Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Titel: Wände leben - Samhain - Ferner Donner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
dunklen Klangteppich eine warme, vibrierende Frauenstimme, aber was sie sagte und ob sie überhaupt in einer menschlichen Sprache redete, war nicht herauszuhören.
    An einer Seitenwand des geräumigen Gewölbekellers kniete ein Mann auf dem Boden. Er war nackt und an beiden Händen mit Handschellen an einen schweren Eisenring gekettet, der aus dem Stein ragte. Da außer ihm kein menschliches Wesen anwesend war, musste er sich selbst in diese Lage gebracht haben.
    Natürlich war es Jürgen.
    „Nein!“, schrie er. Speichel tropfte ihm aus dem Mund. Sein Blick war nicht der eines Irren, aber der eines Verzweifelten. „Nicht! Diesmal nicht! Was bringt es euch denn? Ihr habt sie schon so oft getötet, und sie ist immer wieder zurückgekehrt …“
    Eine der Frauen trat vor, aber nur einen kleinen Schritt. Offenbar hatte sie Respekt vor der weiblichen Finsternis im anderen Teil des Kellers. „Sie ist jedes Mal schwächer geworden, aber du wolltest es nicht sehen. Das erste Mal warst du nur fasziniert, das zweite Mal verliebt, das dritte Mal hörig, und nun – das wievielte Mal ist es jetzt?“
    Jürgen schüttelte den Kopf. Er weinte. Zerrte an den Handschellen, die er sich selbst angelegt hatte. Wo war der Schlüssel dazu? Sicher nicht in diesem Raum. Vielleicht hatte er ihn weggeworfen. Handschellen ließen sich auch ohne Schlüssel schließen.
    „Jetzt ist sie wohl deine Göttin geworden“, fuhr die Frau im silbernen Kleid fort. „Deine Göttin, der du dich selbst opfern willst. Die letzte Inkarnation. Daher dieses kindische Theater mit der Selbstfesselung. Lächerlich, sehr lächerlich. Und das ist das Ende, Jürgen. Weiter geht es nicht mehr. Wenn wir sie jetzt töten, kehrt sie nicht mehr zurück.“
    „Ihr werdet sie nie vernichten!“, brüllte Jürgen. „Nie!“
    Die Dunkelheit wallte hervor, schäumte über ihn hinweg. Isabel prallte zurück, blieb mit der nackten Ferse an einer Stufe hängen und setzte sich schmerzhaft auf die Treppe. Doch sie hatte nichts zu befürchten. Die Attacke des nebelhaften Wesens war schwach und wirkungslos. Wie Statuen aus Licht standen die Platinblonden im Keller. Aus ihren Augen zuckten Blitze, und Isabel spürte, wie die Luft sich schlagartig erwärmte. Eine plötzliche Hitze entströmte den Körpern der Angreiferinnen, von der sich die Dunkelheit sofort zurückzog. Es musste einen Grund haben, dass sie sich im Keller versteckt hatte. Hier war es kühl gewesen. Die dunkle Fruchtbarkeitsgöttin aus Rauch oder Dampf fürchtete die Hitze.
    Die Geräusche, die den Keller erfüllten, wurden noch dumpfer und nasaler, das Rumpeln leiser.
    „Sie hat euch nichts getaaaaaaaaan!“, kreischte Jürgen.
    „Sie ist nicht mehr hier“, erwiderte eine der Frauen. „Wir sind jetzt deine Geliebten und deine Göttinnen.“
    Das stimmte nicht ganz, denn die lebendige Dunkelheit krümmte sich noch in der natürlichen, toten Dunkelheit des Kellers. Erst jetzt fiel Isabel auf, dass hier unten kein Licht brannte. Die Helligkeit rührte einzig und alleine von den Frauen her.
    Dann war es vorüber. Der Raum war ein ganzes Stück heller geworden. Die Hitze verpuffte auf unerklärliche Weise, und an ihrer Stelle herrschte eisige Kälte. Sofort fröstelte Isabel.
    Die Frauen wandten sich um und traten den Rückweg an. Isabel warf sich zur Seite, um ihnen nicht den Weg zu versperren.
    Zögernd näherte sie sich Jürgen. Dass er nackt war, störte sie, aber er tat ihr so unendlich leid, dass sie es kaum ertrug. Was geschehen war, was hier gestorben war, begriff sie nicht, aber vielleicht musste sie das auch nicht. Sie berührte ihn behutsam an der Stirn. „Wo sind die Schüssel?“, fragte sie flüsternd. „Wir befreien dich.“
    Doch Jürgen hörte nicht zu. Er sah Isabel mit seinem verweinten, von seelischem Schmerz entstellten Gesicht an und hauchte: „Hast du sie gehört? Hast du sie … gehört?“
    „Ja“, antwortete Isabel. „Ich habe sie gehört.“
    Und Jürgen weinte noch lauter und hemmungsloser als zuvor.

    ENDE DER EPISODE
* * * * * * * * * * * * *
Liebe Leserin, lieber Leser!
Wollen Sie Falkengrund etwas Gutes tun?
Dann nehmen Sie sich doch bitte einige Minuten Zeit, und schreiben Sie in Ihrem eBook-Shop Ihre persönliche Bewertung zu diesem Band. Ihr Kommentar trägt entscheidend dazu bei, dass neue Leser Falkengrund entdecken. Und: Je mehr Leser die Serie hat, desto länger wird sie fortgesetzt.
Lieben Dank für Ihre Mühe!
Ihr Martin Clauß
* * * * * * * * * * * * *
Der

Weitere Kostenlose Bücher