so loswerden. Sie drehte sich nach Schleiereule um. Ihm war es gelungen, Fliegenfänger bis auf zehn Schritte an den Abhang zu treiben.
    Mit spöttisch zuckenden Lippen wandte Schleiereule seine Aufmerksamkeit Flechte zu.
    »Wag es nicht, Schleiereule!« sagte sie drohend. In einer Eingebung des Augenblicks deutete sie zum Himmel. »Vogelmann ist mein Geisterhelfer. Wenn du mir etwas tust, rufe ich ihn, dann kommt er, trägt dich zu den Sternen hinauf und läßt dich von ganz oben auf Redweed Village hinunterfallen!«
    Schleiereule lachte … ein tiefes, ungläubiges Gelächter. Herausfordernd schlenderte er auf sie zu, aber Flechte wich nicht zurück. Sie hob einen Stein auf und blieb mit zitternden Knien stehen.
    Als sich der bedrohliche Schatten seiner breiten Schultern über sie senkte, öffnete Flechte entsetzt den Mund. Doch bevor der Angstschrei über ihre Lippen kam, fiel aus heiterem Himmel ein Stein herab und schlug an Schleiereules Ohr.
    Aufheulend taumelte er rückwärts. Eine hochgewachsene Gestalt mit einer unheimlichen Rabenmaske erhob sich gespenstisch hinter einem Felsen. Glänzende schwarze Federn hingen über den Vogelkopf und formten eine Krause um dessen Hals. Der gewaltige hölzerne Schnabel öffnete sich langsam und knarrend und gestattete damit einen flüchtigen Blick auf einen spöttisch verzogenen Mund. Plötzlich stieß die Gestalt ein schrilles Krächzen aus. Es klang so natürlich, daß Schleiereule wie versteinert stehenblieb.
    Da schoß die Gestalt wie ein Blitz den Hang herab. Sie hielt die Säume ihres Kaninchenfellumhangs wie Flügel nach außen und kreischte etwas Unverständliches. Entsetzt preßte Schleiereule eine Hand auf sein Herz, die andere auf sein verletztes Ohr und floh zum Dorf hinunter, Warze stolperte heulend hinter ihm her.
    Flechte und Fliegenfänger klammerten sich ängstlich aneinander fest. Die Gestalt drehte sich um und legte eine mit Altersflecken gesprenkelte Hand an die schmalen Lippen hinter dem aufgerissenen Schnabel.
    »Flechte«, sagte der Rabenmann, »halte dich von Schleiereule fern. In seinen Adern fließt schlechtes Blut. Wußtest du, daß seine Großmutter einfach zum Spaß Krötenaugen auslutschte? Den ganzen Tag lang rollte sie ein Paar Augen von einer Backe in die andere. Ich konnte sie nie leiden.« Er hob seine Hand und nahm die Maske ab. Darunter kam ein abwechselnd mit roten, gelben und blauen Streifen bemaltes Gesicht zum Vorschein. Mitten auf der Stirn prangte ein einzelner schwarzer Fleck.
    »Wanderer!« jauchzte Flechte erfreut. Sie schob Fliegenfänger von sich und klammerte sich an das rechte Bein des alten Mannes. »Seit wann bist du hier? Ich dachte, du kommst erst nach Einbruch der Dunkelheit, damit dich die Leute nicht gleich sehen.«
    Wanderer grinste. »Nein, nein. Ich bin absichtlich früh gekommen, weil ich noch mit den Felsen sprechen will.«
    Flechte wechselte einen erstaunten Blick mit Fliegenfänger. »Wozu denn?«
    »Nun, ich möchte hören, was sie vom Anbeginn der Welt erzählen. Kommt mit.« Er wirbelte den glänzenden Umhang aus Kaninchenfell herum und ging wieder den Hang hinauf.
    Flechte folgte ihm bis zu einer hoch gelegenen Felsengruppe, wo

Weitere Kostenlose Bücher