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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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verwüstet. Und er konnte im Augenblick nichts dagegen unternehmen.
    Den Eingang zum Dorf bildete der schmale Raum zwischen zwei sich überlappenden Pfahlwänden. Es gab zwei Eingänge, einen auf der Nordseite des Dorfes und einen im Süden. Blauer Rabe schlüpfte durch das südliche Tor und eilte den Hügel hinab.
    Seit dem Abend, als man ihn zum Kriegsführer ernannt hatte, kreisten die Gedanken von Springender Dachs um das Falschgesicht-Kind, erzählte er immer wieder von grauenvollen Morden und Verstümmelungen - und beschrieb in allen Einzelheiten, wie der Junge sein Volk davor bewahrt hatte. Die Idee, ihn zu entführen, war in ihm gewachsen, bis sie ihn zu verzehren schien. »Wir müssen diesen Jungen haben!«, hatte er immer wieder gesagt. »Er ist ein Falschgesicht, ein Geisterwesen! Seit seiner Geburt ist das Buntfelsendorf kein einziges Mal angegriffen worden, während wir alle zwei, drei Winter überfallen wurden. Jede Schlacht, die der Kriegsführer der Buntfelsen geschlagen hat, hat er gewonnen! Denkt doch nach. Stellt euch vor, was wäre, wenn wir den Jungen hätten! Wir wären unbesiegbar! Wir könnten überall hin auf Kriegszug gehen und uns nehmen, was wir wollen. Wir müssen dieses Kind haben!«
    Vor einem Viertelmond hatten die Händler Gerüchte über neue kriegerische Überfälle ins Dorf gebracht. Blauer Rabe dachte darüber nach, während er seinem Weg folgte. Der Wanderer-Klan gehörte zum Bärenvolk. Seit hunderten von Wintern schon versuchten das Bärenvolk und das Schildkrötenvolk sich gegenseitig von ihrem Land zu vertreiben: Die Bären drängten nordwärts, anschließend drängten die Schildkröten nach Süden, und jetzt war das Bärenvolk wieder dabei, Richtung Norden zu ziehen. Seit das Bärenvolk begonnen hatte, Getreide anzubauen und in großen, befestigten Dörfern zu leben, hatten sie das Schildkrötenvolk gezwungen, vor ihnen zu fliehen oder ihre Dörfer mit denen des Bärenvolkes zu vermischen. Das bedeutete, dass man jetzt häufig Langhäuser neben den traditionellen runden Hütten sah, die die Alten des Schildkrötenvolkes bevorzugten. Sie alle sprachen eine ähnliche Sprache, so dass eine Vermischung möglich war, wenn sie auch nicht ohne Komplikationen vor sich ging.
    Aus diesem Zusammenwachsen entstanden unterschiedliche Arten von Dörfern: Bärenvolk-Dörfer, deren Bewohner gewöhnlich in Langhäusern lebten wie der Wanderer-Klan; Bären-Schildkröten-Dörfer, wie das Felsbankdorf, wo man auf kleine Hütten und große Langhäuser traf; und Schildkröten-Dörfer wie das Buntfelsendorf mit den kleinen Rundhütten.
    Das Schildkrötenvolk folgte den Erbregeln der väterlichen Linie, nicht der mütterlichen. Das führte häufig zugroßer Verwirrung, wenn ein Mitglied des Schildkröten-Volkes einen Partner aus dem Bärenvolk heiraten wollte, was westlich vom Pipe Stern Lake des öfteren vorkam. Im Bären-Schildkröten-Dorf musste ein junger Mann die Einwilligung der Mutter und des Vaters einholen, ehe er deren Tochter heiraten durfte. In den Bären-Dörfern arrangierten allein die Frauen die Hochzeiten. In den Schildkröten-Dörfern hingegen waren die Väter für die Hochzeiten zuständig. Und die Jungen mussten zusehen, wie sie die gegensätzlichen Regeln und Tabus unter einen Hut brachten. Die Bären-Schildkröten-Dörfer überließen den Kindern die Entscheidung, zu welchem Klan sie gehören wollten, zu dem ihrer Mutter oder dem des Vaters, doch dieser Kompromiss hatte chaotische Folgen. Wenn sich in einem Dorf des Bärenvolkes ein Ehepaar scheiden ließ, lebten ihre Kinder fürderhin im Klan der Mutter. Sie behielten ihre Namen sowie ihren Status und die damit verbundenen Verpflichtungen bei. Wenn aber ein Kind in einem Bären-Schildkröten-Dorf geboren war und den Klan seines Vaters gewählt hatte, musste es nach der Scheidung das Dorf seiner Mutter verlassen und bei den Verwandten des Vaters leben. Waren Kinder noch zu klein, um selbständig zu entscheiden, bestimmten die Eltern darüber. Gewöhnlich beanspruchten die Väter die Jungen, und die Mütter die Mädchen.
    Diese seltsame Vermischung von Sitten und Gebräuchen die ursprünglich dazu dienen sollte, die Harmonie zwischen den verschiedenen Klans zu gewährleisten - war zu einer unerschöpflichen Quelle von Feindseligkeiten geworden, da die Klanmitglieder sich nicht mehr einig wurden, wie sie miteinander verwandt waren.
    Selbst Inzest-Tabus ließen sich nicht mehr einhalten. Im letzten Sommer hatte eine junge Frau aus

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