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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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erfolgreicher gewesen war als er, und das hatte ihm früher einmal sehr wohl etwas ausgemacht. Im Faustkampf war er ihr vielleicht an Stärke überlegen, doch mit dem Bogen und dem Messer war sie sehr viel…
    »Ich sehe, dass du über deine Antwort nachdenken musstest«, warf Aschenmond ein und hob eine wohlgeformte silberne Braue. »Das ist gut.«
    Blauer Rabe hatte plötzlich das Gefühl, ihr in die Falle gegangen zu sein und wusste nicht, wie er da hineingeraten war. Das passierte ihm nicht oft. Gewöhnlich war er es, der in einer Unterhaltung durch seine Redegewandtheit den Ton angab. »Tja, um die Wahrheit zu sagen: Frauen sind für mich wie Wolkenriesen. Unfassbar. Geheimnisvoll.«
    Ein Windstoß bauschte Aschenmonds Kapuze und sie hielt sie rasch unter dem Kinn zusammen, damit sie ihr nicht vom Kopf wehte. »Ja, das glaube ich dir aufs Wort. Wenn du ein bisschen Erfahrung mit Frauen hättest, wärst du nämlich nicht hier.«
    »Was? Wie bitte?« Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich verstehe nicht.«
    Aschenmond warf einen Zweig ins Feuer und hob ihre Teeschale. Nachdem sie einen großen Schluck getrunken hatte, fuhr sie fort: »Warum bist du bis jetzt nicht auf den Gedanken gekommen, dass deine Nichte den Jungen hatte retten wollen? Die Vermutung liegt doch nahe. Hat sie nicht irgendwelche Andeutungen gemacht?«
    Blauer Rabe richtete sich erstaunt auf. »Andeutungen?«
    »Ja, natürlich. Kinder glauben immer, besonders klug zu sein, aber tatsächlich sind sie ziemlich unbedarft. Wenn sie sich ärgern oder verzweifelt sind, stellen sie oft zu viele Fragen über die falschen Dinge, oder fangen Streit an, um unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und wenn sie das geschafft haben, dann setzen sie alles daran, uns ihren Kummer in irgendeiner Form mitzuteilen. Leider hören wir Erwachsenen ihnen nur selten aufmerksam zu. Meist sind wir viel zu beschäftigt mit unseren eigenen, ach so wichtigen Belangen, und haben keine Zeit, uns den Sorgen der Kinder zu widmen.«
    Blauer Rabe starrte Aschenmond unverwandt an, während die Erinnerung an Zaunkönigs gequälten Gesichtsausdruck an diesem letzten Abend auf Lost Hill Gestalt annahm. »Ich weiß, dass ihr die Wache sehr ans Herz gegangen ist, nach dem Tod ihrer Eltern und ihres kleinen Bruders. Sie …« »Wie lange sind sie schon tot?«
    »Acht Monde ist es jetzt her.«
    Aus Aschenmonds Miene sprach deutlich Mitleid, als sie sagte: »Sprich weiter. Was geschah nach dem Tod ihrer Familie?«
    »Na ja« - er machte eine unbestimmte Handbewegung - »irgendwie schien sie plötzlich von dem Gedanken besessen zu sein, Lebewesen zu retten. Jedes Vogeljunge, das aus dem Nest gefallen war, fand Aufnahme in unserem Langhaus, wo Zaunkönig es mit Würmern fütterte, die sie selbst züchtete. Und im Sommer suchte sie jeden Morgen das Ufer des Leafing Lake nach gestrandeten Fischen oder Muscheln ab, um sie wieder zurück ins Wasser zu werfen. Ja, sie …«
    »Das waren nicht nur Fingerzeige für dich, Blauer Rabe. Sie hat dir ganz deutlich zu verstehen gegeben, dass sie es nicht erträgt, noch irgendein Lebewesen sterben zu sehen.« Aschenmond schüttelte sichtlich empört über seine Blindheit den Kopf. »Das arme Mädchen. Die Eltern und den Bruder zu verlieren muss ihre Seelen mehr verwundet haben, als du angenommen hast.« »Ich wusste wohl, dass sie sehr verletzt war, Anführerin, aber wahrscheinlich hast du Recht.« Nachdenklich stellte Blauer Rabe seine Teeschale in den Schnee. Als der Erdendonnerklan diese Frau zu seiner Anführerin erwählte, hatte er große Klugheit bewiesen. Sie war genauso tief blickend wie skrupellos. »Ich fürchte, ich verstehe von Kindern noch weniger als von Frauen. Ich …« »Aber wie ist das möglich?«, unterbrach sie ihn und machte ein ungläubiges Gesicht. »Du bist zwar nie eine Frau gewesen, aber ein Kind doch ganz bestimmt, oder? Kannst du dich nicht mehr daran erinnern, wie du dich in deinem zwölften Winter gefühlt hast? Weißt du nicht mehr, was du alles angestellt hast, um Aufmerksamkeit zu erringen?«
    Um seine Verlegenheit zu kaschieren, schob Blauer Rabe seine Teeschale mit der Spitze seines Mokassin durch den Schnee. Natürlich erinnerte er sich. Er war ein wilder Junge gewesen, der so lange mit lautem Kriegsgeheul und seinen Kinderbogen schwingend durch die Langhäuser getobt war, bis seine Mutter des Treibens überdrüssig wurde und seinen Bogen zerbrach und ins Feuer warf. Nach einer Weile sagte er: »Mein Vater war die

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