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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Streit lag. Hol den Freund. Ich gewinne. Setz dich auf den Kumpel. Du gewinnst. Hier vor mir stand Ilse - aus Sand gemacht, eine sich wandelnde Huri im Licht des zu drei Vierteln vollen Mondes, ihre Züge keine zwei Sekunden hintereinander dieselben. Jetzt war sie Illy mit neun; jetzt war sie Illy mit fünfzehn auf dem Weg zu ihrem ersten richtigen Date; jetzt war sie Illy, wie sie ausgesehen hatte, als ich sie im Dezember am Flughafen abgeholt hatte: das Collegegirl Illy mit einem Verlobungsring am Finger. Hier stand die Tochter, die ich immer am meisten geliebt hatte - hatte Perse sie nicht deshalb ermordet? -, und streckte die Hand nach der Lampe aus. Die Lampe war meine Bordkarte für eine lange Kreuzfahrt auf dem Meer desVergessens. Natürlich konnte dieser Teil eine Lüge sein … aber manchmal müssen wir etwas riskieren. Und meistens tun wir es. Wie Wireman sagt, wir betrügen uns so oft selbst, dass wir davon unseren Lebensunterhalt bestreiten könnten.
    »Mary hat Salz mitgebracht«, sagte ich. »Mehrere Tüten voll. Sie hat es in die Wanne gekippt. Die Polizei wollte wissen, weshalb.Aber sie würde die Wahrheit nie glauben, nicht wahr?«
    Sie stand vor mir, in ihrem Rücken die tosend gegen den Strand anbrandenden Wellen. Sie stand da, wurde weggeblasen und erneuerte sich aus dem Sand unter ihr und dem Sand, der sie umgab. Sie stand da und sagte nichts, hielt nur den Arm ausgestreckt, um in Empfang zu nehmen, was sie zu holen gekommen war.
    »Dich in den Sand zu zeichnen war nicht genug. Selbst dass Mary dich ertränkt hat, war nicht genug. Sie musste dich in Salzwasser ertränken.« Ich sah hinunter auf die Taschenlampe. »Perse hat ihr genau gesagt, was sie tun soll.«
    »Gib sie mir, Daddy«, sagte das sich ständig wandelnde Sandmädchen. Ihre Hand blieb ausgestreckt. Nur war sie wegen des stürmischen Windes manchmal eine Kralle. Obwohl immer wieder mit aufgewirbeltem Sand gefüttert, damit sie pummelig blieb, war sie manchmal eine Kralle. »Gib sie mir, dann können wir gehen.«
    Ich seufzte. Manche Dinge waren eben unvermeidlich. »Also gut.« Ich trat einen Schritt auf sie zu. Mir fiel eine weitere Redensart Wiremans ein: Letzten Endes erschöpfen wir unsere Sorgen doch immer. »Also gut, Miss Cookie. Aber das kostet dich etwas.«
    »Kostet mich was?« Ihre Stimme klang wie Sand, der gegen eine Fensterscheibe geworfen wird.Wie das knirschende Mahlen der Muscheln. Aber auch wie Ilses Stimme. Die meines If-So-Girls.
    »Nur einen Kuss«, sagte ich, »solange ich noch lebe, um ihn zu spüren.« Ich lächelte. Ich konnte meine Lippen nicht spüren - sie waren taub -, aber ich konnte spüren, wie die sie umgebenden Muskeln sich spannten. Nur ein wenig. »Ich schätze, er wird ziemlich sandig sein, aber ich stelle mir einfach vor, du hättest am Strand gespielt. Burgen gebaut.«
    »Also gut, Daddy.«
    Sie kam heran, bewegte sich mit eigenartig schlurfendem Schritt, der kein Gehen war, und aus der Nähe brach die Illusion völlig zusammen. Es war, als würde man mit den Augen ganz nah an ein Gemälde herangehen und beobachten, wie das Motiv - Porträt, Landschaft, Stillleben - sich in farbige Striche auflöst, von denen die meisten noch Pinselspuren tragen. Ilses Gesichtszüge verschwanden. Wo sie gewesen waren, sah ich jetzt nur einen rasenden Zyklon aus Sand und winzigen Muschelstückchen. Was ich roch, war nicht Haut und Haar, sondern nur Salzwasser.
    Bleiche Arme griffen nach mir. Im Wind lösten sich dünne Sandfahnen von ihnen ab. Der Mond schien durch sie hindurch. Ich hielt die Stablampe hoch. Sie war kurz. Und ihr Zylinder bestand aus Kunststoff, nicht aus rostfreiem Stahl.
    »Aber du solltest sie dir vielleicht genau ansehen, bevor du Küsse verteilst«, sagte ich. »Die hier kommt aus dem Handschuhfach von Jack Cantoris Wagen. Die andere mit Perse darin ist in Elizabeth’ Safe eingesperrt.«
    Das Wesen erstarrte, und als es das tat, raubte der Seewind ihm die letzte Ähnlichkeit mit einem Menschen. In diesem Augenblick war ich mit nichts als einem wirbelnden Sandsturm konfrontiert. Ich ging jedoch kein Risiko ein; hinter mir lag ein anstrengender Tag, und ich wollte nicht leichtsinnig sein, zumal meine Tochter irgendwo... nun, irgendwo anders war... und auf ihre letzte Ruhe wartete. Ich hielt die Lampe mit der Faust umklammert und schwang den Arm mit voller Kraft, wobei Nan Meldas silberne Armreife nach unten über mein Handgelenk rutschten. Ich hatte sie in der Spüle im Palacio sorgfältig

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