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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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Nachhinein
ärgerte sie sich ein wenig über sich selbst, dass sie ohne anzuklopfen in sein
Zimmer geplatzt war. Immerhin war er 17 und alt genug. Sie war eigentlich kein
neugieriger Mensch. Natürlich interessierte sie, was ihr Sohn so trieb, aber
das blieb in einem gesunden Rahmen, wie sie fand. In ihrer Familie herrschte
Offenheit bei gleichzeitigem Respektieren der Intimsphäre des anderen.
    Hoffentlich
nahm er ihr das nicht übel. Schließlich war hauptsächlich sie diejenige
gewesen, die ihrem Sohn Anstandsegeln beigebracht hatte. Allerdings war sie
sicher, sie würden drüber reden können. So wie sie über alles reden konnten.
    Andrea
packte die restlichen Einkäufe in die Küchenschränke und in den Keller. Als sie
die Treppe wieder hochkam, stand Konny in der Küche. Plötzlich nahm sie ihn mit
ganz anderen Augen wahr. Er hatte ordentlich Muskeln bekommen, seit er in
diesem Fitnessstudio trainierte. Und von den Pickeln, die bis vor Kurzem sein
Gesicht verunziert hatten, war kaum noch einer übrig. Das lag sicher auch an
seiner ausgiebigen Pflege. Im Bad brauchte er für seine Tiegel und Fläschchen
mehr Platz auf dem Kosmetikregal als sie. »Dein Besuch kann ruhig zum Essen
bleiben«, sagte sie lächelnd.
    »Ist
nicht mehr da.«
    »Hab
ich sie etwa vertrieben?«
    Er
lachte auf. »So schreckhaft ist Britta nicht. Sie wollte sowieso gehen. Kann
ich dir was helfen?«
    »Gern.
Paprika und Möhren putzen und schnippeln.«
    Sie
beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, wie er das Gemüse unter den Wasserhahn
hielt und gründlich abwusch. Danach nahm er sich ein Schneidebrettchen sowie
ein Messer und begann, sorgfältig alles klein zu schneiden.
    Ein
Glücksgefühl durchströmte sie. Sie war so froh, dass sie ihn hatte. Gern hätte
sie eigene Kinder gehabt. Aber das war nicht möglich. Woran es lag, konnte
niemand so genau sagen, und eine Zeit lang hatte sie große Schwierigkeiten mit
diesem Gefühl gehabt, nur eine halbe, eine minderwertige Frau zu sein, ein
Gefühl, das sich tief in ihr drin verankert hatte, das aber nicht von ihrem
Mann geschürt wurde. Er verhielt sich stets sehr verständnisvoll. Schließlich
hatten sie und Rainer beschlossen, ein Baby zu adoptieren, aber elternlose Babys
gab es damals keine. So beschlossen sie, zu warten. Sie waren ja noch jung.
Eines Tages kam Rainer, damals noch Vikar, von einem Besuch in einer Unterkunft
für drogensüchtige Frauen und Mädchen zurück und erzählte ihr von einem
zweijährigen blonden Jungen, dessen Mutter nicht mit ihm zurechtkam. Ob Andrea
ihn sich nicht mal ansehen wolle?
    Das
Herz war ihr übergelaufen, als sie den Jungen zum ersten Mal sah, ein
abgemagertes Kerlchen mit verfilzten honigblonden Locken, das nur mit einer
Windel bekleidet in seinem Gitterbettchen stand und mit großen blauen Augen den
fremden Menschen entgegensah.
    Rainer
war von Anfang an fest entschlossen gewesen, das Kind in Pflege zu nehmen. Sie
wurden eindringlich gebeten, sich diese Pflegschaft sehr gründlich zu überlegen.
Drogenbabys seien nicht gerade einfach zu handhaben, das wussten sie aber beide
ohnehin.
    Eigentlich
hätte Andrea lieber ein Mädchen gehabt, weil sie glaubte, dass die Bindung
zwischen Mutter und Tochter enger sei als die zwischen Mutter und Sohn. Aber Rainer
hatte immer einen Jungen gewollt. Für ihn gab es kein Zögern.
    »Wer
weiß, was wir uns damit antun«, hatte Andrea halbherzig versucht, einzuwenden,
doch ihr Mann war davon überzeugt, dass dies ihr Kind sei. Ein Kind
Gottes, von Ihm geschickt. Dass der Kleine Konstantin hieß wie Rainers früh
verstorbener Bruder, hielt er für ein Zeichen.
    »Ich
meine, wir sollten es mit ihm versuchen«, sagte Rainer fest. »Hat nicht jedes
Kind eine Chance verdient?«
    Insgeheim
hatte sie in der Folgezeit auf negative Zeichen gewartet, die auf Traumata in
Konnys Vergangenheit hindeuteten, hieß es doch gemeinhin, die ersten Jahre
eines Kindes seien prägend. Konstantin war nicht einfach, das nicht. Aber
welches Kind war schon einfach? Besonders am Anfang hatte er viel geweint. Er
war mit sämtlichen Fähigkeiten im Rückstand und zeigte die typischen
Auffälligkeiten eines vernachlässigten Kindes. Als er ein wenig älter wurde,
hatte er sich oft aggressiv verhalten, wobei auch manch wertvolles Stück in der
Wohnung zu Bruch ging. Eine Meißener Vase, ein Erbe von ihrer Großmutter, hatte
er während eines Wutanfalls einfach beiseite geschoben, sie war auf den Boden
gefallen und in tausend Scherben zerbrochen, das

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