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Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel

Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel

Titel: Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke
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Jackentasche und hatte schon ein Leckerli in der Hand, als er sah, was seine Hündin ihm stolz präsentierte.
    Das war weder eine tote Möwe noch ein toter Seehund.
    Das war ein Mensch.
    * * *
    Kriminaloberkommissarin Christine Cordes nahm die Gummistiefel mit rosarotem Blumenmuster aus dem Kofferraum ihres Cabrios. Seit sie in Wilhelmshaven wohnte, hatte sie sich angewöhnt, gewisse Dinge, die hier an der Küste anscheinend unvermeidlich waren, stets dabeizuhaben. Gummistiefel standen an oberster Stelle, aber auch eine Jeans hatte sie in ihrer Notfalltasche im Auto, denn ihre Kostüme oder Anzughosen durch den Schlick des Wattenmeeres zu verderben, war gar nicht nach ihrem Geschmack.
    Sie wickelte sich den dicken Strickschal, den ihre Mutter ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, eng um den Hals. Ein heller Naturton mit Zopfmuster. Christine hatte sich augenblicklich in den Schal verliebt und ihn auch schon getragen, als die Temperaturen noch einen leichten Seidenschal rechtfertigten. Jetzt wehte ihr Atem wie eine Rauchfahne bei jedem Atemzug aus ihrem Mund. Die Luft war graublau, undurchsichtig, eisig und nasskalt. Christine hatte sich mit dem Wollschal aber nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich Wärme um den Hals gebunden, denn ihre Mutter hatte zuletzt für sie gestrickt, als Christine noch zur Schule ging. Nachdem im August die Scheidung von Frank rechtskräftig geworden war, hatte sie sich jedoch als kümmerndes Mutterschaf entpuppt. Dass Christines Freude über den Schal die mütterliche Stricklust neu entfachen könnte, weshalb inzwischen fast jede Woche ein Paar handgestrickter Socken per Post eintrudelte, hatte sie bestimmt nicht erwartet. Auch zwei Paar Pulswärmer und eine zum Schal passende Mütze hatte ihre Mutter geschickt. Letztere ließ Christine jetzt allerdings im Auto liegen, denn sie hatte ihre Haare am Abend vorher eingedreht. Die Socken zog sie über ihre Perlonstrümpfe, bevor sie in die Gummistiefel schlüpfte.
    Noch hatte die sich langsam durch den Nebel kämpfende Sonne keine Kraft, die Kälte zu vertreiben, aber erste Lichtstreifen bahnten sich ihren Weg. Christine streifte sich ihre braunen Lederhandschuhe über, lief den Deich hinunter und auf die Mole, an deren Betonmauer in großen, verblassenden Buchstaben, die vielleicht schon fünfzig Jahre alt waren, geschrieben stand: »Betreten der Mole verboten«.
    Die Kollegen der Spurensicherung waren bereits bei der Arbeit. Ein Leichenwagen wartete an der Straße. Es hatte etwas Unheimliches, die Kollegen zwar hören, aber noch nicht sehen zu können. Der Nebel ließ nur wenige Meter Sicht zu. Während sie weiter nach vorn lief, erkannte sie Dr. Krügers Stimme. Der Rechtsmediziner besprach sich offensichtlich gerade mit dem Chef der Spurensicherung, Gerd Manssen.
    »Moin«, sagte sie, als sie zu den beiden Männern trat.
    »Moin«, antwortete Manssen.
    Auch Krüger erwiderte den Gruß und fügte sogleich hinzu: »Wo haben Sie denn Ihre kratzbürstige Kollegin gelassen, Sie treten doch sonst immer im Doppelpack auf.«
    Es war kein Geheimnis, und er machte auch überhaupt keinen Hehl daraus, dass er Oda nicht leiden konnte. Was auf Gegenseitigkeit beruhte, wie Christine wusste: Ihre Kollegin hielt Krüger für einen besserwisserischen Schnösel.
    Bevor Christine zu einer Antwort ansetzen konnte, ertönte in ihrem Rücken ein breites »Sagen Sie bloß, Sie haben mich vermisst, Doc!«. Oda Wagner trat aus dem Nebel und grinste den Rechtsmediziner an. »Moin zusammen. Was liegt denn an?«
    Wortlos wies Manssen auf den Absatz unterhalb des Molenfeuers, auf dem der Körper eines Mannes lag. Ein Polizeifotograf war dabei, die Szene in Fotos und Videos festzuhalten, bevor der Tote für eine erste Leichenbeschau freigegeben würde.
    Kurze Zeit später – inzwischen hatte sich die nasskalte Luft trotz des Schals, der Gummistiefel und der handgestrickten Socken bis auf Christines Haut durchgearbeitet – hatten sie die Identität des Toten geklärt.
    Fabian Baumann, fünfundzwanzig Jahre jung, Oberleutnant zur See. Seine Papiere und einen Schlüsselbund hatte er bei sich gehabt, jedoch kein Telefon.
    »Der Mann ist seit einigen Stunden tot«, stellte Krüger fest. »Unter Berücksichtigung der Witterung, der Körpertemperatur und der Leichenflecken ist anzunehmen, dass er noch keine zwölf Stunden hier liegt. Anzeichen für eine Schlägerei habe ich zwar nicht entdeckt, dem ersten Anschein nach gab es aber einen Schlag gegen den Kehlkopf. Sollte

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