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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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fruchtbaren Boden, auf dem sich seine Familie im Laufe langer Jahre abgerackert hatte. Er nahm eine Handvoll Erde in die geballte Faust, führte sie an seine Lippen und küßte sie zärtlich. Meine Farm.
    Meine und Marjories Farm. Irgend etwas in der Erde piekste ihm in den Daumen.
    Langsam öffnete Mac die Faust. Blinzelnd blickte er auf einen winzigen, aus poliertem Stein gefertigten schwarzen Wolf. Das Kunstwerk funkelte in der Sonne. Seine Umrisse hatten sich im Laufe der Jahrhunderte so sehr abgeschliffen, daß es bei oberflächlicher Betrachtung auch ein Rabe hätte sein können; doch Mac war davon überzeugt, einen Wolf vor sich zu haben. Suchend blickte er auf die Fundstelle hinunter und entdeckte eine bogenförmige Rippe in der Erde. Behutsam kratzte er mit den Fingern die Erde weg, legte zwei weitere Rippen und anschließend einen Schädel frei, an dessen linker
    Seite sich ein kreisrundes Loch befand. Das Loch sah aus, als sei es, vielleicht während einer Art Gehirnoperation, absichtlich gebohrt worden. Wieder blickte Mac auf den Steinwolf in seiner Hand.
    Das Bildnis hatte vielleicht über dem Herzen der Toten gelegen wie der Anhänger einer Halskette.
    »Hast du das getragen, Schätzchen?« fragte er sanft. Er wußte nicht, warum er so sicher war, das Skelett einer Frau vor sich zu haben. Vielleicht einfach wegen der Zartheit der Knochen oder weil dieser Grabhügel auch den Körper seiner eigenen Tochter barg. Der Wolf in seiner Hand ließ seine Fingerspitzen kribbeln. Verwundert legte Mac den Kopf schief. Der Wind hörte sich plötzlich so merkwürdig an - wie sich hoch und süß erhebende Flötenklänge, die ihn aus großer Ferne zu rufen schienen.
    Er schüttelte den Kopf. Auf welch seltsame Weise doch die Geräusche hier unten so dicht an der Straße widerhallten. Behutsam legte er den Steinwolf wieder zwischen die Rippen, schob die Erde über das Skelett und ließ es zurück, wie er es vorgefunden hatte.
    Grabräuber. Seine Kiefer mahlten.
    Er stand auf, nahm die Ramey-Keramik und kämpfte sich mühsam aus der Grube heraus. Draußen auf dem Hügel verharrte er. Die Bäume warfen bereits lange Schatten. Liebevoll wanderte sein Blick über den grasbewachsenen Hang, er registrierte jeden Strauch und jeden Stein. Der Anblick war wunderschön. Solange er denken konnte, war dieser Erdhügel im Umkreis von Meilen der einzige Schattenspender gewesen. Und Jimmy will dich mit der Egge einebnen, altes Mädchen …
    Mac hielt die Ramey-Keramik ein wenig von sich weg und betrachtete sie genauer. Sie schien im Sonnenlicht fast zu glühen. Er fragte sich, wie die Indianer dieses tiefe Schwarz hatten erzielen können.
    Der Blick seiner altersschwachen Augen schweifte zur Spitze des* Erdhügels hinauf, wo seine Tochter begraben lag. Bei dem Gedanken, der Dieb hätte oben zu graben beginnen können anstatt am Fuß des Hügels, beschlichen ihn eigenartige Empfindungen. Er erinnerte sich wieder an Marjories Schrei an jenem furchtbaren Tag vor fünfunddreißig Jahren, als sie Katherine Jean in die dunkle Grube gelegt hatten. Ein unbändiger Haß erfüllte ihn. Verdammt, er würde diesen Bastard aufspüren, der es wagte, das Grab seiner Tochter zu öffnen, und dann würde er seine alte Flinte dabeihaben. Er drehte sich um und warf einen beunruhigten Blick auf das Grab der Indianerin.
    »Wie ist das Loch in deinen Schädel gekommen, Schätzchen?«
    murmelte er. »Hat dich niemand beschützt? Wo war dein Daddy, als du ihn gebraucht hast?«
    Bevor Mac den Motor anließ, klopfte er liebevoll auf die Kühlerhaube des Traktors. Gemächlich rumpelte er den Weg zum Haus hinunter. Das schwarze Keramikgefäß barg er unter seinem linken Arm. Zum Teufel, sollte doch Jimmy allein mit den Erntearbeitern fertig werden. Mac wollte nach Hause, wo Marjorie auf ihn wartete. Sein alter Körper fühlte sich mit einemmal zu müde für die schwere
    Arbeit.
    »Vierzigtausend Dollar«, flüsterte er und schaltete in den dritten Gang. Der Anblick dieser zarten Rippen hatte sich unauslöschlich in seine Seele gebrannt. Großer Gott. Das ist der Erlös von zwei Jahren Arbeit auf dieser alten Farm. Zum Teufel… vielleicht könnte man ja nur einen Teil dieses Erdhügels mit der Egge bearbeiten. Eben nur so viel, bis wir noch zwei oder drei von diesen Töpfen finden …
    PROLOG
    Unsichtbare Wesen schwebten durch das Dorf Talon Town, wiegten sich im Rhythmus einer Trommel, streiften mit geisterhaften Schultern die tanzenden Menschen, deren gleitende

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