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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Schlange schoß Tharons Hand vor und packte ihr dunkles, wirres Haar. Brutal zerrte er ihr Gesicht bis auf Handbreite vor das seine. »Frag mich das nie, nie wieder. Hast du mich verstanden?«
    Nachtschattens Lippen umspielte ein Lächeln. »Laß mich los, Tharon. Oder soll ich all die Hunderte von Geistern rufen, die in den von dir gestohlenen Gegenständen der Mächte wohnen? Sie gehen sicher nicht so freundlich mit dir um wie ich. Sie werden mit Freuden deine Seele verspeisen.«
    Tharon brach in nervöses Gelächter aus. Dachsschwanz' Muskeln strafften sich. Eine Weile rührte sich niemand - kaum spürbar begann sich in dem Raum etwas zu verändern. Es schien, als kämen die Eisriesen in diese Welt zurück. Gletscherkälte breitete sich aus. Dachsschwanz fröstelte. Das Licht an den Grenzen seines Blickfeldes begann sich in winzigen Wirbeln zu drehen. Er konnte fast sehen, wie die Mächte aus den Bündeln sickerten und das im Raum schwebende goldene Glühen durchdrangen.
    Unwillkürlich trat er einen Schritt vor.
    »Droh mir nicht, Nachtschatten!« Tharon blickte sich furchtsam um. »Droh mir nie wieder! Ich bin der Häuptling Große Sonne. Du mußt mir gehorchen. Weiter hast du nichts zu tun!«
    »Ich gehorche keinem Narren, Tharon.«
    Bereit zum Zuschlagen schwang Tharon die Faust über ihrem Kopf. Dachsschwanz lief los. Als der Schlag herabschmetterte, kauerte sich Nachtschatten zusammen. Dachsschwanz kam gerade rechtzeitig, um Tharons Faust mitten im Hieb abzufangen. Er preßte sie fest gegen sein blutgetränktes Kriegshemd.
    »Tu es nicht, mein Häuptling«, flüsterte er eindringlich. »Du bist müde. Ruh dich ein wenig aus und denke nach … bevor du etwas tust, was du später bereuen wirst. Eine solche Behandlung verdient Nachtschatten nicht.«
    Schweißperlen rannen an Tharons Hals hinab. Ein krächzendes, unheimliches Gelächter drang aus seiner Kehle. »Ja. Du hast … du hast recht, Dachsschwanz. Ich bin wirklich erschöpft. Das war eine furchtbare Woche.«
    Dachsschwanz ließ Tharons Hand los und trat zurück. »Niemand kann klar denken, wenn er müde ist.
    Mit deiner Erlaubnis geleite ich Nachtschatten zu ihrem Zimmer, damit du dich ausruhen kannst.«
    Orenda begann wieder leise zu wimmern. Tharon knirschte mit den Zähnen und warf seiner Tochter einen haßerfüllten Blick zu. Das Mädchen vergrub sein kleines Gesicht in den Händen und schluchzte weiter.
    »Gut, Dachsschwanz. Bring Nachtschatten auf ihr Zimmer.« Tharon wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und starrte Nachtschatten durchdringend an. »Mach schon. Bring sie weg.«
    Rasch geleitete Dachsschwanz Nachtschatten aus dem Sonnenzimmer in den dämmrigen Flur. In den Wohnbereichen glühten nur an den Abzweigungen der Flure Feuerschalen, der größte Teil des Tempels lag in unheilvollem Dunkel. Schweigend gingen sie nebeneinander her, bis sie den zu Nachtschattens Raum führenden Korridor erreichten und nach links abbogen.
    Als sie vor der Tür zu ihrem alten Zimmer stehenblieben, atmete Dachsschwanz tief durch. Zum erstenmal an diesem Abend fiel ihm das Atmen etwas leichter. »Nachtschatten -«
    »Du willst ihn doch nicht etwa verteidigen, oder? Gib dir keine Mühe. Du haßt ihn so sehr wie alle anderen.«
    Er nickte leicht. »Kann sein. Trotzdem, du darfst nicht vergessen, er hat in den letzten sieben Tagen seine Frau und elf seiner Freunde verloren. Er ist -«
    »Er hat den alten Murmeltier umgebracht, Dachsschwanz«, entgegnete sie kühl. »Ich weiß nicht, warum. Aber ich muß es herausfinden. Gelingt es niemandem, die Wunde zu heilen, die Tharon der Seele der Ersten Frau zugefügt hat, setzt sie sich nie wieder für uns ein, und Mutter Erde läßt uns alle sterben.«
    Das wilde Leuchten von Schwester Datura war aus ihren Augen verschwunden und hatte einem sanfteren, ein wenig ängstlichen Ausdruck Platz gemacht. Spuren des Leids hatten sich um ihren schönen Mund eingegraben.
    Er verbeugte sich leicht. »Schlaf gut, Nachtschatten. Wir sehen einander wieder.«
    Voller Unbehagen machte sich Dachsschwanz auf den Rückweg. Nun stand ihm der Besuch in Rotluchs' Haus bevor. Er mußte Mondsamen die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbringen. In seinen Ohren gellten bereits ihre Schreie.
    »Dachsschwanz!« rief Nachtschatten hinter ihm her.
    Er blieb stehen, drehte sich aber nicht um. »Ja?«
    »Rotluchs bat mich, dir zu sagen, er verzeihe dir.«
    Die Worte schnitten wie ein Messer in sein Herz … Dachsschwanz biß die Zähne

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