Wächter des Elfenhains (German Edition)
Neanden umwandte, lag ein breites Grinsen auf seinen Lippen. „Mir scheint, dieses Mal wirst du etwas länger bleiben.“
Neanden errötete noch heftiger. „Ja, ich ... wir ... wir möchten beide bleiben. Anne ist schwanger.“
Alisera warf sofort einen kundigen Blick auf Anne, trat zu ihr und sah sie fragend an.
„Darf ich?“
Anne nickte. Alisera legte ihr vorsichtig eine Hand auf den Bauch und schloss kurz die Augen. Als sie sie wieder öffnete, strahlte sie übers ganze Gesicht.
„Es werden Zwillinge!“, verkündete sie so stolz, als habe sie selbst etwas dazu beigetragen.
Anne musterte sie verblüfft. „Das stimmt. Aber wie kannst du das wissen?“
Neanden warf Maifell einen kurzen Blick zu. „Alisera ist ebenso begabt im Heilen wie ihre Mutter“, erklärte er. „Sie kann die beiden Seelen in dir spüren.“
Anne sah ehrfürchtig zu Alisera hinüber. Andion gab Maifell derweil einen stummen Wink. Sie verstand sofort und nahm Anne beim Arm.
„Komm, gehen wir ins Dorf. Die anderen werden sich freuen, dich kennenzulernen.“
Anne lächelte zaghaft. „Wirklich?“
„Ganz sicher! Du bist Neandens Frau, damit bist du uns hochwillkommen.“
Wohl weißlich verschwieg sie, dass dies nicht immer der Fall gewesen wäre. Aber die Zeiten hatten sich geändert. Selbst der Rat hatte inzwischen erkannt, dass die Sturheit, mit der sich die Elfen lange Jahre vollkommen von der Welt der Menschen abgeschottet hatten, einer der Gründe für das langsame Sterben des Hains gewesen war.
Andion ließ die Frauen und die Kinder vorgehen. Er und Neanden folgten mit einigen Schritten Abstand. Neanden schwieg, und Andion konnte die Verwirrung in seiner Seele deutlich spüren.
„Ich hoffe, Annes Schwangerschaft hat dich nicht zu sehr überrascht“, sagte er nach einer Weile.
Sofort hob Neanden abwehrend die Hände. „Nein, ganz sicher nicht. Ich freue mich, ich freue mich wirklich! Als ich sie kennenlernte und mich in sie verliebt habe, da glaubte ich, ich könnte niemals Kinder mit ihr haben. Ich war unsagbar traurig darüber, doch ohne Grund, wie ich nun weiß. Aber ich verstehe es nicht. Ich dachte, Elfen könnten nur mit einigen wenigen, ganz besonderen Menschen Kinder bekommen, so wie bei deiner Mutter.“
Andion nickte. „Das stimmt. Aber du hast eins vergessen. Deine Seele ist mit meiner verbunden, und ich bin zur Hälfte ein Mensch. Und so ist ein Teil von dir - von deiner Seele - auch menschlich. Die Kluft zwischen ihr und dir ist also nicht so groß, wie es den Anschein hatte.“
Neandens Augen weiteten sich. „Bei allen Bäumen, du hast recht! So muss es sein.“
Gleich darauf glitt ein Schatten über sein Gesicht. Er blieb stehen, und Andion spürte den Schmerz, der ihn plötzlich erfüllte.
„Ich ... ich habe Angst, Andion. Anne ist ein Mensch, aber unsere Kinder werden halb Mensch, halb Elf sein, so wie du. Sie werden nicht einmal erwachsen sein, bevor ihre Mutter ... bevor sie ...“
Er stockte, vermochte das Entsetzliche nicht auszusprechen.
Andion schüttelte lächelnd den Kopf. „Anne ist jetzt hier im Hain. Sie wird deine Kinder austragen und zur Welt bringen, und ganz gewiss wird dabei auch ein wenig elfische Magie auf sie übergehen.“
„Du meinst, sie könnte länger leben als ein gewöhnlicher Mensch?“
„Bestimmt. Nimm mich als Beispiel. Solange ich außerhalb des Hains gelebt habe, bin ich wie ein Mensch gealtert. Doch seitdem ich hier bin, ist das anders.“
„Du bist immerhin zum Teil ein Elf.“
„Das schon, aber eben nur zum Teil. Glaube mir, ich kann deine Sorge nur zu gut verstehen. Auch ich hatte große Furcht, dass ich viel früher als die anderen Elfen sterben könnte, dass ich dich dann mit in den Tod reißen würde und Maifell und die Kinder einsam zurückbleiben müssten. Aber der Hain hat mich nicht im Stich gelassen, und er wird auch dich nicht im Stich lassen. Durch eure Kinder wird Anne mit dem Herzen des Waldes verbunden werden. Sie wird zu einem Teil des Hains werden, so wie du und ich.“
Neanden atmete tief durch. „Ich glaube, du hast recht. Ich danke dir.“
Andion winkte ab. „Das musst du nicht. Denk nur immer daran: Solange wir für den Hain sorgen, sorgt der Hain auch für uns.“
„Das werde ich“, sagte Neanden ernst. „Und ich werde alles dafür tun, dass kein Elf es jemals wieder vergisst.“
Andion legte ihm die Hand auf die Schulter. „Und ich werde dir dabei helfen.“
Sie tauschten einen langen Blick in tiefem
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