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Wachtmeister Studer

Wachtmeister Studer

Titel: Wachtmeister Studer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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erhalte. Obwohl es ihn immerhin merkwürdig dünke, daß ein Mädchen, das Löcher in den Strümpfen habe, so teure Füllfederhalter verschenken könne…
    – Der Füllfederhalter sei eine Erbschaft vom Vater… ja eine Erbschaft.
    Die Stimme des Jünglings war heiser, so, als ob Mund, Zunge, Rachen ausgedörrt seien.
    In der Ecke schnatterte der Lautsprecher – und plötzlich gab es Studer einen Ruck. Was der Mann irgendwo, ganz fern, am Mikrophon erzählte, ging auch ihn an. Der Jüngling, der abwesend mit dem Pinsel in dem Becken gerührt hatte, stellte seine Tätigkeit ein und verharrte reglos.
    Besonders eindringlich sagte die ferne Stimme:
    »Bevor wir unser Mittagskonzert fortsetzen, habe ich Ihnen noch eine kurze Mitteilung der kantonalen Polizeidirektion Bern zu machen: Seit gestern abend wird Herr Jean Cottereau, Obergärtner in den Baumschulen Ellenberger, Gerzenstein, vermißt. Es scheint sich um eine brutale Entführung zu handeln, deren Hintergründe bis jetzt noch nicht aufgehellt sind. Der Vermißte kehrte gestern abend in Begleitung seines Meisters, Herrn Ellenberger, mit dem Zehn-Uhr-Zug von Bern heim. Gerade als beide in den Feldweg einbiegen wollten, der außerhalb des Dorfes Gerzenstein liegt, wurden sie von einem Auto mit gelöschten Lichtern von hinten angefahren. Herr Gottlieb Ellenberger fiel mit dem Kopfe gegen einen Randstein und erlitt eine leichte Gehirnerschütterung. Als er aus einer kurzen Ohnmacht erwachte, sah er, daß sein Begleiter, Herr Jean Cottereau, verschwunden war. Von dem Auto war keine Spur zu entdecken. Trotz heftiger Kopfschmerzen begab sich Herr Ellenberger auf den Posten der Kantonspolizei. Die mit Hilfe des Landjägerkorporals Murmann und einiger Einwohner durchgeführte Streife in die Umgebung des Dorfes verlief resultatlos. Bis jetzt ist von dem Vermißten keine Spur zu entdecken gewesen. Das Signalement des Vermißten gibt die Kantonspolizei wie folgt an:
    Größe 1 Meter 60, korpulent, rotes Gesicht, spärliche Haare, schwarzer Anzug… Sachdienliche Mitteilungen sind zu richten…«
    Der Jüngling machte einige schleichende Schritte. Ein Knax. Die Stimme verstummte. Dann kam der Jüngling zurück. Das Klappen des Messers auf dem Abziehholz war deutlich zu hören.
    »Geht's Messer?« fragte er, als er eine Wange rasiert hatte.
    Studer brummte.
    Dann wieder Schweigen.
    Der Jüngling war fertig, Studer wusch sich über dem Becken.
    »Stein?« fragte der Jüngling und drückte rhythmisch auf die Gummiblase eines Zerstäubers.
    »Nein«, sagte Studer. »Puder.«
    Sonst wurde nichts gesprochen.
    Beim Fortgehen bemerkte Studer auf einem Tischchen im Hintergrunde einen Stapel broschierter Bändchen. Er sah sich den Titel des obersten an.
    ›John Klings Erinnerungen‹, stand darauf. Darunter:
    ›Das Geheimnis der roten Fledermaus.‹
    Studer grinste unter seinem Schnurrbart, als er den Laden verließ.

Läden, Lautsprecher, Landjäger
    Dieses Gerzenstein!« murmelte Studer. An jedem Haus war ein Schild angebracht, rechts und links der Straße: Metzgerei, Bäckerei, Lebensmittelgeschäft, Ablage des Konsumvereins; Migros; dazwischen eine Wirtschaft, dann noch eine: Zum Klösterli, Zur Traube. Dann weiter: Metzgerei, Drogerie, Tabak und Zigarren; ein großes Schild: Kapelle der apostolischen Gemeinschaft. Dahinter, in einem Garten: Heilsarmee. Eine schmale Wiese unterbrach die Reihe. Aber gleich darauf begann es wieder: Apotheke, Drogerie, Bäckerei. Ein Arztschild: Dr. med. Eduard Neuenschwander. – So, so, der Mann, der die erste oberflächliche Untersuchung der Leiche gemacht hatte… Dann endlich, Studer dachte schon, er habe den Weg verfehlt, sah er ein breites, behäbiges Haus, aus grauem Stein erbaut, mit einem ausladenden Dach: den Gasthof zum ›Bären‹.
    Der Wachtmeister verlangte ein Zimmer und bekam eine Mansarde unterm Dach. Sie war sauber, roch nach Holz, das Fenster ging nach hinten auf eine Wiese, die überzogen war von weißem, blühendem Schaum. Nach der Wiese kam ein Roggenfeld von zart violetter Farbe. Und der Wald als Abschluß zeigte auf einem schwarzen Tannengrund die hellen grünen Flecke einiger Laubbäume. Diese Farben gefielen Studer ausnehmend. Er blieb ein paar Minuten am Fenster stehen, packte seinen Koffer aus, wusch sich die Hände und stieg wieder die Treppen hinunter. Er sagte der Kellnerin, er werde etwa in einer halben Stunde zum Essen kommen. Dann machte er sich auf die Suche nach dem Landjägerposten.
    Und als er die Dorfstraße

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